Helvetia non olet!*

In der Zeitschrift GegenStandpunkt, Ausgabe 3/1997, wurde angesichts der Vorbehalte der USA gegen die Funktion der Schweiz als strategischer Geldkapital-Umschlagsplatz Europas, schon einmal klargestellt, was es mit der "Neutralität" dieses Landes auf sich hat.
Die Funktion der Schweiz für das faschistische Deutschland wurde dabei bereits gewürdigt.
Dies wird durch die Recherchen von Frank Garbely, die er in dem Buch "Evitas Geheimnis - Die Nazis, die Schweiz und Peróns Argentinien" (Rotpunktverlag) anhand geradezu wahnsinnig anmutender Fakten anschaulich ergänzt (erschienen 2003). Und bis in die Gegenwart verlängert. Es ist ja nicht so, daß diese Herren, die nach einem dritten, einen Weg zwischen USA und EU, einen faschistischen Weg suchen, sich erledigt hätten. Es gibt durchaus Überlegungen, z.B. die antiisraelischen islamischen Länder für den Antisemitismus zu kanalisieren. Jene sind, wie Ahmadinedschad mit seinen unseligen Äußerungen gezeigt hat, auf ihrer Suche nach Bündnispartnern durchaus anfällig für solche Vereinnahmung, erst recht irgendwelche nichtstaatliche Kämpfer. Garbely kommt in diesem Zusammenhang auf das Bombenattentat auf das jüdische Zentrum AMIA in Buenos Aires am 18.07.1994 zu sprechen, bei dem argentinische Nazis die Aufdeckung hintertrieben - und, wer weiß, die islamischen Fundamentalisten zu dem Anschlag antrieben bzw. bei ihm logistisch unterstützten. Eine Interessenidentität freilich besteht nur für die, die - ob in positiver oder negativer Hinsicht - keinen Unterschied zwischen Israel als kriegsagilem Vasallenstaat der freien Welt und den Juden als seinerzeitigen Opfern der Nazis machen. Dies trifft natürlich auch für die Juden selber zu, sofern sie sich nicht vom Staate Israel unterscheiden und distanzieren.
In diesem Zusammenhang ist der Fall des Juden Michel Olian erwähnenswert, der wohl größte Schieber in der Schweiz zur Nazi-Ära, der Nazi-Gelder in horrendem Stil gewaschen hat und sich - wohlwissend - auf Kosten der in Deutschland ermordeten Juden einen goldene Nase verdient hat. Selbst dessen eigene Familie wurde in Lettland von den Nazis verfolgt und umgebracht. Auch darüber ein ausführliches Kapitel in dem Buch.
Des weiteren ist interessant, weil neulich über die Visumsfreiheit für die EU-Länder Rumänien und Bulgarien in der Schweiz abgestimmt wurde, wie es die Schweiz mit den Aufenthaltsbestimmungen hielt und hält. Wer über entsprechendes Kapital verfügt, hat im Grunde keine Probleme, selbst wenn er sich dort illegal aufhält; hingegen sind Hungerleider aus Südosteuropa nicht gerne gesehen. Da muß dann die EU schon entsprechend Druck machen, damit die Schweiz da nicht ihr eigenes Süppchen kocht. Schweizer Rassismus orientiert sich allein am Geld.
Apropos Südosteuropa: hier auf KoKa wurde auch auf die albanische Mafia hingewiesen: Deren Schweizer Geldanlagen sind ja bekannt geworden, als aus einer dieser Quellen ein gewisser Matti Ahtisaari für seine aufopferungsvollen Dienste im Interesse des europäischen Imperialismus entlohnt wurde. Diese Schweinerei wurde natürlich in der bürgerlichen Presse komplett verschwiegen, so daß man ihn später auch noch mit dem Friedensnobelpreis ehren konnte. Die Schweizerin Carla del Ponte findet das sicherlich ultraoptimal.
Auch nicht uninteressant, wie Frankreich sein von den Nazis unterschlagenes Geld zurückkaufen mußte: mit Schweizer Kredit! Dabei flippte ein Schweizer Ständerat und Privatbankier geradezu aus: "Es ist unnötig, daß die eidgenössischen Behörden den genauen Betrag der französischen Guthaben in der Schweiz kennen. Die geforderte Erhebung würde die Existenz der Schweizer Banken gefährden."(S.322) Die Banken erhöhten infolgedessen die Geheimhaltung und erließen spezielle Sicherheitsmaßnahmen.
Wie wenig mußte die Schweiz als Entschädigung an die Alliierten für ihre Nazi-Hilfe zahlen (Washingtoner Abkommen): 250 Millionen Franken in Gold (GSp: 500) - Deutschland hatte im Verlauf des Krieges 1,6 Milliarden Franken Gold in die Schweiz gebracht, von den sonstigen Geldern und Wertgegenständen ganz zu schweigen. Außerdem sollten die deutschen Konten aufgelöst werden, was die Schweiz so lange hinausgezögert hat, bis niemand mehr davon sprach.
Weitere Hilfe der Schweiz bestand in der Fluchthilfe von deutschen, kroatischen und anderen Faschisten nach Argentinien und einem nicht unerheblichen Geldtransfer dorthin
. Bei diesen Machenschaften verleugnete auch der Vatikan kaum seine braunen Vorlieben, war er ja maßgeblicher Träger des Ustaša-Regimes in Kroatien.
Mit dem menschlichen und ökonomischen Material gedachte Perón Argentinien zur dritten Weltmacht neben den USA und der UdSSR aufzubauen. Die prosperierende Landwirtschaft - ganz Europa war Kunde - bedurfte dafür einer industriellen Ergänzung und das Land einer militärischen Aufrüstung. Seine Gemahlin war ihm dazu eine nicht unerhebliche Hilfe. Doch ihre soziale Ader, für die sie umjubelt wurde, kaschierte nur das, was wirklich Sache war. Welche rühmliche Rolle in diesem Zusammenhang Daimler-Benz spielte, wurde an anderer Stelle auf dieser Website schon einmal aufgegriffen.
Natürlich haben auch die USA und die UdSSR um deutsches Know-How gerungen, und nicht nur das. Wie der Fall Klaus Barbie, der "Schlächter von Lyon", zeigt, hatten US-Geheimdienste ihn auf ihrer Agentenliste, bevor er über die sogenannte Rattenlinie nach Argentinien flüchtete. Die Naziverfolgung hielt sich schwer in Grenzen, wenn man sich eigene Vorteile versprach.**
So schien es allen ratsam, auch die Schweiz nicht zu hart anzugehen, denn schließlich wußte man sich auch wieder auf ihre Dienste angewiesen.
Wer allerdings meint, die Schweiz hätte außer Geldgeschäften keine Geschäfte im Sinne, der irrt. Rund 1/3 des Bruttoinlandsprodukts entfällt auf die Industrie. Die KZ-Baracken übrigens waren hochwertiges Schweizer Exportgut.
(12.03.09)


* in Abwandlung des Spruches: Pecunia non olet. (Geld stinkt nicht.) Liechtenstein ist übrigens nichts als ein Anhängsel der Schweiz, auf das die geldkapitalistischen Gepflogenheiten ebenso zutreffen.
** KoKa hat sich um die Überlassung der Internet-Veröffentlichungsrechte für das Buch von Tom Bower über Klaus Barbie (Titel: Klaus Barbie: Lyon - Augsburg - La Paz) bemüht. Der Verlag (Rotbuch) teilte mit, ihm selbst lägen für das 1984 auf deutsch erschienene Buch keinerlei Unterlagen mehr vor und so müsse er deshalb davon absehen, die Veröffentlichungsrechte zu erteilen. [Das mutet schon etwas seltsam an!]

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Anhang:
elbeoi
Die Kontinuität der Beziehung Schweiz - Deutschland - Europa am Beispiel der Handelsbeziehungen

In einer Schweizer Zeitschrift aus dem Jahre 1944 findet sich nebenstehende Anzeige mit folgemdem Text, der keines Kommentars bedarf:

Hauchdünn....

Die europäische Strumpfmode ist auch im 6. Kriegsjahr kaum ärmer
geworden.
Nach wie vor sind hauchdünne, durchsichtige Strümpfe
modern, die Jahr
für Jahr von Deutschland geliefert werden. Unter
ihnen überrascht der Elbeo-Strumpf
durch seine besondere Feinheit
und Gediegenheit.

Deutschland kämpft gegenwärtig einen harten Kampf um die Er-
haltung
 europäischen Lebensstils. Für die Herstellung all der schönen
Dinge,
die das Leben angenehm machen, stehen jetzt nur wenig
Arbeitskräfte
zur Verfügung. Deshalb können Elbeo-Strümpfe zur-
zeit nicht in jeder Menge geliefert
werden. Nach dem Kriege aber
wird sich die europäische Mode in Freiheit und
Frieden neu und
stark entfalten. Dazu werden auch die weltberühmten Elbeo-
Strümpfe
ihren Beitrag leisten. Betrachten Sie die feinen, durchsichtigen
und
doch sehr haltbaren Elbeo-Strümpfe als Vorboten dieser schönen Zeit.


Der Standort der Firma Elbeo im sächsischen Oberlungwitz (gegr. 1889) wurde übrigens im Jahre 1945 im Zuge der Reparationszahlungen an die Sowjetunion geschlossen. Hieraufhin wurde sie in Augsburg neu gegründet (mit Niederlassungen in Mannheim und Kiel). 1989 wurde Elbeo von der Firma Vatter in Schongau übernommen, die 1995 - selber aufgegangen in der Sara Lee Corporation - das Augsburger Werk mit zuletzt ca. 320 Beschäftigten (vormals über 1100) aufgab.