Der NSU-Prozeß
Wie bei jedem Prozeß geht es um die Beurteilung von Straftatbeständen, Verstößen gegen geltendes Recht. Dafür wurde die Justiz von der Politik eingerichtet und ausdrücklich einer, ihrer Souveränität überantwortet. Eine Besonderheit ist es freilich, wenn aus politischen Gründen begangene Straftaten zur Beurteilung anstehen. Während sonstige Morde (aus Eifersucht etc.) ihren gesellschaftliche Hintergrund haben, der auszublenden nicht schwer fällt, so ist es bei Morden aus purem Rassismus überhaupt nicht leicht, das — eben politische — Motiv aus dem richterlichen Urteil herauszuhalten. Es steht ja allzusehr im Vordergrund. Umso mehr versuchen Politik und Öffentlichkeit es in den Hintergrund zu rücken: Rein rechtlich sollen die Taten beurteilt werden. Und nicht nur so unseriöse Blätter wie Blöd versuchen den wahren Grund der Taten in der persönlichen Verfaßtheit der Täter und Angeklagten ausfindig zu machen: Durch und durch verkorkste Typen sollen das gewesen sein! Nach außen mit einer smarten Frau getarnt etc. Und keiner fragt sich, wo solche Marsmenschen eigentlich herkommen, aus der Bundesrepublik, wie »wir« sie kennen, jedenfalls nicht!
Zu allem Überfluß hat sich die Verteidigerin der angeklagten Zschäpe zu eben dieser Aufgabe bekannt (und ist darüber ihre Stelle losgeworden, siehe taz v. 30.07.13): Sie sehe ihre "Aufgabe nicht nur darin, zur Gewährleistung eines rechtsstaatlichen Verfahrens für die Wahrung der Verfahrensrechte ihrer Mandantin einzutreten, sondern sich auch jeden Versuch einer Politisierung des Verfahrens von welcher Seite auch immer entgegenzustellen." Das nämlich wäre ja noch schöner, wenn es mitten in der schönsten Demokratie rassistische Morde gäbe, ja an der Tagesordnung waren und sind! Da sei der Rechtsstaat vor — im Draußenhalten der politischen Motive!
(30.07.13)
Demokratische Gedenkstunde: 80 Jahre NS-Machergreifung
(25.02.13)
Aktenschreddern unverständlich?
Bezüglich der NSU-Mordfälle und deren Aufarbeitung ist viel von »Versagen« der deutschen Geheimdienste, der deutschen Strafverfolgungsbehörden, der deutschen Politik die Rede. Überhaupt nicht ist vom Grund des »Versagens« die Rede. Der liegt nämlich darin, daß Faschisten und Demokraten die eine ganz zentrale politische Sorge teilen, nämlich die Sorge um den Erfolg des Staates, ihrer Nation.
So wie zu einem religiösen Glauben stets Zweifel an Gott und seiner (personalen) Existenz gehören, so gehören zu einem Glauben an die Nation stets Zweifel an deren aktuell eingeschlagenem Erfolgsweg. Solcher Zweifel verführt den Zweifler zu einer Aktion wie dem Schreddern von Akten*. Daß solcher Zweifel insbesondere bei denen vorliegt, denen die Aufgabe obliegt, das Allerheiligste des Staates, seine Verfassung, zu schützen, verwundert jedenfalls kaum.
Das Feld der Spannung zwischen Demokraten und Faschisten findet sich also nicht auf einer grundsätzlichen Ebene, sondern auf der der Staatsräson. Der Vorwurf von Faschisten, die demokratische Räson würde dem Staat nicht zum Erfolg verhelfen, erfährt gerade in Krisenzeiten und Krisenländern immer mal wieder einen Aufschwung. So wie andersherum auch aus Faschisten über Nacht Demokraten werden können, wenn eine faschistische Herrschaft den Erfolg vermissen läßt. In welche Richtung es auch immer geboten erscheint, sein Mäntelchen zu hängen, die Gesinnung braucht dazu ein Nationalist wahrlich nicht wirklich zu wechseln.
Die Sorge um den Erfolg des Staates nehmen passionierte Staatsprotagonisten der Linkspartei nicht ab. Für die ist ein jedes von jener geäußertes nationales Anliegen — und es sind sowohl nicht wenige als auch ausschließlich solche — nämlich verlogen, weshalb sie sie auch sehr prinzipiell für observationsbedürftig erachten. Darüber, inwiefern auch nur eine jener nationalen Sorgen nur vorgeschoben sein kann, darüber lassen sie sich zwangsläufig nicht aus: Wie sollte eine solche Unterstellung auch begründet werden? (Wenn die Linkspartei beispielsweise mal den unbegriffenen Begriff »Kapitalismus« in den Mund nimmt, dann ist es für ihre Gegner eben nicht bloß eine Frase, eine Frase rein moralischen Ursprungs. Und es macht sie auch nicht stutzig, wenn selbst der deutsche Papst in Rom mal diesen Begriff benutzt.)
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*Ein weiterer Fall: Ein 1000prozentiger Nazi wurde in seinem Zweifel zum Hitler-Attentäter, er faselte dabei etwas vom »heiligen Deutschland«. Dieser Vollarsch wurde von der deutschen Demokratie fast umgehend heiliggesprochen, er wird als Kronzeuge ihres Erfolgswegs verehrt.
(03.01.13)
Interview über Neonazis
Das Interview wurde von der britischen Zeitung weekly worker mit Freerk Huisken geführt. Die erste ML-Zeitung übrigens, die Kritik an der herkömmlichen, falschen Einordnung, der falschen Kritik von Kommunisten des Schlags Dimitrow Raum einräumt.
(27.10.12)
»Sozialer Patriotismus«
Wenn SPD-Boß Gabriel ein Schlagwort in die Öffentlichkeit bringt, damit seine Partei daran gemessen werden soll, dann ist das ernst gemeint. Das kürzlich aus seinem Mund stammende Schlagwort vom »soziale Patriotismus« erinnert an den Begriff »Nationalsozialismus«, ja scheint lediglich ein Synonym desselben zu sein. Dabei verbirgt sich in ihm ein gutes Quäntchen Kritik an eben jenem: Gabriel sieht am Begriff »Nationalsozialismus« den Nationalismus viel zu sehr relativiert. Nicht, daß die NSDAP in praktischer Hinsicht irgendwie und irgendwo sozial (im Sinne von arbeiterfreundlich) gewesen wäre, nein, das ist ja seine Hartz-IV-Partei ebensowenig. Das hat Herr Gabriel selbstverständlich gar nicht für notwendig erachtet, klarstellen zu müssen. Seine allzu leicht erkenntliche Absicht war vielmehr, dem von konservativer Seite nach wie vor breitgetretenem Klischee entgegenzutreten, seine Partei ließe es aufgrund sozial(istisch)er Attitüden an nationaler Verantwortungsbereitschaft fehlen: »Sozial« ist und soll nur, so der Parteistratege, ein beschönigendes Adjektiv eben dieser ihrer ultratief verankerten — hierfür wählte er den passenden Begriiff »Patriotismus« — nationalen Gesinnung sein!
Im Grunde macht Gabriel damit nichts anderes als einer seiner Vorgänger im Parteivorsitz, Otto Wels, welcher 1933 der NSDAP ein unverhohlenes Koalitionsangebot gemacht hat, welches damals brüsk zurückgewiesen worden war. Seitdem sind Soziaoldemokraten auf Nationalisten aller Art schlecht zu sprechen, Nationalisten, welche ihnen die nationale (Mit-)Verantwortung bestreiten. Für die gleichen Typen ist sie dann allerdings wiederum sehr offen, wenn die die SPD als die nationale Partei schlechthin begreifen und ihr womöglich gar beitreten (vorbildlich natürlich Typen vom Schlage Verheugens, Clements, Sarrazins).
Das war also der brilliante Schachzug des bauernschlauen Vorsitzenden dieser durch und durch reaktionären Partei, mit der die GRÜNEN und die Linkspartei so gerne (auf Bundesebene) koalieren würden, wenn die SPD bloß nicht dauernd versuchen würde, sie matt zu setzen.
(15.10.12)
Breivik, NSU-Mörder und Konsorten
Nun, was verstehen solche Leute eigentlich nicht? Daß die Muslime und ihre Religion (nebst anderen Ausländern) auf der Abschußliste eines als normal geltenden Rassismus ihrer jeweiligen, demokratischen Nation stehen, das haben sie ja sehr wohl verstanden! Was sie nicht verstehen wollen, ist, daß es für ihr mörderisches Vorgehen eine staatliche Lizenz braucht. Ansonsten ist es, bei allem (Un)Verständnis offiziellerseits, schlicht widerrechtlich. Ein Verständnis übrigens, das sich gerade dadurch bemerkbar macht, daß man die Ausführungen des norwegischen Angeklagten lieber doch nicht, jedenfalls nicht in all ihrer Ausführlichkeit zur Kenntnis nehmen will: Die Übereinstimmung mit dem selber gepflegten, zivilisierten Rassismus ist nur allzu offensichtlich. Das Heranziehen der Kategorie »Unzurechnungfähigkeit« ist darüber hinaus bezeichnend.
Brejvik und Konsorten leiden also daran, daß sie bei gemeinsamer Ideologie mit den herrschenden Demokraten von eben diesen mißverstanden werden: Anstatt ihre ehrenwerte Absicht, das gemeinsame Anliegen zu honorieren, setzen die sie einfach auf die staatliche Anklagebank. In der Tat, für eingefleischte NS-Ideologen nicht ganz leicht zu verstehen. Der Haken ist dabei politisch-praktischer Natur: Sie bekommen vor Augen geführt, was zur Durchsetzung ihrer Anliegen, der gewaltsamen Säuberung der Nation von ungeliebten, als minderwertig Betrachteten, nötig ist: Sie müssen zuerst die politische Macht erringen, um ihre Vorhaben legal und damit legitimiert durchziehen zu können. Das haben zum Beispiel politische Parteien wie NPD, FPÖ und andere europäische NS-Parteien begriffen: Erst an die Macht, dann in die Schlacht! Und nicht umgekehrt. Doch es gibt eben Nazis, denen die Machtübernahme entschieden zu lange dauert. Die statuieren also Exempel.
Doch anstatt ihrem Projekt damit auf die Sprünge zu helfen, schaden sie ihm eher: Sicher, der NPD oder dem Nasjonal Samling in Norwegen können sie nicht groß schaden, die sind eh mikrig genug. Schaden tun sie freilich dem offiziellen Anliegen der Nation, das eben auf einer rassistischen Übereinstimmung mit ihnen beruht. Es wurde ja bereits darauf hingewiesen [Die SPD auf ihrem Weg vom ökonomischen Rassismus zum politischen, KoKa v. 08.04.12], daß die SPD nicht erst seit und mit Sarrazin dahin driftet und gedriftet ist, wo sie ihre Wählerstimmen – nicht zu Unrecht bei einem tagaus tagein national agitierten Volk – vermutet. Mit Mördern und Mörderbanden will eine demokratische Partei dann doch nichts zu tun haben, zumal ja die von Staats wegen erforderlichen und erbrachten Leichen gegenüber denen der Nazis im hellen Licht der Zivilisation glänzen. Nur so ein aktuelles Beispiel: Tote Somalis immer, wenn die sich nicht ihre Fische wegfangen lassen wollen bzw. dafür entschädigungshalber unsere Schiffe kapern! [siehe KoKa, 07.03.12]
Vielleicht mag einer einwenden, bei den Opfern Brejviks habe es sich doch gar nicht um Ausländer gehandelt, sondern um echte nordische Norweger. Umso schlimmer, was ein Nazi ihnen anlasten kann: Sie haben Verrat an ihrer Nation (und dem Abendland überhaupt) begangen. Nicht daß er sich in der ideologischen Ausrichtung auch der norwegischen sozialdemokratischen Arbeiderpartiet täuschen würde, nein, sein Vorwurf ist, daß gerade sie mit dieser ihrer ideologischen Haltung, die sich so gut wie keinen Deut von der der deutschen Sozialdemokratie unterscheidet, es an den daraus zu ziehenden Konsequenzen fehlen ließe. Gerade die Sozialdemokratie also! Ansonsten hätte er ja auch jede andere demokratische Partei dafür zur Rechenschaft ziehen können. Es muß einen Prinzipienreiter wie ihn furchtbar gewurmt haben, daß die Arbeiderpartiet, wie es ihm scheint, aus schierem, aus reinem Opportunismus nationale Verantwortung trägt. –
Kurzum, nicht in ideologischer, in rein praktischer Hinsicht, bezüglich einer zuvor nötigen Machtübernahme, ist einem wie Brejvik, sofern man seinen Standpunkt teilt, Inkonsequenz vorzuwerfen.
Und es ist im übrigen schon ein Treppenwitz, daß ausgerechnet die NPD, die nun alles tut, diese Inkonsquenz von Nazi-Mördern zu vermeiden, wieder in die Schußlinie von Demokraten gerät: Es wird demokratischerseits behauptet, daß die NPD dieser Inkonsequenz Vorschub leisten würde. Klar, wer die Macht hat, kann alles so drehen, wie er es gerade für opportun hält. Und ansonsten kann man nur einmal mehr feststellen, daß Demokraten Faschisten nicht zu kritisieren verstehen, sie nicht wirklich, d.h. in ihrer Ideologie kritisieren wollen, denn das würfe unzweifelhaft ja ein sehr schlechtes Licht auf sie selber. Nein, der Apfel fällt in der Tat nicht weit vom Baum!
(22.04.12)
Axel Springer – Retter des faschistischen Weltbildes für die Demokratie
Er betrachtete es als seine Lebensaufgabe, den Faschismus nicht mit Stumpf & Stiel auszurotten, vielmehr soweit wie nur irgend möglich in seiner Ideologie zu erhalten. Dies war nur möglich, den Antisemitismus herauszustreichen, denn daran, die Morde an den Juden als solche auch anzuerkennen, führte, so realistisch war er, kein Weg vorbei. Aber er verstand es, das ins Positive zu drehen: Den Faschismus auf seinen Antisemitismus zu reduzieren, hieß, alles andere an ihm retten zu können. Man mußte also nur die Judenmorde ganz, ganz dick unter- und herausstreichen, schon ließ sich alles Übrige in einem milden, wohlwollend Verständnis erheischenden Blick betrachten. Wenn die taz zum 100-jährigen Geburtstag dieses demokratisch sich gebenden Nachkriegsnazis schreibt: "Axel Springer stand bedingungslos hinter Israel, ließ aber Altnazis für sich arbeiten" (13.03.12), dann muß man sie fragen, wieso »aber«? Eine Rettung des Faschismus für die deutsche Demokratie ging gar nicht anders, d. h. jedenfalls nicht erfolgversprechend anders.
Die Juden, die (es waren keineswegs alle) nach dem Krieg und dem Elend, das sie und ihre Glaubensgenossen so zahlreich und schwer erlitten hatten, dieses sich mit dem Manko erklärten, das ihnen die Nationalsozialisten in ihrer antisemitischen Ideologie zur Last gelegt hatten, und in dieser Weise es zu Herzen nahmen, waren in der Tat nicht länger als Staatsfeinde zu betrachten: Den Vorwurf der Nazis, Juden wären unfähig, einen eigenen Staat zu bilden und würden sich daher in anderen Staaten als Parasiten betätigen (einerseits als böse, der Nation abträgliche Finanzkapitalisten und andererseits als nicht minder böse, der Nation abträgliche Kommunisten), diesen blutträchtigen Vorwurf nahmen sich diejenigen Juden zu Herzen, die nach dem Krieg nichts Besseres zu tun hatten, als sich einen neuen Staat mit der dazu nötigen Gewaltanwendung zu verschaffen. Daß sie dabei nicht weniger rassistisch (gegen die einheimischen Araber in Palästina) vorgingen als die deutschen Faschisten mit ihnen, das hat sie nicht gestört und das mußte einem zutiefst in faschistischem Denken verhafteten Deutschen erst recht Respekt abnötigen. So machte sich denn Axel Springer zum Anwalt des Staates Israel unter dem nur allzu billigen Vorwand deutscher Vergangenheitsbewältigung. Selbstverständlich teilten eine ganze Anzahl alter Nazis diese nun neue, leicht – nur soweit, wie es eben nötig erschien – modifizierte Weltsicht.
Entgegen dem Gerücht, er sei ein »naiver, unpolitischer Mensch« (taz, 13.03.) gewesen: Eine solche Entschuldigung – bei aller Naivität, die einem Nazi und Opportunisten anhaftet – erfüllt den Tatbestand der Verharmlosung. So hat sich Springer das sicherlich strategisch auch vorgestellt. Doch das kann man so unmöglich auf sich beruhen lassen. Gerade auch, wenn man an die Juden denkt, die Opfer einer Ideologie geworden sind, die ohne den radikalen Nationalismus, der ihr Opfer einschloß, nicht zu haben gewesen wäre. Die Nationalsozialisten kamen doch am allerwenigsten wegen ihres Antisemitismus an die Macht, wurden von den Deutschen in ihrer Mehrheit allein deshalb gewählt und begrüßt, weil sie der Nation einen Erfolgsweg versprachen, der sich gewaschen hatte, weil sie sich als die einzig wirklich konsequenten Nationalisten verstanden und präsentierten. Da war eine politische Neuordnung per Lüge und Krieg allemal vordringlicher. So kam denn »die Erledigung der Judenfrage« in der Wannseekonferenz erst mitten im Krieg (20.01.42) auf die Tagesordnung. (Da gewann sie auf einmal an Dringlichkeit!)
(02.04.12)
Die demokratische deutsche Republik bewältigt den NSU-Terror
Nein, es ist nicht so, daß die BRD die rechten Umtriebe inklusive der angefallenen Leichen unter den Teppich kehrt. Schließlich stellen sie seit dieser Mordserie ein beachtliches Problem staatlicher Sicherheit dar. Hier haben tatsächlich einige es gewagt, die beim Staat monopolisierte Gewalt in die eigenen Hände zu nehmen. Das ist für sich schon ganz schön unerhört. Noch unerhörter freilich, daß es solche waren, aus deren tiefster Überzeugung ein starker Staat das höchste Ziel ist; ein starker Staat, welchen die BRD selbstredend und nicht zu Unrecht vorgibt, zu sein! Dieser Sachverhalt schreit nach Kritik und Selbstkritik und ruft die Öffentlichkeit auf den Plan, wie dieses »Problem« in den Griff zu bekommen sei.
Dazu ein Beitrag in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift GegenStandpunkt 1-2012 unter dem Titel: Was neun tote Einwanderer von uns verlangen: Eine Runde Schämen für Deutschland
(23.03.12)
Interview mit Prof. Freerk Huisken zum (Neo-)Faschismus und dessen demokratischer Bewältigung
in: junge welt (10.03.2012)
Urteil nach deutschem Auftrag
Am 03.02.2012 verkündete der Internationale Gerichtshof in Den Haag seine Entscheidung betreffs NS-Entschädigungszahlungen. Die BRD hatte geklagt, weil sie gegenüber den Forderungen von NS-Opfern in Italien »staatliche Immunität« beansprucht. Italienische Gerichte hatten mehrfach zugunsten der Opfer entschieden. Doch Deutschland will grundsätzlich nicht zahlen. Mit einer einzigen Ausnahme: Vor den USA hatte es gekuscht, nachdem die zugunsten jüdischer Opfer Druck gemacht hatten. Alle anderen Opfer in den zahlreichen, von den deutschen Faschisten überfallenen Staaten sehen keinen noch so lächerlichen Geldbetrag. Der deutsche Staat hat nämlich den Krieg nicht verloren, um danach als »Melkkuh« dazustehen! Das gebieten die neuen deutschen imperialistischen Ansprüche. Denen ist das Gericht in den Niederlanden nun gefolgt. Ein Hoch auf die »freie Rechtssprechung«!
[Abbildung (Bundesarchiv Freiburg): Der griechische Ort Dhistomo in Flammen; allein dieses – und es war nur eines unter vielen in besetzten deutschen Gebieten Griechenlands wie anderer Länder – von SS und Wehrmacht verübte Massaker kostete über 200 unbewaffneten Menschen das Leben.]
(07.02.2012)
Neues von der CDU-Nazine
Für sie war die NSDAP eine linke Partei, weil sie ja Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei hieß. Nun, wer die SPD seit Jahr und Tag links verortet, wer unter »links« ganz viel Staat und ganz wenig Freiheit für's Kapital versteht, der sollte sich über diese Weltanschauung nicht wundern. Sie dient in ihrer Absicht der Reinwaschung nationaler Ideologie für die Interessen des neuen, wieder erstarkten Deutschlands und dokumentiert den Anspruch auf Allgemein- und Alleingültigkeit dieser Ideologie. Nationalismus gilt schon allein deshalb nicht als Ideologie. Nationalismus ist der Inbegriff »freier Meinungsäußerung«. Und so hat Frau Erika Steinbach nichts weiter getan, als eben eine freie Meinung gezwitschert. Und dagegen hat doch wohl niemand etwas? Und wenn, dann macht der sich gleich verdächtig, kein – vom Sozialismus im Namen geläuterter – Nationalist, kein richtiger Deutscher zu sein.
(03.02.2012)
Moralpredigten in brauner Gazette
Augsburgs Bischofs Zdarsa hat nun dem Ichenhauser Pfarrer Georg Alois Oblinger untersagt, in dem schwarz-braunen Blatt Junge Freiheit zu veröffentlichen. Gegen seine dort gehaltenen braunkompatiblen abendländischen Moralattacken selber erfolgten keine Einwände, warum auch. Oblinger war es, der am 20.11.11 einen Angriff auf den katholichen Weltbild-Verlag so vortug: "Vor sechzig Jahren sorgte Hildegard Knef durch ihren Auftritt in dem Film »Die Sünderin« für einen großen Medienskandal. Die deutschen Bischöfe verurteilten in ihren Hirtenbriefen den Skandalfilm, in dem erstmals – wenn auch nur für eine Sekunde – eine nackte Frau auf der Leinwand zu sehen war und in dem die Prostitution wie auch der Suizid positiv dargestellt wurden. Der Kölner Kardinal Joseph Frings bezeichnete den Film als einen »Faustschlag ins Gesicht jeder anständigen deutschen Frau«. Schon vor vier Wochen hat Bernhard Müller, Chefredakteur des Pur-Magazins [ein ultraorthodox katholisches Blatt], in einem Artikel für Welt-Online [Springer, na klar, immer scharf rechts außen!] scharfe Kritik am Weltbild-Verlag geübt, der zu hundert Prozent im Besitz der katholischen Kirche ist. »Katholische Kirche macht mit Pornos ein Vermögen«, urteilte Müller. Dort werden Bücher mit Titeln wie »Schlampeninternat«, »Sag Luder zu mir« oder »Graf Porno« verkauft." Das hat immerhin zur Folge, daß die Kirche aus dem Verlag aussteigt und die ewiggestrige, sexualfeindliche Linie einhält, d.h. rechts außen steht, wo sie mit ihrem Papst ja sowieso unverrückbar steht. Oblinger ist ein Vorkämpfer gegen den "menschlichen Unterleib", vor allem in schriftstellerischer Form, er erwähnt Elfriede Jelinek, Michel Houellebecq und Charlotte Roche (Junge Freiheit, 09.10.11) und vergaß dabei noch solche Namen wie Émile Zola, Alberto Moravia und Charles Bukowski zu erwähnen, um nur einige zu nennen. Welches leuchtende politische Vorbild der Herr Pfarrer freilich hat, ist nicht schwer herauszufinden und macht auch klar, warum er in jenem Blatt offene Türen einrennt: "Sie [die liebe bürgerliche Mitwelt] sieht, wie in Theater und Kino, in Schundliteratur und Schmutzpresse Tag für Tag das Gift kübelweise in das Volk hineingeschüttet wird und staunt dann über den geringen »sittlichen Gehalt«, die »nationale Gleichgültigkeit« der Massen dieses Volkes." (A.H., Mein Kampf, S.34)
Wie Hitler das Verhältnis von religiösem und politischen Glauben bestimmte, geht aus einer am 23.11.1937 gehaltenen Rede vor dem politischen Führungnachwuchs auf der Ordensburg Sonthofen hervor: "Heute hat die deutsche Nation endlich das bekommen, was ihr jahrelang fehlte, nämlich eine Organisation der Volksführung. ... Heute beanspruchen die Volksführung wir. Das heißt: Wir allein sind befugt, das Volk als solches – den einzelnen Mann, die einzelne Frau – zu führen. Über den deutschen Menschen im Jenseits mögen die Kirchen verfügen, über den deutschen Menschen im Diesseits verfügt die deutsche Nation durch ihre Führer. ...." So erklärt sich also der Platz von Pfaffen wie Oblinger in einer (braunen) Nation und in deren Propagandaorganen.
[Abbildung: Auch Heinz-Christian Strache, österreichischer Faschistenführer, weiß, was seine Bewegung am Christentum hat, und übt den Schulterschluß.]
(21.01.2012)
Die demokratische Bewältigung des Rechtsterrorismus
Daß der deutsche Staat bewußt weggeschaut hat, als es die traf, an denen ihm eh nichts liegt, das wollte die demokratische Öffentlichkeit nicht länger gelten lassen. Die Medien trachteten also danach, sich gegenseitg in kritischen Stellungnahmen zum Thema »rechtsradikaler Sumpf« zu übertreffen. Und von der CSU-nahen Augsburger Allgemeinen über die grüne taz bis hin zur altstalinistischen jungen welt lieferten alle brav ihre Besinnungsaufsätze ab, so wie sie es vormals im gymnasialen Deutschunterricht gelernt hatten: Soll die demokratische Gewalt nun die NPD, die als zentraler Angelpunkt dingfest gemacht wurde, verbieten oder soll die demokratische Gewalt sie aushalten, weil sie sie ob ihrer eigenen Stärke lässig aushalten kann? Es wurde also gegenüber den rechtsradikalen Gewaltschürern die Gewaltfrage aufgemacht und nichts anderes. Es wurde allenthalben schwer über das Pro und Kontra gewaltsamen Vorgehens gerechtet. Natürlich waren sich alle darin einig, daß es schöner wäre, diese Debatte wäre ihnen erspart geblieben, dann nämlich, wenn es die NPD gar nicht erst gäbe. Die Frage, warum es Faschisten denn dann immerzu gibt, wurde ebensowenig gestellt, wie die, warum nicht geringe Teile der deutschen Untertanen Sympathien für jenes NS-Gedankengut hegen und pflegen.
Professor Freerk Huisken hat eine Bilanz bezüglich der Bewältigung des neuen Faschismus in einem neuen Buch veröffentlicht: »Der demokratische Schoß ist fruchtbar... – Das Elend der Kritik am (Neo-)Faschismus« (VSA-Verlag).
(11.01.2012)
Neues vom SPD-Nazi
Es wundert natürlich nicht, daß Sarrazin nun ganz offiziell und im Fernsehen der NPD recht gegeben hat. Die taz berichtet am 07.01. von einer WDR-Sendung wie folgt: "»Wenn die NPD sagt, die Erde ist rund, werde ich [Sarrazin] nicht sagen, die Erde ist flach«, sagt er auf die Rechtsextremisten angesprochen." Anders ausgedrückt, die NPD hat nur allzu recht und da läßt sich einfach nicht widersprechen! Widerspruch kommt denn auch nicht aus seiner SPD. Aber welche Partei kann und will schon Fakten und Ideologien so auseinanderhalten wie es sie der Sache nach verdienen? Ideologien sollen als Fakten durchgehen! So denken sich alle bürgerlichen Denker, Demokraten wie Faschisten, die Welt zurecht, damit sie unter ihrer engen Stirn Platz finde. Kein Wunder daher, wenn sie sich gegenseitig Respekt über ihre gedanklichen Leistungen zollen und mitunter ganz unverblümt einem politischen Konkurrenten recht geben.
(09.01.2012)
Sudetendeutscher Tag – Revanchistische Lügen
Die Lügen derer, sofern sie in »Landsmannschaften« – schon dieses Wort atmet den faschistischen Geist! – hören wohl nie auf: Nach wie vor bezeichnen sie die im Zeichen des Kriegsergebnisses von den Alliierten beschlossenen Umsiedlungen als »Vertreibungen«.
Die Regierungen Polens und der Tschechoslowakei stellten sich verständlicherweise positiv zu den Vorhaben der Alliierten: Mit einem Verbleib der in ihrem Ländern ansässigen Deutschen, die weit überwiegend sich als Parteigänger des Dritten Reiches verstanden und den Einmarsch der NS-Wehrmacht in ihre Siedlungsgebiete ebenso begrüßten wie die »Erledigung der Rest-Tschechei«, wäre kein Friede zu machen gewesen. Das ist es nicht einmal jetzt, wo sie sich wenigstens im Ausland befinden.
Daß die Landsmannschaften offizielle Anerkennung seitens des bundesrepublikanischen deutschen Staates genießen, ist ein Argument gegen ihn, weil er somit seine faschistische Herkunft verharmlost. All seine Absagen an den Faschismus werden im nächsten Atemzug wieder relativiert, wenn man nicht solche ewiggestrigen Vereine kategorisch ausgrenzt.
Und wer das bezweifelt, der muß nur mal die Sudetendeutsche Zeitung in die Hand nehmen: Braune Brühe allenthalben!
Hier dokumentiert die von der Deutschen Allgemeinen Nachrichtenagentur verbreitete Nachricht, wie sie in der Schwäbischen Landeszeitung vom 23. November 1945 wiedergegeben wurde.
(10.06.11)
Sudetendeutscher Faschismus
Die in der heilen Welt des deutschen Reiches und danach in der der BRD angekommenen Sudetendeutschen samt heutiger Berufssudetendeutscher haben sich mit dem eigenen Faschismus nie auseinandergesetzt, im Gegenteil, wenn man ihre Blättchen mal so angeguckt hat, dann war denen - entgegen allen offiziellen Beteuerungen der Führungsriege - so manch »geschlossenes« (wie es ja so schön heißt) faschistisches Weltbild zu entnehmen. Von Selbstkritik war auch bei den Führungspersonen nie die Rede. Ein lapidares Bekenntnis dazu, daß "auch" manche Sudetendeutsche Dreck am Stecken gehabt haben, ist ja gerade die Absage an Kritik und ein Zurückweisen aller diesbezüglichen Nachfragen. In Tschechien hingegen ist man der Wahrheit auf der Spur. Deshalb sei der Beitrag "Literatur unter dem Hakenkreuz", der in der deutschsprachigen Prager Zeitung erschienen ist, hier für ein breiteres Publikum dokumentiert. (17.03.11)
Wie der Faschismus Demokraten schwer beeindruckt!
Das nazigeile deutsche Nachrichtenmagazin namens Spiegel - es schafft keinen Monat ohne entsprechenden Titel mit einer Nazigröße, u.a. mal Goebbels, mal Sarrazin und immer mal wieder Hitler [angeblich verlangen das lediglich die Verkaufszahlen!] - druckt natürlich auch einen Auszug aus einem Buch, das es seinen dummdeutschen Lesern folgendermaßen wärmstens - "ungewöhnlich große Aufmerksamkeit" [Na klar, vom Spiegel!] - empfiehlt [Ausgabe v. 22.11.10]: "Anders als die Schriften des ultralinken Establishments [wer soll denn das bitte sein?] verzichtet der Text [des Buches »Der kommende Aufstand«] auf theorieschwere Technokartenprosa [da kennt sich der Spiegel ja aus!]. Manches klingt, als hätte es der Entfremdungsdichter Michel Houellebecq [wer den nicht kennt, studiert nicht regelmäßig die Spiegel-Bestsellerliste!] geschrieben. ... Die brennenden Vorstädte in Frankreich, die Straßengewalt in Griechenland seien Symptome des Zusammenbruchs der Demokratien. ... [Das Buch] ist auch der radikalste und problematischste Ausdruck eines gesellschaftlichen Unbehagens [welches der Spiegel natürlich teilt!]." Im abgedruckten Auszug, ist dann allen Ernstes zu lesen: "Für die gegenwärtige Situation wird es keine soziale Lösung geben." Also eine nationale, von durchgeknallten Nationalisten. Ortega y Gassets theoretische Schrift »Aufstand der Massen« war 1934 in theoretisch-gesellschaftskritischer Hinsicht hauptächlich von den faschistischen Bewegungen veranlaßt worden und auf sie gemünzt. Gesellschaftskritik und -theorie ist beim vorliegenden Pamflet nicht die treibende Kraft, vielmehr ist es die Verhinderung derselben: Kein Wunder, daß FAZ, Spiegel, Süddeutsche Zeitung und andere deutsche Leitmedien so beeindruckt sind - siehe hierzu den taz-Artikel! Ganz locker schwafeln die Buch-Autoren darüber, was ihnen möglich erscheint, was notwendig und sie diffamieren alles andere. Man fühlt sich an Daniel Cohn-Bendits Schrift »Aufstand in Paris - Ist in Frankreich eine Revolution möglich?« von 1968 erinnert, in der der Anarchosponti ähnlich hochstaplerischen Unsinn von sich gab. So eine Art SA oder Wehrsportgruppe scheinen die Autoren - »antideutsche« Vollidioten? - allen Ernstes anpeilen zu wollen. Ihnen haftet der typisch rechte, einer elitärer Zug an, mit dem sie sich Sympathie heischend auf Schlagzeilensuche begeben: "Die Katastrofe ist nicht das, was kommt, sondern das, was da ist. Wir [das nationale WIR! da schau an!] befinden uns schon jetzt in der Untergangsbewegung einer Zivilisation. Das ist der Punkt, an dem man Partei ergreifen muß." Hitler hat sich in einer solcherart beschriebenen Zeit entschlossen, Politiker zu werden. Die SPD hätte Plätze frei. (28.11.10)
Links, zwei, drei - SPD: SPD-Bürgermeister lobt die NPD! (16.11.10)
Auch in Griechenland gehen die Sozialdemokraten nach rechts: Das Foto zeigt den Ministerpräsidenten Ghiorghios Papandhréu (ΠΑΣΟΚ) beim Handschlag mit dem Faschistenfüher Ghiorghios Karatzaféris (ΛΑ.Ο.Σ) anläßlich eienr Wahlabsprache für einen Athener Umlandbezirk. (13.11.10)
Der Fall Sarrazin: Eine Buchveröffentlichung wird zur Staatsaffäre (GegenStandpunkt-Radio-Analyse vom 11.10.10)NS-Agitator Dr. Ludwig Wegele - die AZ weiß von nix!
zur Info: Jürgen Elsässer: "Sarrazin hat im Kern Recht!" Sehr konsequent, wenn man wie Elsässer immer an eine nationale Alternative denkt, die etwas grundsätzlicher ausfallen soll. Im übrigen: Keine Ahnung von Faschismus, aber einfach immer schön drauflos labern! (27.10.10)
Demokratische Wehrhaftigkeit
"Neonazis dürfen am Wochenende in Deutschland erneut durch den niedersächsischen Kurort Bad Nenndorf marschieren - eine Gegendemonstration des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) bleibt dagegen verboten. Das entschied heute das Verwaltungsgericht Hannover. Es kippte damit ein Verbot des Landkreises Schaumburg.
Kürzlich veröffentlichte der orf (Österreichischer Rundfunk) eine Meinungsumfrage, der zufolge sich 20 % der deutschen Erwachsenen vorstellen könnten, eine Partei rechts von der CDU zu wählen. Was der Sender nicht bemerkt zu haben schien: Diese 20%-Partei gibt es bereits: Sie kritisiert die amtierende Regierung ausnahmslos von rechts. Ihr Vorwurf gipfelt mit schöner Regelmäßigkeit darin, ihr vorzuwerfen, Deutschland zu vergeigen. 1998 hatte diese Partei es geschafft, mit einem radikalen Arbeiterverelendungsprogramm sondergleichen (unter dem Titel ) die Regierung für einige Jahre zu übernehmen.
Die Kommune hatte beide Demos untersagt, weil nach ihrer Einschätzung nicht genügend Polizisten verfügbar sind, um die Kundgebungen zu begleiten. Das Gericht entschied, diese Begründung sei nicht nachvollziehbar. Die rund 2.000 eingeplanten Beamten könnten zumindest eine Veranstaltung bewältigen. Da die Rechten ihre Versammlung zuerst angemeldet hatten, dürften sie demonstrieren. Außerdem sei mit mehr gewalttätigen Anhängern der linksextremen Szene zu rechnen.
Der DGB kritisierte die Entscheidung als »unglaublichen Vorgang«. Er will nun gegen das Urteil vor dem niedersächsischen Oberverwaltungsgericht Beschwerde einlegen.
Neonazis rufen seit 2006 jährlich zum »Trauermarsch« durch Bad Nenndorf auf. Dort befand sich von 1945 bis 1947 ein Verhörzentrum der britischen Besatzungsmacht, wo auch Häftlinge mißhandelt wurden." (orf, 12.08.10)
Wäre schön, wenn schon nicht die deutsche Justiz - in deren Reihen die Braunen nicht aussterben! -, so doch wenigstens der Deutsche Gewerkschaftsbund außer Empörung auch ein paar sachliche Argumente gegen den Faschismus vorbringen könnte, Gelegenheit dazu gibt es immer wieder, wie man sieht. Wohl aber keinen ernsthaften Willen! (12.08.10)
Angebot & Nachfrage
Nachdem diese Partei zumal bei den letzten Bundestagswahlen eine herbe Schlappe erhalten hatte, wird sie das, wie immer in solchen Fällen, ihrer mangelnden »Volksnähe« anlasten; d.h. ihre rechten Rezepte hätten nicht verfangen, vielleicht, weil sie nicht radikal genug gewesen seien, ganz gewiß jedoch, weil sie es nicht verstanden hätte, sie den dummen Untertanen entsprechend zu verdolmetschen. Auf alle Fälle ist für die nächsten Wahlen eine deutliche Radikalisierung dieser Partei in Sachen schwarz-rot-goldener Agitation zu erwarten! (27.07.10)
In der kapitalistischen Krise keimt der Wunsch nach Diktatur
Daß der Faschismus aus dem Sumpf der Demokratie sprießt, das ist jetzt sogar dem antifaschistischen Blatt Der rechte Rand aufgefallen, einem Blatt, das - wie so ziemlich alle Antifaschisten - es sich angewöhnt hat, von einem tiefen Graben zwischen Demokratie und Faschismus zu fantasieren. Diktatur als Konsequenz allen staatlichen Handels, so das Volk nicht so spurt, wie es sollte. Und das ist eine Unterstellung, die ja immerzu unterwegs ist, wenn die Sozialleistungen einmal mehr gekürzt werden und angesichts dessen man sich fragt, was da überhaupt noch gekürzt werden kann: Das faschistische Ideal des bedingungslosen und unentgeltlichen Einsatzes des Untertans für die Nation weist auch Demokraten den Weg. Nicht nur im Inneren, auch nach außen: Anläßlich des Falles Griechenland ließ die Bundeskanzlerin Frau Merkel in Blöd am Sonntag (02.05.10) verlauten: "Der Euro ist ein großes Erfolgsprojekt Europas, der sich in der Bankenkrise bewährt hat. Gerade Deutschland hat als Exportland viele Vorteile durch den Euro. Damit der Euro auch in Zukunft eine starke und stabile Währung bleibt, müssen wir allerdings aus der aktuellen Krise lernen. Wir haben durchgesetzt, daß in der EU noch im Mai eine Arbeitsgruppe auf Ebene der Finanzminister eingerichtet wird, die sich mit notwendigen Vertragsänderungen beschäftigt. Dazu gehören mit Sicherheit Änderungen der Sanktionen bei Verstößen gegen die Euro-Stabilitätsregeln. In letzter Konsequenz muß es künftig möglich sein, einem Land, das seine Verpflichtungen nicht einhält, zumindest vorübergehend das Stimmrecht zu nehmen. Deutschland hält das für unerläßlich."
Den nationalen Erfolg Deutschlands herstellen und ihn sich nehmen lassen - das geht nicht ohne Diktate, noch freilich ohne offene Diktatur! (17.07.10)
Der Kandidat des Volkes - Demokrat oder Faschist?
Woran erkennt man ihn? Er möchte keine Parteien mehr kennen, etwas was, was Markus Günther - Chefredakteur der AZ - zu schätzen weiß: "Seine Wahl würde Deutschland zu einem gedanklichen Sprung nach vorn verhelfen. Denn dann hätte sich erstmals gegen alle Logik des politischen Geschäfts, der Mehrheitsverhältnisse, des Fraktionszwangs und der Parteidisziplin einer durchgesetzt, den die Regierung nicht auf der Rechnung hatte. Nicht die Parteien hätten dann entschieden, sondern das Volk. Das nennt man Demokratie." (AZ, 08.06.10) Ziemlich genau so haben sich Hitler und Konsorten das auch gedacht: "Der Marxismus aber stellt sich als den in Reinkultur gebrachten Versuch der Juden dar, auf allen Gebieten des menschlichen Lebens die überragende Bedeutung des Persönlichkeit auszuschalten und durch die Zahl der Masse [Anm.: Die Unterscheidung von Volk und Masse war ihm geläufig.] zu ersetzen. Dem entspricht politisch die parlamentarische Regierungsform, die wir, von den kleinsten Keimzellen der Gemeinde angefangen bis zur obersten Leitung des gesamten Reiches, so unheilvoll wirken sehen. ... " (Mein Kampf, S. 498)
Des weiteren: "Natürlich wäre auch Christian Wulff demokratisch gewählt. Aber seine Wahl folgte den Gesetzen des Parteienstaates: Denn was die Schüler in der Schule lernen, daß also die 'Bundesversammlung' den Bundespräsidenten wählt und jedes Mitglied frei entscheidet, das ist, realpolitisch, einfach nicht wahr. Da 'die Koalition' gerade 'die Mehrheit' hat, entscheidet 'die Koalition'. Und weil da die CDU das Sagen hat, entscheidet die. Und weil in der CDU Frau Merkel entscheidet, hat sie letzte Woche Christian Wulff als Bundespräsidenten ausgesucht und auch gleich stolz präsentiert, so, als wäre die Abstimmung nur noch Zeremoniell. ... Für Gauck spricht aber bei weitem mehr als der wichtige Umstand, daß hier eine Art Aufstand gegen die Parteien stattfinden könnte. Für Gauck spricht auch, daß er ein rundum überzeugender Kandidat ist - im Wettstreit mit einem erschreckend farblosen Berufspolitiker, von dem man große Impulse nicht zu erwarten hat." (Günther)
"... man wird doch nicht etwa glauben, daß diese Auserwählten der Nation auch ebenso Auserwählte des Geistes oder auch nur des Verstandes sind! Man wird hoffentlich nicht meinen, daß aus den Stimmzetteln einer alles eher als geistreichen Wählerschaft die Staatsmänner gleich zu Hunderten herauswachsen." (Hitler, S. 96) Oder in der Version eines Ex-Bundespräsidenten: "Nach meiner Überzeugung ist unser Parteienstaat von beidem zugleich geprägt, nämlich machtbesessen auf den Wahlsieg und machtvergessen bei der Wahrnehmung der inhaltlichen und konzeptionellen politischen Führungsaufgabe." (R. v. Weizsäcker, Im Gespräch mit Gunter Hofmann und Werner A. Perger, S. 164)
"Den kritischen Maßstab, an dem der Faschist die Demokratie mißt, unterschreiben Demokraten also durchaus. Sie bestreiten nur mit aller Entschiedenheit den Vorwurf, die Demokratie würde diesem Maßstab nicht gerecht. Demokraten bestehen sogar darauf, daß bei aller berechnenden Kritik, den sie den politischen Konkurrenten um die Macht in punkto 'Populismus, Machtversessenheit und Machtvergessenheit' entgegenhalten, eines feststeht: Nur in der Demokratie ist die vollständige Emanzipation von den materiellen Interessen und den Launen der Privatperson ... herzustellen." (Konrad Hecker, Der Faschismus und seine demokratische Bewältigung, S. 167) Der [Kandidat] wollte Germanistik studieren und durfte nicht; der wurde Theologe, weil er an Werte und Mächte glaubt, die größer sind als jede Partei und jeder Staat; der führte den demokratischen Aufbruch an ..." (Günther)
"Nach germanischer Auffassung hat der Mensch nur Wert, soweit er Ehre besitzt. Ohne Ehre ist das Leben nichts lebenswert. Das Ehrgebot ist unbedingt und verpflichtend, alle anderen Bindungen des menschlichen Lebens treten zurück als zweitrangig. Die Wahrung der Ehre oder schließlich die Gewinnung von Ruhm und Ehre ist deshalb das Motiv altgermanischer Dichtung und Prosa... Das Ehrgefühl ist gleichbedeutend mit dem, was wir heute 'Gewissen' nennen. Die Stimme der Ehre, als Gewissensstimme, ist die letzte Instanz, die alles Handeln entscheidet. Ehre ist also gleichbedeutend mit Schicksal. Gegenüber dem äußeren Schicksal gibt es somit keine Willensfreiheit für den Germanen." (Meyers Lexikon, Dritter Band, Leipzig, 1937, S.450f.)
Hat der SED-Staat glatt etwas instinktiv - offenbar konnte er es nicht argumentativ vermitteln (warum gab es überhaupt ein Germanistikstudium in der DDR?) - kapiert, wes Geistes Kind der Typ ist, als er ihm das Germanistikstudium versagte? Hat der SED-Staat sich über Religion & Theologie insofern gern getäuscht, weil er selber eine Art Religion, seinen zur Weltanschauung verkommenen Sozialismus, vertrat?
"Gauck als Präsident, das hätte etwas Beunruhigendes. Also das, was Deutschland jetzt braucht." (Günther)
Auch wenn er nicht Alzheimer heißt, der Demokrat erkennt nicht den Faschisten in dem, der sich zum Führer erkoren sieht. [Daß so einer von der SPD ausgewählt wurde, ist übrigens mittlerweile ja geradezu typisch für die nationalistische Position der Sozialdemokratie.] (12.06.10)
"Wir wollen wahren die ewigen Fundamente unseres Lebens, unseres Volkstums und die in ihm gegebenen Kräfte und Werte, wir wollen die großen Traditionen unseres Volkes, seiner Geschichte und seiner Kultur in demütiger Ehrfurcht pflegen, als unversiegbare Quellen einer wirklichen inneren Stärke und einer möglichen Eneuerung in trüben Zeiten." (21.03.33) Schön, daß sein Sohn heute da mit einer Familienbiografie weiterarbeiten will, wo sein Alter aufgehört hat: "Vorarbeit hatte schon sein Vater geleistet. Der Gründer des Augsburger Zoos war »gezwungen«, Ahnenforschung zu betreiben, um seine arische Abstammung zu belegen. Das Ergebnis: Die Wegeles haben ihren Ursprung am Ammersee und können lückenlos bis 1605 nachgewiesen werden." (AZ, 25.05.10)
Die demokratische "Vergangenheitsbewältigung" machte es möglich, daß jener widerwärtige Kerl als FDP-Stadtrat (1952-72) von 1952 bis 1966 dritter Bürgermeister wurde. Die AZ hat bei einer Lobhudelei auf denselbigen dessen braune Ära von 1933 bis 1945 gekonnt ausgespart, damit kein trübes Licht auf den großartigen Demokraten fällt, zu dem er sich, ohne seine Meinung ändern zu müssen und ohne irgendwelche Konsequenzen aus seinen NS-Tätigkeiten fürchten zu müssen, "gewandelt" hatte.
Im übrigen drückt sich auch das kiloschwere, im Perlach-Verlag erschienene Augsburg-Lexikon um die Beleuchtung dieser NS-Figur, was für dieses umfassende Werk ja wohl mehr als peinlich ist.
(28.05.10)