Der Kampf von Jahr zu Jahr von Jugend an

Nostalgische Gefühle mögen den ein oder anderen älteren Arbeitnehmer beschlichen haben, als er bei Schichtwechsel vergangenen Dienstag an den Werkstoren einiger Augsburger Metallbetriebe ein rotes Flugblatt in die Hand gedrückt bekommen hat: Es roch nach Klassenkampf, erst recht als er das 12+ las: 12% mehr? Jetzt auf einmal, nachdem es ab 1. Juni gerade mal schlappe 1,7% gab, erhöht durch eine im August fällige Einmalzahlung von satten exakt 3,98% (womit der zwei-Wochen-all-inclusive Urlaub gerade so noch einmal gesichert sein könnte)? 12% mehr? Natürlich konnte davon nicht die Rede sein: Die 12-monatige Übernahmegarantie für Auszubildende in der Metallbranche ist nur bis Jahresende befristet und steht somit zur Disposition. Darauf wollten die Jugendlichen unter Regie der IG Metall hinweisen, indem sie den mangelnden öffentlichen Nahverkehr anprangerten und auf die Notwendigkeit eines eigenen PKWs aufmerksam machten. Zum einen ist völlig klar, daß die Jugend ein Auto braucht, um mobil zu bleiben, also eine Voraussetzung zum Ergattern eines Arbeitsplatzes zu erfüllen; ein Auto also braucht, gerade auch wenn sie arbeitslos ist, und, obwohl sie es sich von dem - dann nach 12 Monaten etwa doppelt so hohen - Arbeitslosengeld auch kaum leisten wird können. Zum anderen fragt man sich, ob es bei regnerischem Wetter coolen Spaß gemacht hat, schon in diesem jungen Alter auf den permanenten Kampf um Beschäftigung überhaupt eingestellt zu werden? Den nämlich möchte die IG Metall der Arbeitnehmerschaft niemals endlich einmal erspart haben, da würde sie ja glatt überflüssig, dann schon lieber das ein oder andere Mitglied... (25.07.08)

        Nachtrag: "The fight was right!"
Mittlerweile sehen sich die Jugendlichen bestätigt, weil ihre Übernahme weiterhin für 12-Monate garantiert ist. Freilich unter der Voraussetzung, daß sie IG Metall-Mitglied sind - auch die Gewerkschaft versteht sich also auf die Erpressung von Arbeitern, - in diesem Falle - von auszubildenden.
Wie unsicher der Status quo über kurz oder lang ist, wenn man blindlings der Gewerkschaft vertraut, ist freilich auch für Blinde nicht zu übersehen. Solange sie noch eine manövrierfähige Dispositionsmasse hat, solange kann sie dem Kapital etwas zur Disposition stellen. Allen (Pyrrus-)Siegen zum Trotz wird diese Masse von Jahr zu Jahr geringer. Gerade Jugendliche freilich lassen sich in ihrem Idealismus, auch für sie müsse vom Reichtum des Kapitals
etwas abfallen, darüber leicht hinwegtäuschen. In dieser Täuschung werden sie von beiden Seiten - schließlich haben Gewerkschaft und Kapital noch einiges mit ihnen vor* - auch noch bestärkt: Das ist der gute Grund dafür, daß dieser "Kampf" so schnell über die Bühne ging. (01.09.08)

*Arbeiten für die Firma oder gar die deutsche "Volkswirtschaft", für Deutschland ist eben alles andere, als für seine Bedürfnisse zu arbeiten: Soviel haben die Jugendlichen bei ihrem ersten "Kampf"einsatz natürlich auch mitbekommen.