IG METALL läßt f ü r das Kapital demonstrieren!
Und für den d e u t s c h e n Standort.
Die Belegschaft des Augsburger EADS-Werks, das in Verkaufsverhandlungen
steht, wurde von der IG Metall am 28.11. zu einem Aktionstag
aufgerufen. Es sollte ein Zeichen dagegen gesetzt werden, daß
diese Verhandlungen vereinbart wurden, ohne
zuvor Regelungen über den Erhalt der sozialen Standards, des
Kündigungsschutzes, der notwendigen Investitionen, der Beteiligung
am A 350-Programm und des Ausschlusses weiterer Verlagerungen zu
treffen. Nun könnte man denken, die IG Metall sitze dicke im
Aufsichtsrat des Unternehmens und bestimme mit, nichts könne also
an der Gewerkschaft vorbeilaufen...
Aber gut, vielleicht ist die Mitbestimmung ja auch viel weniger wert,
als die IG Metall in anderen Zusammenhängen nicht müde wird,
zu betonen.
Nehmen wir also die Sache für sich.
Das Kapital vergleicht weltweit Anlagemöglichkeiten. Das betrifft
nicht nur das Geldkapital, sondern ebenso das produktive Kapital - und
da ist es nicht von der Hand zu weisen, daß die von Airbus-Chef
Enders für die Verlagerung ins Spiel gebrachten Länder,
Rußland und China, durchaus eben auch ihre Standortvorteile
aufweisen, sowohl was das Lohnniveau, was die Absatzmärkte, was
das Knowhow im Bereich Flugzeugbau wie die dafür qualifizierten
Fachkräfte anbelangt. Die, die über kein Kapital
verfügen und daher ihre Arbeitskraft feilbieten müssen, sind
lebensnotwendig davon abhängig, daß das Kapital sie
gebraucht, also für seine Belange ausnützt und
verschleißt. Diese Abhängigkeit ist nun wirklich nicht
besonders toll, selbst für die besser Bezahlten, die zwar anders,
aber dafür oft genug umso mehr beansprucht werden.
Jetzt, nachdem die Firma schon durch eine ganze Anzahl von
Kapitalgesellschaften gegangen war - wer erinnert sich nicht an die
seinerzeitigen Messerschmitt-Werke? - jetzt, nachdem bislang so im
großen und ganzen alles reibungslos, d.h. zumindest ohne
großartige Massenentlassungen, für die Belegschaft verlaufen
war, jetzt auf einmal bekommt sie es endlich mit einer anderen
großen Schönheit des Kapitals zu tun: Ihre Arbeitskraft wird
international verglichen und gegen die in anderen Ländern möglicherweise gar ausgespielt.
Das,
nicht die Lohnarbeit als solche, nicht das Schuften und Buckeln, das
manche gar mehrere Jahrzehnte mehr schlecht als recht ausgehalten
haben, dieser Vergleich also wird jetzt auf einmal zum Anlaß des
Protests einer Gewerkschaft, die - so ihr plakatives
Selbstverständnis - für die Arbeitnehmerinteressen eintritt.
Am Schuften und Buckeln fürs Kapital nimmt sie nicht Anstoß,
im Gegenteil, das begreift sie ja nicht bloß als Grundlage,
sondern als - ziemlich kontrafaktisch - wirklich positive Grundlage. Sie verfertigt aus dem Ausnutzen der Arbeitskraft nämlich gleich das Argument, daß diese erfolgte Ausnutzung einen Anspruch auf weitere Ausnutzung beinhalten solle. Und damit das
auch dem Kapital einleuchten möge, möge doch die Gewerkschaft
als Arbeitnehmerinteressenvertretung da doch bitteschön ein
Wörtchen mitzureden haben!
Wenn sie denn dann mitreden darf, dann ist sie - so kennt man sie aus anderen Fällen - auch bereit, Zugeständnisse auf dem Rücken der Arbeitnehmer
zu machen. Die dürfen dann gesenkte Löhne, eine
Intensivierung ihrer Arbeit, eine Ausweitung und eine Flexibilisierung
ihrer Arbeitszeit hinnehmen und sich damit trösten, daß der
Standort A im Standort D erhalten bleibt. Dafür und für
nichts anderes hat die IG Metall demonstrieren lassen und damit ihre
gesellschaftliche Position auf Kosten derer, die sie vertritt,
gestärkt. Die IG Metall ist auf nichts stolzer als auf deutschen
Welterfolg, weil von ihm auch ein Schimmer auf sie abfällt, sie,
die ihre Arbeitnehmer so gut im Griff hat, daß auch EADS-Augsburg als "Perle" (Süddeutsche Zeitung), als Lieferant von Teilen für den Superairbus A-380 und für den Eurofighter, als führendes mit Faserverbundwerkstoffen arbeitendes Unternehmen,
erhalten bleibt, selbst wenn die Eigentumsverhältnisse sich
ändern sollten. Favorisiert wird deshalb, so die Augsburger Allgemeine,
die Bremer OHB Technology, der auch das Augsburger MT Aerospace
gehört. Schließlich gehört vor allem eine gescheite Kriegsindustrie
in deutsche Hand (und nicht in die der US-Firma Spirit Aerosystems) -
dafür wirft sich eine DGB-Gewerkschaft dann auch erst recht voll
ins Zeug. (In der Augsburger Traditionsfirma gab es übrigens auch
schon mal Idealisten des Kapitalismus, die Pläne in Sachen
Rüstungskonversion erarbeiteten, was so gar nicht nach dem
Geschmack ihrer - sie waren auch Mitglieder - IG Metall war.)
Was als Resultat abzusehen ist: Das Werk bleibt erhalten, die
Gewerkschaft läßt sich als Sieger feiern. Den Preis in Form
verschlechterter Löhne und Arbeitsbedingungen wird die Belegschaft
zu tragen haben. Aber für Deutschland und sein Kapital bringt man
bekanntlich jedes Opfer gerne und verbittet sich, mal darüber
nachzudenken, wie man die ganze Scheiß-Abhängigkeit mal
loswerden könnte. Kann es wirklich sein, daß die etwa 2.300
EADS-Arbeitnehmer in Augsburg ihren Geist schon so weit aufgegeben
haben, daß sie sich eh nur mehr
als Rädchen im Getriebe von international denkendem Kapital und
national beschränkter Gewerkschaft aufreiben lassen wollen?
(30.11.07)