Bibliothek-Eisstadion-Königsplatz - wie der Staat auf seiner unteren Ebene, der Kommune, seine Untertanen verarscht
              
1. Die Staats-und Stadtbilbliothek
Es mag ja bedauernswert sein, daß das Land Bayernkeine Gelder aus dem Landesetat für diese bedeutende Bibliothek übrig hat. Unseres Wissens ist die Landeshauptstadt München die einzige Kommune, die vom bayerischen Staat aus dem Kulturetat des Landes Zuschüsse erhält. Daß sich darüber ausgerechnet ein CSU-OB beklagt, ist insofern absurd, als er sich doch andererseits bester Beziehungen zur Münchner CSU-Landesregierung erfreut und sich ihrer zu rühmen nicht müde wird. Aber es verhält sich ja genau umgekehrt: Die CSU soll alles für die bayerische CSU tun, was den Verkauf bzw. das Verschenken Augsburger Kulturgüter mit einschließt. Man kann an dieser Stelle auch mal an die Schließung der Staatsgalerie am Wittelsbacher Park erinnern, deren Ausstellungsobjekte nach München gegangen sind. Ob sie dort irgendwo zu sehen sind oder in Archiven schlummern, entzieht sich unserer Kenntnis. Unter den Werken sind zum Beispiel die des durchaus zeitkritischen Augsburger Jugendstilkünstlers Max Kleiter.
Nun gut, die Affäre um die Stadt- und Staatsbibliothek ist abgewickelt, ihre Bestände bleiben zumindest bis zur nächsten Affäre in Augsburg. Im übrigen wird an dem Fall deutlich, wo die Bildungsrepublik Deutschland und eine Universitätsstadt wie Augsburg am liebsten sparen: An einer der Einrichtung, an dem viel von dem erforscht werden könnte, was die Republik als unzweckmäßig für die Mehrung ihrer Macht und die Produktivitätssteigerung ihrer Ökonomie betrachtet.
2. Das Curt-Frenzel-Stadion
Kultur- und Sportreferent Peter Grab ist regelmäßiger Besucher der AEV-Spiele. Umso peinlicher ist seine Performance in der Stadionaffäre: Die Tribünenplanung ist aufgrund der eingeschränkten Sicht für Stehplatzbesucher ein einziges Fiasko. Doch Grab stellt sich lieber hinter die verantwortlichen Bauträger, Herren namens Mathe und Öttl, die zu ihrer Rechtferetigung nichts als Unsinn erzählen. Nach Mathe ist die eingeschränkte Sicht auf Auflagen der DEL zurückzuführen, nach Öttl werde die Sicht nach Fertigstellung "annähernd" so gut sein wie vorher. So hat es dann einer der Verbesserungsvorschläge in sich: Auf der Längsseite soll es gar keine Stehplätze mehr geben: Sollen sich doch die Billiglöhner mit ihren Stehplätzen hinter den Toren zusammendrängen, wo sie kaum das Tor richtig sehen können (ähnlich wie bei der fertiggestellten Fehlplanung des Nürnberger Eisstadions). Und wenn sie das nicht wollen, sollen sie halt mehr Geld für die Sitzplätze berappen. Herr Grab ist Stadtrat der elitären Pro Augsburg-»Partei«, die ohne die großzügigen Sponsorengelder des FCA-Chefs Seinsch kaum öffentlich wahrnehmbar existieren würde, und hat dagegen - gegen die Darstellung genannter Herren - bislang keinerlei Einwände, im Gegenteil, er zieht im AEV-Forum lieber über einen Berichterstatter einer Versammlung her, an der auch Fans teilgenommen haben. Grab ist - das hat sich nicht nur bei seinen vielen nacheinander abgehefteten Frauen herumgesprochen - der Prototyp einer properen Erscheinung, unter der sich eine komplette Null verbirgt, also für die Demokratie gut zu gebrauchen. Daß OB Griebl ihn aus der Stadtregierung schmeißt, steht nicht zu befürchten, daß das Stadion in einer für Stehplatzbesucher unerträglichen Weise fertiggebaut wird, allerdings schon. Im übrigen dementiert Baureferent Merkle den besten Weg zur Selbsterkenntnis, wenn er laut DAZ (26.10.) darauf hinweist, daß, würde man nach der Öffentlichkeit gehen, man glauben könne, es sei ein Haufen Deppen am Werk. Und wer ist für die Planung des Mists verantwortlich, wenn nicht der Eigentümer des Stadions, die Stadt Augsburg? Zu ihrem eigenen Schaden, denn wenn kein Eishockey mehr stattfinden kann, weil die Zuschauer ausbleiben, dann fehlen der Stadt auch die Mieteinnahmen... Oder wie sieht Herr Merkle das? Ob auch das ganz im Sinne der Münchner CSU-Zentrale ist?
3. Der Königsplatz
Die SPD wollte nicht länger den Vorwurf auf sich sitzen lassen, sie betreibe mit ihrer Ablehnung der städtischen Umbaupläne das Geschäft der Tunnelbefürworter. Gleichzeitig suchte sie nach einer Lösung, aus ihrer Verantwortungslosigkeit in der Opposition herauszukommen. Und wie diese Partei so beieinander ist, ist ihr dafür jedes Mittel recht. Also warf sie sich in die Bresche für den Einzelhandelsverband, nach dessen idiotischer Meinung jedem Kunden ein - möglichst kostenfreier - Parkplatz vor dem Laden in der Innenstadt gebührt, den er besucht. So stellte sich die SPD also mit diesem Kapitalistenklub gegen die Autoverkehrsbefreiung der Konrad-Adenauer-Allee (wo übrigens die SPD ihr Parteibüro hat) und damit gegen ein Dichtmachen der Zufahrt zur Maximilianstraße über die Hallstraße, für die die Schüler und Lehrer des dort ansässigen Holbein-Gymnasiums seit Jahr und Tag kämpfen. Da die CSU durch einige Abtrünnige und unsichere Kandidaten - Leuten, denen in alter CSU-Tradition Tunnels das Höchste aller Tiefbaulösungen sind - geschwächt erscheint und sie auf die Stimmen der GRÜNEN zu setzen bereit waren, sah dei SPD ihre Stunde gekommen, sich an die CSU heranzuschleimen und an frühere gemeinsame Verantwortungsträgerschaft anzuknüpfen. So gelang es ihr, die Gribl-Lösung aufzuweichen - ganz im Sinne des Einzelhandelsverbands - und mit einem dem Bürgerbegehren entgegengestellten Ratsbegehren sich wieder ins politische Spiel zu bringen. OB Gribl sah in seiner parteibedingten Not offenbar das Bürgerbehren für einen Tunnel als so große Gefahr an, daß er diese Lösung einer zusammen mit den GRÜNEN getragenen vorzog.
Es wird also jetzt ein Bürgerbegehren der CSU-Minderheit und -Abtrünnigen von Tunnelbefürwortern geben, mit dessen Ablehnung man rechnen kann. Was aber noch lange nicht heißt, daß das Ratsbegehren, so es denn Erfolg haben sollte, eine Verbesserung für die Bürger beinhaltet, die darauf gesetzt hatten, daß damit eine verbunden sein müsse. Dafür hat die SPD jetzt gesorgt. Das war sie sich schuldig als Quittung für ihr verlorenes Bürgerbegehren zum Kö aus ihrer letzten Amtszeit.
Die maßgebenden Parteien im Stadtrat CSU, SPD und Pro Augsburg scheinen im Wettbewerb für Bürgerverarschung hervorragend, produktiv nämlich zu konkurrieren.
p.s. Die neuen Verhältnisse im Stadtrat
Nach diversen erfolgten Parteiwechseln - einige weitere sollen noch in der Luft hängen -, hat die CSU/Pro-Augsburg/OB-Regierung ihre Mehrheit eingebüßt und nur noch 30 von 61 Stimmberechtigten. Die FDP verlor ihren einzigen Sitz. Na und? Brennt jetzt irgendwas an? In der Sache ändert sich doch wieder einmal gar nichts. Schon gleich nichts für die vielbeschworenen »kleinen Leute«.
(27.10.10)