Ein Riesenzinnober: Wie Armut rechtsstaatlich bekämpft wird

Der Augsburger Stadtrat hat im September letzten Jahres "entschieden, einen Kriminalpräventiven Rat zur Kriminalitätsvorbeugung auf kommunaler Ebene und zur Erhöhung des Sicherheitsgefühls der Augsburger Bevölkerung zu installieren." So eine Pressemitteilung der Stadt Augsburg vom 29.03.07 und weiter: "Kriminelle sind selten Fremde, sondern meistens ortsansässig. Kriminalität ist daher vorrangig ein örtliches Fänomen." Die Kompetenz des Oberbürgermeisters und ehemaligen Richters und Staatsanwalts in diesen Fragen, Paul Wengert (SPD), wird diesbezüglich hervorgehoben. Federführung hat der Ordnungsreferent Kirchner, ebenfalls SPD, welcher mit seiner Blockwartmentalität auch genausogut in der NPD sein könnte. Kriminelle zum "ortsansässigen Fänomen" zu (v)erklären, ist der Zunahme häuslicher Gewalt sowie der Jugendkriminalität geschuldet - ist allerdings das genaue Gegenteil einer Erklärung. Die Wahrheit dieser Gewalt ist vielmehr darin zu suchen, daß die Stadt mit einer Zunahme an Armut konfrontiert ist, die sie aber gar nicht bekämpfen will, weil es eine produktive Armut ist, also im Sinne des Standorts diskussionslos erwünscht ist. Die Armut der Bevölkerung äußert sich in einer Zunahme von "sinnloser" Gewalt, also einer Gewalt, die auf der untersten staatlichen Ebene, der Kommune, dieser "Probleme" bereitet. Nicht die Armen haben also "Probleme", sondern die Stadt "Probleme" mit den Armen. Probleme, die natürlich auch wieder keine wirklichen sind, für die Verteidiger des staatlichen Gewaltmonopols. Da sie es allerdings für ein Versäumnis halten, erst immer im nachhinein mit dem Hammer des Gesetzes auf die Armen einzuschlagen, machen sie es jetzt verstärkt "präventiv". Die Titel dafür heißen zum Beispiel: Innenstadtsicherheit und städtebauliche Kriminalprävention, Förderung der Zivilcourage. Die Faschisten waren diesbezüglich mit ihren Blockwarten und der staatlichen Einmischung in private Angelegenheiten tendenziell also durchaus richtig gelegen. Umso mehr müssen die demokratischen Politiker betonen, mit denen rein gar nicht zu verwechseln zu sein; und der Augsburger Polizei, den Justizbehörden sowie selbst der Universität Augsburg leuchtet der vorgetragene Standpunkt so unmittelbar und gut ein, daß auch sie einer diesbezüglichen Zusammenarbeit zugesagt haben. In einer solch fulminanten Demokratie sind Nazis wirklich überflüssig!
Freerk Huisken, Kritiker der Erziehungswissenschaften, hatte anläßlich des exemplarischen Todes des "kleinen Kevin", um den die Blödzeitung im November so ein Tamtam veranstaltet hat, um eben solcherart staatliche Maßnahmen einzufordern, einen Text mit dem Titel "Armut kann man nicht verhaften" (pdf) geschrieben. (31.03.07)