Auszüge eines Artikels von Eckard Spoo für Die Stimme Rußlands (ГОЛОС РОССИИ)
" Dem
deutschen Botschafter in Belgrad, Andreas Zobel, fehlt es nicht an
Selbstbewußtsein. Er demonstrierte es dieser Tage auf einem
"Forum für internationale Beziehungen der Europa-Bewegung in
Serbien". Da drohte er den Serben: Das Kosovo-Problem sollte
schnellstmöglich im Sinne einer "überwachten
Unabhängigkeit" gelöst werden, andernfalls könnten
Probleme in der Vojvodina und im Sandschak "eröffnet" werden. Von
Diplomaten erwartet man üblicherweise eine höfliche,
zurückhaltende Sprache. Herr Zobel aber hielt es für richtig,
der Regierung des Staates, in dem er akkreditiert ist,
überdeutlich mitzuteilen, was er von ihr hält. Er sagte:
Serbien habe "eine bessere politische Elite" verdient. Wer so grob
poltert und die Politiker seines Gastlandes beleidigt, hat offenbar
anderes im Sinne, als sich beliebt zu machen. Für serbische Ohren,
vor allem für historisch geschulte, wurde hier ein teutonischer
"Herr im Hause"-Anspruch hörbar, dem es gleichgültig ist,
welche Sorgen und Ängste er weckt.
...
Wird der Protest {der serbischen Regierung gegenüber der deutschen}
wenigstens Nachdenklichkeit bei Zobels Vorgesetzten bewirken? Der
Auswärtige Dienst ist in vielen Ländern ein Hort des
Konservativismus, so auch und gerade in Deutschland. Über ganze
Generationen von Diplomaten hinweg wird dort Kontinuität gepflegt.
Eine Konstante deutscher Außenpolitik ist die Hochnäsigkeit
gegenüber Serbien. Und das Bemühen, Serbien zu
schwächen.
Nach den Erfahrungen des Ersten und
des Zweiten Weltkriegs hatten sich die südslawischen Völker
bundesstaatlich zusammengeschlossen. Der gemeinsame Partisanenkampf
gegen Hitler-Deutschland, an dem sich Menschen aller
Nationalitäten beteiligt hatten, gehörte zu den politischen
Grundlagen der Einheit Jugoslawiens in den Jahrzehnten unter
Präsident Tito. Unmittelbar nach Wiederherstellung der Einheit
Deutschlands 1990 begann die deutsche Außenpolitik wieder mit dem
Zerstückeln Jugoslawiens.
Trotz dringender Warnungen und
Beschwörungen des damaligen Generalsekretärs der Vereinten
Nationen, Perez de Cuellar, betrieb der deutsche Außenminister
Genscher die Unabhängigkeit Sloweniens und Kroatiens; darauf
folgte die Sezession Makedoniens, Bosnien-Herzegowinas, Montenegros.
Zum Teil führten die separatistischen Bewegungen zu
Massenvertreibungen, Gegenwehr, Bürgerkrieg. Serbien erhielt zwar
durch die Resolution 1244 des Weltsicherheitsrats internationale
Anerkennung für die Grenzen seines Territoriums
einschließlich Kosovo, aber die US-Regierung bestärkte
albanische Separatisten im Kosovo, die auch deutsche Unterstützung
erhielten. Mit der unwahren Behauptung, der serbische Präsident
Slobodan Miloševiċ wolle die albanische
Bevölkerungsmehrheit aus Kosovo vertreiben, begründete 1999
die NATO ihren Bombenkrieg gegen Serbien.
Seitdem steht Kosovo unter
internationaler Verwaltung, obgleich es völkerrechtlich weiterhin
zu Serbien gehört. Der finnische Diplomat Martti Ahtisaari empfahl
vor einigen Monaten die Abtrennung Kosovos von Serbien, Berlin spendete
kräftigen Beifall. In der deutschen Hauptstadt beschäftigt
man sich schon lange damit, für ein unabhängiges Kosovo eine
Verfassung auszuarbeiten. Woran es noch fehlt, ist die Zustimmung
Serbiens zur Preisgabe des Landesteils, der als die Wiege des
Serbentums gilt. Ob die Drohung des deutschen Botschafters, andernfalls
könnten Probleme in der Vojvodina und im Sandschak "eröffnet"
werden, ob also die Drohung mit weiterer Zerstückelung Serbiens
geeignet ist, die Politiker in Belgrad umzustimmen, wage ich nicht
vorherzusagen.
... "
(10.05.2007)