Balkan-Bürgerkrieg
Moralische und wirkliche Weltpolizei
Unzufrieden über den unzulässigen Krieg am Balkan
I.
Presse und Fernsehen versorgen die Deutschen täglich mit Berichten
über Greueltaten im ehemaligen Jugoslawien:
Freiwilligenverbände überfallen Dörfer und Städte,
massakrieren, vergewaltigen und vertreiben die Bewohner.
In Jugoslawien herrscht also Krieg. Allerdings ein Krieg, den nicht
fertige Staaten gegeneinander führen, sondern Volk gegen Volk;
neue Staaten sollen dadurch erst entstehen. Die aufgerührten
Völkerschaften des alten Jugoslawien haben aus dem Ende des
Sozialismus gelernt, bzw. sich von neuen nationalen Führern sagen
lassen, daß alles, was bei ihnen nicht nach Wunsch gelaufen ist,
seinen Grund darin hat, daß sie mit anderen Völkern
zusammenleben und teilen mußten. Die "Lehre", die sie
aus der Geschichte gezogen haben, lokalisiert das "Übel des
Sozialismus" weniger in einem falschen Wirtschaftssystem als
darin, daß er den Völkern die gegeneinander
rücksichtslose Verfolgung ihres nationalen Vorteils verboten, sie
stattdessen auf gemeinsame Entwicklung und Zusammenarbeit verpflichtet
hatte.
Slowenen, Kroaten, Serben und Muslime sind zu dem Schluß
gekommen, daß ihre Zukunft nicht von einer bestimmten
Wirtschaftsordnung abhängt, sondern davon, ob der Staat, der ihr
Wirtschaften anordnet, ein eigener ist. Sie wollen lieber sterben, als
weiterhin in einem Vielvölkerstaat zusammenleben und mit den
anderen auskommen. In einem Land, wo jahrhundertelang durcheinander
gesiedelt wurde und wo seit drei Generationen eine gemeinsame
Staatsbürgerschaft die Auflösung alter völkischer
Abgrenzungen förderte, werden nun also Kleinstaaten errichtet. Im
Stadium ihrer Gründung kennen diese nur die allerelementarsten
Staatsinteressen: Es geht ihnen um die Abgrenzung und Behauptung von
sich, ihrem Volk und ihrem Lebensraum. Sie gründen sich durch
Krieg. In Bosnien stehen sich drei Volksgruppen mit dem rassistischen
Willen zum eigenen Volksstaat gegenüber; gegen den muslimischen
Willen zum selbständigen Bosnien steht derjenige von Kroaten und
Serben zum Anschluß an ihre schon in der ersten Runde des Krieges
entstandenen neuen Vaterländer.
Da ziehen nicht Soldaten auf staatlichen Marschbefehl ins Feld, um
einen feindlichen Staatswillen zu brechen, vielmehr machen sich
bewaffnete Volksteile ziemlich autonom auf, um beanspruchten
Siedlungsraum von falschem Volk zu räumen. Es geht nicht um die
Veränderung bestehender Grenzen, es geht um die völlig neue
Errichtung von Grenzen. Kriegsgegner sind nicht nur die Bewaffneten der
anderen Seite, die mit umgekehrtem Vorzeichen das Gleiche wollen,
sondern jeder Ortsansässige, sofern er dem anderen Volk
zugerechnet wird. Jedes Dorf mit falscher Bevölkerung ist ein
lebendiger Einspruch gegen das nationale Recht auf ein exklusives
Territorium. Wenn die Eigenen durchs Blut zusammengehören, dann
sind Menschen anderer Nationalität ganz unabhängig von ihrer
politischen Loyalität geborene Feinde und Agenten der anderen
Seite. Sie müssen weg, damit das eigene Volk in Ruhe leben kann.
Greueltaten und brutale Siegerwillkür, wozu auch die massenhaften
Vergewaltigungen zählen, sind nicht nur wie in jedem Krieg
Vorrecht und Vergnügen einer Soldateska, die einen Privatgebrauch
vom Sieg über den Feind macht, sie sind nicht nur
Begleitumstände, sondern Kriegsmittel und zwar angemessene, wo es
um Vertreibung oder Ausrottung falscher Bevölkerung geht.
Was so gerne vergessen wird, sobald erst einmal ein innen und
außen unangefochtenes Gewaltmonopol etabliert ist, zeigen Staaten
in statu nascendi: Sie beruhen auf jeder Menge Gewalt. Im fertigen
Staat herrscht Gewaltfreiheit, weil sie von staatlichen Beamten in
Polizei und Militär monopolisiert ist, und sich die Bürger zu
ihrer politischen Herrschaft nachträglich bekennen. Bei den
Staatsgründungen am Balkan aber ist der völkische Wille zum
Staat das Erste; da ist der Volksgenosse einmal wirkliches Subjekt
seines künftigen Staates: Jeder ist aufgerufen, tätig zu
werden und mit seiner Gewalt den Staat zu errichten, indem er alle die
unterdrückt, verjagt und beseitigt, die nicht dazugehören und
daher das Programm nicht wollen. So etablieren die rassistischen
Mannschaften eine Herrschaft über sich, deren einziger Nutzen
darin besteht, daß sie die anderen ausschließt. Die
völkischen Staatsgründungen werden nicht erst, etwa durch
Grenzstreitigkeiten, feindselig gegen die Nachbarn von gestern, sie
sind es per se. Die Erwartung, die Zerschlagung und Teilung
Jugoslawiens würde sich friedlich, zivilisiert und unter Beachtung
aller Menschen- und Minderheitenrechte machen lassen, war von Anfang an
absurd.
Es versteht sich, daß im Kampf um Lebensraum alle Parteien tun,
was die Welt nur den Serben als Aggression und Expansion vorwirft: Alle
Seiten beharren sowohl auf alten jugoslawischen Verwaltungsgrenzen,
wenn diese weiter reichen als die völkische Besiedlung –
Kroatien in der Krajina und Banja –, wie auch auf Revision der
Grenzen, wenn jenseits davon Anspruch auf völkische
Siedlungsgebiete geltend gemacht werden kann – Kroatien in der
Herzegowina; in Bosnien kämpft eine moslemische
Bevölkerungsminderheit gegen den völkischen Neuordnungsdrang
der Serben und Kroaten um einen selbständigen bosnischen Staat,
den die Moslems gegenüber den beiden anderen Volksgruppen
dominieren würden. Unterschiede darin, wie sich die Kriegsparteien
aufführen und welches Bild sie der Welt bieten, haben mit dem
kleineren oder größeren Erfolg ihrer
Staatsgründungsprojekte zu tun – und nichts mit einer
moralischen Differenz ihrer Anliegen.
II.
Der völkische Staatsgründungskrieg am Balkan wird in
Deutschland als eine Ansammlung von Greueltaten zur Kenntnis genommen.
Folgt man den Anklagen der Leute, die die moralische und kritische
Öffentlichkeit bilden, müßte man glauben, daß es
in Jugoslawien um überhaupt nichts anderes geht als um
massenhaftes Vergewaltigen, ums Massakrieren von Zivilisten, um
Genozid. Unseren kritischen Moralisten fällt zu einem veritablen
Krieg nur das Stichwort Verbrechen (gegen die Menschlichkeit) ein
– und der Ruf nach Verbrechensbekämpfung. Was treibt sie,
daß sie sich und ihre Regierung zum Handeln herausgefordert
sehen, wenn "hinten in der Türkei die Völker
aufeinanderschlagen"? Im Fall Afghanistan können sie ihre
Betroffenheit doch auch zügeln!
1.
Die kritischen deutschen Meinungsbildner, die sich zugute halten,
human, mitfühlend und nicht politisch zu denken, stellen sich
blind gegenüber dem Umstand, daß sie es mit einem Krieg zu
tun haben, in dem mehrere Parteien ihre politischen Ziele mit
äußerster Konsequenz durchsetzen. Sie bilden sich ihre
Meinung über den bosnischen Krieg, sie nehmen Partei für die
Guten und gegen die Bösen, ohne die Kriegsziele der verschiedenen
Seiten – immerhin das, was die Parteien in ihr tödliches
Ringen geführt hat – überhaupt zur Kenntnis zu nehmen.
Was sie über den Krieg wissen wollen, finden sie heraus, indem sie
ihren brutal sachfremden Maßstab anlegen: "Dürfen die
das?" Entspricht das Betragen der Kriegsparteien den guten
Sitten, dem Völkerrecht, dem Gebot friedlicher Konfliktaustragung
oder wenigstens der Haager Landkriegsordnung – jenem nie
befolgten, aber herrlich humanen Ideal vom sauberen Krieg, in dem
ritterliche Heere sich wechselseitig matt setzen, mit nötigen
Metzeleien nicht sparen, unnötige aber strikt vermeiden und die
Zivilbevölkerung schonen? Nein, das Betragen entspricht nicht; es
liegen Verstöße vor!
Das Mitleid, das sich bei deutschen Feministinnen und anderen zur
schieren humanitären Verzweiflung steigerte, wußte stets,
woran es seine Empörung schärfen, wofür es sein
Mitgefühl verschwenden sollte. Von dem ganzen Krieg mit seinen 200
000 Toten, Krüppeln und auf lange zerstörten Lebensgrundlagen
gelangten die Massenvergewaltigungen an die erste Stelle der
humanitären Aufmerksamkeit – Terror in Gefangenenlagern und
die Vertreibung von Zivilbevölkerung folgten auf den Plätzen.
Das Schlimme am Krieg sind die Kriegsverbrechen; sie verletzen anders
als Bomben und Granaten im Kampf nicht nur Menschen, sondern deren
Rechte – und das halten deutsche Humanisten auf ihrer
Anstandsskala für sehr viel gewichtiger: Je höher und
umfassender die Rechte ausfallen, die verletzt werden, desto klarer,
daß die Parteien vor Ort das "nicht dürfen",
daß sie mit ihrem Krieg nicht nur sich wechselseitig einiges
antun, sondern in viel grundsätzlicherem Sinn Unrecht tun. Die
Leute, die "dem Morden nicht länger zusehen
können", geben ihr Engagement gerne als menschliches Mitleid
aus; tatsächlich präsentieren sie sich als die "selbsternannten" Träger eines moralischen
Richteramtes, die sich empören und betroffen sehen, nicht wenn
Bosnier oder Serben, sondern wenn Maßstäbe verletzt werden,
zu deren Hüter sie sich aufwerfen.
Vergewaltigungen, die immerhin meistens überlebt werden,
überwiegen im moralischen Urteil alle anderen Kriegsgreuel und
geben Anlaß zu äußerster Empörung, weil das klare
Verhältnis von unschuldigem Opfer und gewalttätigem
Täter diesem Urteil so schön entgegenkommt – und weil
die deutschen Frauen sich nun einmal zum Wächter der weiblichen
Würde ernannt haben: Was deutsche Frauen am meisten verletzt, ist
auch in Bosnien die schlimmste Untat.
Vielen, die sich moralisch herausgefordert fühlen, genügt das
Faktum der Vergewaltigungen, die auf allen Seiten vorgekommen sind,
aber noch nicht. Sie prüfen, ob gegen bosnische Frauen die
Vergewaltigung nicht "strategisch" und "als
politische Waffe eingesetzt" wird. Strategische Vergewaltigung
rechnen sie in ihrer Rangordnung des Bösen noch um einiges
höher, als wenn nur massenhaft Frauen geschändet werden.
Nicht für die Opfer wird da ein Unterschied behauptet, sondern
für die Täter: Das Kriegsverbrechen ist keine Untat
einzelner, sondern politisches Programm. Der Übergang vom Mitleid
mit den Menschen zur Be- und Entschuldigung der nationalen Kollektive,
die im Krieg liegen, ist fertig, wenn der politische Zweck der
strategischen Vergewaltigung ausfindig gemacht ist: "Genozid". Die Empörung gilt hier einem
Völkermord, bei dem ausnahmsweise das Volk nicht durch die
Ermordung seiner Exemplare "gemordet" wird, sondern durch
falschen, "volksfremden" Nachwuchs; sie gilt einem
Völkermord, der gar nicht in der Tat liegt, sondern im Motiv der
Täter und in der Deutung der Opfer; diesen "Genozid"
würde niemand entdecken, wenn Bosnier wie Serben nicht
gleichermaßen rassistisch fanatisiert wären.
In der Kategorie des Völkermords hat das moralische Richten das
schlimmste verfügbare Delikt festgestellt, mit ihm werden
nationale Kollektive nach Täter und Opfer sortiert: Eines der
Völker ist – stellvertretend in seinen Frauen – das
unschuldige Opfer, ein anderes Volk – stellvertretend in seinen
Männern – Täter.
2.
Die moralischen Richter über das Kriegsgeschehen beanspruchen auf
der Seite der Opfer, der Schwachen, der Menschen zu stehen. Menschen
und Opfer aber gibt es auf allen Seiten – und Täter
ebenfalls. Es scheint ihnen vernachlässigbar, daß sich die
neuen Volksgemeinschaften intern gliedern in nationale Aktivisten,
denen ein eigener Staat jeden Blutzoll wert ist, und in die Masse, die
ihn dann bringt. (Viele der völkisch fanatisierten Jugoslawen
spielen beide Rollen zugleich.) Die moralische Parteinahme für
Kriegsopfer, die sich so unwidersprechlich unpolitisch und human gibt,
bezieht sich nicht auf Menschen, sondern auf Völker: Die Serben
sind böse, die Bosnier sind unschuldige Opfer, und die Kroaten
irgendwo dazwischen. Woher gewinnen Menschenfreunde diese
Unterscheidung? Warum fallen die Massaker und Greueltaten, die auf das
Konto der beiden letztgenannten Volksgruppen gehen, vor dem moralischen
Gerichtshof nicht ins Gewicht? Dafür berufen sich die guten
Menschen wiederum darauf, daß auf der unterlegenen Seite die
größere Menge Opfer anfällt. Irgendwann sollte man sich
also doch einmal entscheiden: Entweder die Opfer sind das Argument,
dann sprechen sie gegen den völkischen Wahnwitz, der sie fordert,
also gegen alle Parteien; oder man sortiert nach Völkern, dann
sind die Opfer gar kein Argument. Deutsche Moralisten werfen beides
zusammen, "begründen" mit der Quantität der Opfer
ihre Parteinahme für und gegen die Volksgruppen, kommen sich damit
ungemein unparteiisch vor – und verraten doch bloß die
politische Schlagseite ihrer Moral. Es ist ihr Schwindel, sie
wären – quasi blind, nur in der Logik ihrer Parteinahme
für die Armen und Schwachen – auf ausgerechnet die
Kriegspartei als einzig angemessenen Adressaten ihres Mitgefühls
verfallen, die eine reine Schöpfung der deutsch-europäischen
Anerkennungspolitik ist. Mit ihrer moralischen Unterscheidung folgen
sie der offiziellen politischen Sortierung, der sie mit ihrem
moralischen Engagement Aufträge zu erteilen meinen.
Die engagierten Deutschen, die zur Solidarität mit den
geschundenen bosnischen Menschen aufrufen, heucheln, wenn sie für
ihre Be- und Entschuldigungstheorie nicht mit politischen Argumenten
eintreten, sondern auf die Unwidersprechlichkeit eines Mit-Gefühls
plädieren. Tatsächlich tun sie nichts anderes, als Partei in
einer höchst politischen Frage zu ergreifen: Warum soll es kein
serbisch dominiertes Jugoslawien, stattdessen lauter völkisch
definierte Kleinstaaten geben? Aber darüber diskutieren unsere
Menschenfreunde nicht, sie würden nicht einmal zugeben, zu dieser
Frage eine Position zu haben.
Wenn erst einmal unter Berufung auf menschliches Leid für die
nationale Sache der Bosnier Partei ergriffen ist, dann bleibt’s
auch dabei; die Gleichsetzung ist nicht umkehrbar: Noch hat keiner
gefordert, daß das Leiden durch eine bosnische Kapitulation
beendet werden sollte. Vom Standpunkt der bedauerten Opfer aus
wäre das sehr sinnvoll, manche Leiche ließe sich sparen.
Aber so funktioniert das Mitgefühl mit unschuldigen Opfern
offenbar nicht: Wenn die bosnische Regierung den UN die Evakuierung der
verhungernden Bewohner ostbosnischer Städte verbietet, weil
dadurch ihr lebendiger Territorialanspruch – die ethnische
Zusammensetzung der Bevölkerung – untergraben würde,
dann ist das kein Fall für humanitäre Proteste. Niemand
beschuldigt die Mannschaft um Izetbegović des Zynismus gegen die
eigenen Leute. Die Forderung nach Verzicht auf nationale Ambitionen
folgt aus noch so schlimmen Kriegsleiden der guten Seite nie. Ganz im
Gegenteil: Zartfühlenden Deutschen leuchtet es ein, daß die
Völker Jugoslawiens nicht zusammenpassen und nicht unter ein
staatliches Dach gezwungen werden dürfen. Daß ein bosnischer
Staat, in dem Serben, Kroaten und Muslime zusammenleben, erhalten
werden muß, erscheint ihnen dagegen als
unveräußerliches Menschenrecht, das Gegenteil, ein serbisch
dominiertes Bosnien, als reine Vergewaltigung.
Das ist das eine. Das andere ist die Blindheit, mit der dieses
moralische Richtertum auch wieder umgekehrt daran festhält,
daß seine Zuteilung nationaler Rechte an die Bosnier und seine
Verurteilung serbischen Unrechts, seine Definition von Völker- und
Menschenrecht dann doch nichts anderes sei als die Garantie, daß
keine Weiber geschändet und keine Kinder gemeuchelt werden –
wenn sich daran gehalten würde. Aber es wird sich ja nicht daran
gehalten. "Wir" sind gefordert.
3.
Der Papst sagt es der Christenheit gelegentlich seines österlichen
Urbi et Orbi; hinter ihm schart sich die ungewöhnlichste Koalition
von rechtsaußen und linksaußen in der deutschen Politik
– von Schwarz-Schilling bis Rupert Neudeck, Daniel Cohn-Bendit
von den Grünen und Vera Wollenberger vom Bündnis 90 –
und sekundiert seinem Appell:
"Stoppt den Krieg! Ich flehe Euch an, macht den unsagbaren
Grausamkeiten ein Ende, mit denen die Würde des Menschen verletzt
und Gott beleidigt wird. Niemand kann angesichts des schrecklichen
Dramas in Bosnien sagen: ‚Ich habe es nicht gewußt!‘
Niemand kann sich für unbeteiligt halten an solch tragischen
Geschehnissen, die Europa demütigen und die Zukunft des Friedens
gefährden."
Kirchgänger und andere lassen es sich gesagt sein, daß sie
den Krieg am Balkan zu stoppen hätten, weil sie sich nicht
unbeteiligt fühlen dürfen, obwohl sie es sind. Sie haben die
Völker am Balkan wahrlich nicht aufeinander gehetzt, sie brauchen
sich nicht schuldig fühlen und können auch mit noch so viel
Betroffenheit und gutem Willen den Kampf fanatisierter Nationalisten
nicht stoppen. Andererseits will der dringende Aufruf, "wir" sollten
uns nicht unbeteiligt fühlen und "irgendetwas dagegen tun", aber
auch keine Prüfung
anregen, ob und wie "unsere" Staaten an den unsagbaren
Grausamkeiten "nicht unbeteiligt" sind. Nein, die Vertreter
des Guten auf Erden glauben gar nicht, daß die europäischen
Staaten mit dem Schlachten etwas zu tun haben. In der Sache gehen sie
fest von "unserer" Nichtbeteiligung aus und davon,
daß die Scheußlichkeiten die alleinige Angelegenheit der
jugoslawischen Kriegsparteien sind. Vom wirklichen Imperialismus wollen
die Moralisten der Weltordnung nichts wissen, sie haben einen eigenen,
guten: Sie halten es nicht aus, mit etwas einfach nichts zu tun zu
haben. Komischerweise engagieren sie sich immer ausgerechnet für
oder gegen das, was ihre Regierung gerade zum nationalen Thema macht
– aber das ist ihnen glatt egal, oder sie sehen es sogar einfach
umgekehrt. Sie übernehmen jede Verantwortung – nicht
für das, was ihre Regierung wirklich anstellt, dafür umso
mehr für das Gute, das durch sie geschehen soll.
Und das ist sie dann auch schon, ihre ganze Theorie des Krieges:
Unerlaubte Greueltaten finden statt, weil sie nicht unterbunden werden.
Die Unschuld ist ohnmächtig, weil von der befugten Macht der
Richtigen kein Gebrauch gemacht wird. Es fehlt an Aufsicht und
Oberhoheit, die unerlaubte Gewalt nicht aufkommen lassen würde.
Was man Titos Staat, der ja unbedingt zerschlagen werden mußte,
zum Vorwurf macht – Oberaufsicht über die Vielvölker
–, das fehlt jetzt. Dieser Mangel ruft nach Ersatz. So fordern
sie die ordnungs- und friedenstiftende Intervention und halten sie
unbeirrt für Hilfe.
Daß den Jugoslawen gar nicht zu helfen ist, solange sie von ihrem
nationalistischen Wahnsinn nicht lassen, das lassen die moralischen
Aufseher nicht gelten. So sehr sehen sie sich für Wohl und Wehe am
Balkan zuständig, daß sie die Rückkehr von Vernunft und
Gesetzlichkeit nie einer besseren Einsicht der Jugoslawen
überließen. Wie unzugänglich fanatisierte Nationalisten
für gute Worte sind, und daß sie nur die Sprache der Gewalt
verstehen – das wissen unsere Vernunftbringer nur zu gut –
aber immer nur bei der einen Seite! Also sinnen sie auf Hilfe, die
solchen Schwerhörigen eingeht. Kritik des Nationalismus finden sie
unrealistisch und unpraktisch – realistisch und
friedensfördernd finden sie es dagegen, UN-Bomben zu
Transportmitteln ihrer Friedenswünsche zu machen. Das ist schon
praktisch – aber nicht gerade für die armen bosnischen
Opfer, sondern für die deutsche Regierung.
4.
"Ich verstehe nicht, warum wir tatenlos zusehen, wie
Hunderttausende Menschen abgeschlachtet, vertrieben, vergewaltigt
werden. Politischer Druck und Blauhelme haben in Jugoslawien niemanden
abgeschreckt, viele Länder mißachten die
Wirtschaftssanktionen, die Palette nichtkriegerischer Drohungen ist
aufgebraucht. Jetzt können nur noch militärische Schritte
folgen... Im vergangenen Winter, in Jugoslawien, nahm ich
endgültig Abschied von meiner Wehrdienstverweigerung. Denn stell
dir vor, es ist Krieg und keiner hilft." (Die Zeit Nr.15, 9.4.93)
Soviel ist diesem Wehrdienstverweigerer, der sich als ideeller
Teilhaber an einem Welt-Gewaltmonopol aufführt und damit "helfen" will, klar, daß die Praktizierung seiner
guten Absichten nicht bei ihm liegt, sondern sich als
Interventionsforderung an die deutsche und internationale Politik
richtet. Dabei drücken ihn seine früheren Zweifel nicht mehr,
ob er im Bonner Verteidigungsminister, in Nato und WEU auch die
richtigen Ansprechpartner für seine Forderung nach "wirksamer Durchsetzung der Hilfe" gefunden hat. Die
eigenartige humanitäre Einmischung von EG und UNO, die den Krieg
mit Versorgungskonvois, Evakuierungsmaßnahmen, Schutzzonen und
Friedensverhandlungen begleitet, gilt dem Weltordnungs-Amateur als
schönster Beweis lauterer Absichten. Ein Imperialismusverdacht
kommt gar nicht erst auf, eher schon der, die deutsche Politik –
und nicht nur sie – wolle sich aus Feigheit oder nationalem
Eigennutz heraushalten. Während tatsächlich Deutschland und
Europa einiges zum Anheizen und zur Ausweitung dieses Krieges
beigetragen haben, sieht der frühere Kriegsgegner nur
Unterlassungssünden und fehlendes Engagement in Sachen
Friedensstiftung. Er hat nämlich die Logik von Ultimatum und
Eskalation schätzen gelernt, verstanden, daß, wenn die
weichen Formen der Erpressung nicht fruchten, nur Gewalt bleibt –
und er sieht diese Logik von den dazu befugten Mächten verletzt.
Der moralischen Qualität der Intervention ist er sich so sicher,
daß er als ernsthafte "Durchsetzung von Hilfe"
nurmehr Maßnahmen gelten ließe, die er unter anderen
Umständen und bei Zurechnung anderer Motive eindeutig als
Großmachtpolitik und Kriegstreiberei identifiziert hätte.
Von Nato-Generälen müssen sich solche Friedensbringer dann
sagen lassen, daß die Hilfe, die sie meinen, ja wohl in einem
regelrechten Kriegseintritt besteht; sie selbst wissen es gar nicht so
recht. Sie wollen ja nur die Durchsetzung eines Gewaltmonopols, das der
Weltordnung, dem Völker- und Menschenrecht Geltung verschafft und
den Menschen den Frieden dieser Ordnung sichert. Die Enthüllung,
daß sie den Bosniern durch die Ausweitung des Balkankrieges und
den zusätzlichen Kriegseintritt von ein paar Weltmächten das
Leben retten wollen, würde sie vielleicht erschrecken, vielleicht
in der Frage der Mittelwahl spalten, letztlich aber ziemlich
unbeeindruckt lassen, weil sie unausgesprochen längst auf die
absolut überlegene Gewalt der Weltmächte setzen. Ihnen trauen
sie die Kriegsentscheidung per Machtwort zu oder wenigstens durch eine
schnelle und unangefochtene Militäraktion in der Art, wie die
Polizei eine Schlägerei unterbindet.
5.
"In Sarajewo stirbt Europa!" (Demo-Parole, München)
Da ist ein ungewöhnlich windschiefer Kriegsmoralismus entstanden,
der kritische Redakteure, Feministen und Pazifisten ergreift –
Leute, denen man eine moralische Abscheu vor imperialistischen
Großtaten zugetraut hätte. Dieser Moralismus hält sich
zugute, daß nicht für enge Nationalinteressen zur Gewalt
gegriffen werden soll, sondern pur für Frieden, Völkerrecht
und Ordnung zwischen den Staaten. Vernunft und Frieden sollen dadurch
einkehren, daß jeder Krieg zwischen unbefugten autonomen
Kriegsparteien von den zur Aufsicht befugten Weltmächten bekriegt
wird. Das gute Gewissen, mit dem sich da schweren Herzens zum schlimmen
Mittel Krieg entschlossen wird, "um Schlimmeres zu
verhüten", lebt geradezu davon, daß seine Vertreter
keinen nationalen Vorteil darin entdecken können. Wenn sie die
größten Weltmächte zur unbedingten Einmischung in die
inneren Angelegenheiten beliebiger Länder auffordern, meinen sie
eher, unwilligen Nationen eine Pflicht abzuverlangen, als nationale
Machtinteressen moralisch zu heiligen. – Aber sie tun es!
Sie beauftragen ihre Nation und deren Partner zum Krieg und sprechen
sie damit als Weltaufseher an. Der Auftrag "Weltordnung
sichern!", der ihnen die Wertigkeit und den Gegensatz zu
Imperialismus und Großmachtallüren verbürgt, ist
zugleich der denkbar umfassendste Imperialismus: "Schafft
Ordnung!" – ist dasselbe wie: "Sorgt dafür,
daß sie euch gehorchen!" – "Macht sie Euch
untertan!" Daß es nicht nur das deutsche Wesen ist, an dem
die Welt genesen soll, sondern gleich der Ordnungsanspruch des ganzen
Bündnisses, scheint die Aufsicht und Herrschaft über andere
Nationen zum Dienst an ihnen zu machen.
Diesen Leuten ist Bushs Neue Weltordnung zu Kopfe gestiegen. Wie es
sich für Idealisten der Neuen Weltordnung gehört, wissen sie
über ihre moralischen Umwege am Schluß doch ganz gut, worum
es geht – und worum nicht. Ihre Kunst des Übergangs vom
Mitleid zum moralischen Richteramt, von der Entscheidung der
Kriegsschuldfrage zur Forderung nach militärischem Eingreifen
kommt am Schluß auch noch zu einer Neudefinition des
Kriegsopfers: Mehr noch als die Bosnier oder sonst wer werden durch die
Fortdauer des Balkankrieges die Aufsichtsmächte und ihr Ansehen
beschädigt. In Sarajewo stirbt nicht etwa Sarajewo, noch nicht
einmal das Völkerrecht, sondern Europa – jenes wunderbare
Versprechen von Zivilisation und Frieden, das einzulösen "wir"
nicht den Moslems, schuldig sind, für die "wir" sonst ja auch
nicht viel übrig haben, sondern "uns"! Die DDR-Dissidentin Vera
Wollenberger spricht
Klartext und bekennt, was sie bewegt, wenn sie die "Situation der
Moslems in Bosnien mit der im Ghetto von Warschau 1943"
vergleicht?
"Die Völkergemeinschaft hat nur noch die Möglichkeit,
der vollständigen Ermordung dieses Volkes zuzusehen oder rasch und
entschieden militärisch zu intervenieren. Eine
Völkergemeinschaft, die zuläßt, daß ein Volk
massakriert wird, verliert für jeden künftigen Konflikt ihre
friedensstiftende Autorität." "Verteidigungsminister
Rühe äußerte seine Sympathie und seinen Respekt
für diese Rede." (FAZ 22.4.93)
Was ist schon das Schicksal der Bosnier, wenn die friedensstiftende
Autorität der Hauptmächte auf dem Prüfstand steht? Wenn
die befugten Mächte in einer so zweifelsfrei moralischen
Auftragslage nicht schießen, dann könnten sie in Zukunft
– nach dem schönen Doppelsinn von Autorität –
sowohl Recht wie Macht dazu verlieren: Ihre Glaubwürdigkeit als
Ordnungsmacht leidet: die Welt hört nicht mehr auf sie; und ebenso
ihr moralisches Gütesiegel: Wer jetzt nicht schießt,
gerät in den Verdacht, wirklich nur zum nationalen Vorteil Krieg
zu führen.
6.
Mit ihrem Radikalismus, daß Deutschland als Ordnungsmacht auf dem
Prüfstand sei, hat die moralische Kriegsbereitschaft die Politik
überholt, findet sie zögerlich, kalkulierend und vorsichtig,
wo es doch um entschlossene Rettung der Humanität per
Militärexpedition geht. So kommt es zu einem durch und durch
verdrehten Einverständnis und verlogenen Streit zwischen den
ideellen Wächtern über ein weltweites, wohltätiges
Gewaltmonopol und den Praktikern der neuen Weltordnung. Jene fordern
eine deutsche, europäische, UN-Zuständigkeit für die
Verhältnisse – nicht nur – am Balkan, diese lassen es
sich gesagt sein und äußern Respekt. Volker Rühe
bedankt sich dafür, daß die Wollenberger alle bisherige
Intervention der Bundesregierung in Jugoslawien als moralische Pflicht,
als Hilfe und Friedensstiftung deutet. Gefallen läßt er sich
den dazu passenden Vorwurf, daß die guten Bonner
Interventionstaten bisher noch völlig unzureichend ausgefallen
seien!
"Wenn wir Politik aus moralischem Antrieb machen wollen, dann
müssen wir uns heute wie ’68 bedingungslos und, ohne immer
an die Folgen zu denken, auf die Seite der Schwachen stellen. Es darf
nicht sein, daß wir uns nur engagieren, wenn es wie beim
Vietnam-Krieg gegen die Amis geht. Heute müssen wir genauso
konsequent gegen die Serben auftreten und fordern, daß sie
gestoppt werden."
Daniel Cohn-Bendit verwaltet das 68er-Erbe auf seine Weise: Damals rief
man "Ami go home!" und forderte, der Imperialismus solle
die Völker in Ruhe lassen, weil man dem Weltpolizisten ein
Beherrschungs- und Ausbeutungsinteresse gegenüber der von ihm
kontrollierten Welt zutraute. Heute fordert derselbe moralische Impuls,
die Großmächte sollten sich in auswärtigen Kriegen
engagieren, weil es für diverse Völker das Schlimmste sei,
sie blieben sich selbst überlassen. Heute werden die Regierungen
der bedeutendsten Mächte national-egoistischer Kalkulationen
bezichtigt, weil sie (noch) nicht einmarschieren. Daß es am
Balkan anders als in Kuwait kein Öl gibt, sagt den Idealisten des
pflichtgemäßen Krieges alles. 1968 wendete sich die Kritik
gegen die außenpolitischen Ziele der Nato-Staaten, heute wendet
sie sich gegen eine vermeintliche Vorsicht bei der Durchsetzung
vermeintlicher, aber gebilligter Ziele.
Kein Wunder, daß die deutschen Politiker sich dieser Kritik
anders als damals stellen, ja sich sogar kurz ein bißchen
kleinlaut geben. Sie reden sich mit Schwierigkeiten heraus – die
Verbündeten, die Unzugänglichkeit des Geländes, die
Gefährdung der humanitären Hilfen durch Bombenangriffe etc.
–, und weil diese Lauheit den moralischen Kriegseifer erst recht
anstachelt, kommen sie den Moralisten in ihrer Sprache: mit moralischen
Retourkutschen. Jetzt kehren pensionierte Generäle gegenüber
den zum Krieg bekehrten Pazifisten den Friedensbewegten heraus und
geben zu bedenken, daß Bombardements serbischer
Artilleriestellungen auch unschuldige Zivilisten treffen würden
– als ob sie das sonst als Einwand gegen ihr Handwerk gelten
lassen würden. Altkanzler Helmut Schmidt warnt vor deutschen
Soldaten am Balkan, weil eine nicht ganz erfolgreiche deutsche
Friedensstiftung vor 50 Jahren viel böses Blut und bis heute
nachwirkende Vorurteile gegen uns geschaffen hat. Ignatz Bubis sieht
die Sache umgekehrt genauso: Er meint für ihre alten Sünden
am Balkan seien die Deutschen Wiedergutmachung schuldig, zur
Abwechslung hätten sie nun die Pflicht zur gelungenen
Friedensstiftung und zur Verhinderung eines Genozid. Joschka Fischer,
Cohn-Bendits Lieblingspolitiker, der mit ihm zum 25-jährigen
Jubiläum des Vietnamkriegs-Protests öffentlich Worte
gewechselt hat, hält dessen sehr ehrbarem moralischen
Draufgängertum entgegen, daß er als Politiker nicht mehr so
leicht und radikal Entschlüsse fassen könne, wie "wir
es ’68 getan haben" – schließlich befinde er,
Fischer, heute nicht nur über sich, heute "entscheiden wir
über unsere Kinder, und darüber, ob und wofür diese in
letzter Konsequenz auch sterben sollen. Das will noch und noch einmal
überdacht sein!"
Beide Seiten berufen sich auf Pflichten und entgegenstehende Pflichten
und sorgen so dafür, daß die wirklichen Handlungsgründe
und die wirklichen Hemmungen des deutschen Engagements am Balkan nie
zur Sprache kommen. Die angegriffenen Politiker denken gar nicht daran,
die moralische Anklage mit der Wahrheit abzuwehren und ihren Kritikern
mitzuteilen, daß es bei ihren Bemühungen um die Neuordnung
Europas um anderes geht als um die Verköstigung eingekesselter
Bevölkerung oder die Verhinderung von Vergewaltigung. Sie bedanken
sich für die Veredlung ihrer Außenpolitik zur moralischen
Pflicht, lassen sich den Vorwurf von Halbherzigkeit und
Unentschlossenheit machen – und folgen ihm dennoch nicht. Sie
achten und verachten die Moralisten zugleich, geben ihnen recht, aber
keine Richtlinienkompetenz. So rücken sie die Moralisten dorthin,
wo sie hingehören: Sie sind die Affen der Politik, sie heiligen
deren Treiben durch die Zuschreibung höherer und
allerhöchster Motive. Aber zu sagen haben sie nichts. Ihr ganzes
Engagement ist nämlich nichts weiter als ein Abfallprodukt der
Widersprüche, die sich die wirklichen Mächte leisten, seitdem
sie ihre Zuständigkeit für Jugoslawien ausgesprochen und
wahrgenommen haben; Widersprüche, die auftreten, wenn
Weltmächte einen Krieg betreuen.
III.
Die Weltaufsichtsmächte des Westens üben an ihrer
Intervention in Jugoslawien inzwischen heftige Selbstkritik. Ihre
Präsenz auf dem Kriegsschauplatz ist von den Parteien vor Ort
nicht so beherzigt worden, wie sie gemeint war: als unwidersprechliches
Recht der EG, Grenzen, Staaten und Völker am Balkan so
einzurichten, wie sie es rechtens findet. Daß ihre Einmischung
bislang so wirkungslos blieb, führen die Akteure selbst auf ihre
Uneinigkeit zurück. Die müssen sie überwinden, um ihrer
ursprünglichen Ambition Geltung zu verschaffen. Eskalation tut not.
1.
Inzwischen sehen es die Regierungszentralen ähnlich wie ihre
radikalisierten Kriegsmoralisten: "Die humanitäre
Intervention ist gescheitert." Sie finden es lächerlich,
daß sich die größten Militärmächte in den
Balkankrieg mit Rosinenbombern eingeschaltet haben, daß sie
bloß Hilfskonvois in belagerte Städte geschickt und
dafür sogar die Erlaubnis der Belagerer eingeholt haben. Das
geringe Maß an Gewalt, das von den Blauhelmen ausgeübt wird,
erscheint ihnen völlig unzureichend, weil es den Anspruch nicht
eingelöst hat, den sie damit erhoben haben – nämlich:
Wo sie mit ihren Konvois zwischen die feindlichen Linien fahren, da
hört das Schießen auf; wenn sie zum Versorgen anrücken,
dann haben die Kriegsparteien den Streit, für den sie gerade
töten und sterben, einzustellen und etwas Höheres
anzuerkennen: das Ordnungsrecht der EG-Mächte. Nicht an der
humanitären Versorgungsleistung, von der ja soviel zustande kommt,
wie die Interventionsmächte wollen, sondern an dem Anspruch auf
Aufsicht, der damit erhoben ist, werden die abgeworfenen Essensrationen
gemessen und unnütz gefunden.
Die europäischen Großmächte haben den jugoslawischen
Krieg von Beginn an als internationale Ordnungswidrigkeit, als
unerlaubte Form der Konfliktaustragung eingestuft, zu deren Kontrolle
sie sich aufgerufen sahen. Daß sie ihn dadurch erst mit
aufgerührt und zum richtigen Krieg gemacht haben, ist inzwischen
außerhalb Deutschlands europaweit bekannt, freilich nur als
Vorwurf an die Bonner Regierung, sie hätte die abtrünnigen
jugoslawischen Provinzen "zu voreilig" anerkannt.
Tatsächlich haben alle EG-Mächte die Oberhoheit über die
nach-jugoslawischen Machthaber und die Rolle des Schiedsrichters
über deren Streitigkeiten beansprucht. Und um ihre Forderung nach
Unterwerfung zur Geltung zu bringen, haben sie diplomatisch und vor Ort
immer weitergehende Interventionsmaßnahmen ergriffen: Sie haben
den Krieg unter Quarantäne gestellt, den Kampfplatz
gewissermaßen polizeilich isoliert; mit einem Waffenembargo gegen
alle Parteien und einem zusätzlichen Handelsembargo gegen
Restjugoslawien wollen sie verhindern, daß der Krieg Nachschub
erhält oder von außen geschürt werden kann. Sie haben
die Freiheit der Kriegsparteien in der Kriegführung
eingeschränkt, nämlich die Benutzung der Luftwaffe verboten,
den Luftraum zur Zone ihrer Hoheit gemacht. Sie haben außerdem
das Gebaren aller Seiten unter eine europäische Rechtsaufsicht
gestellt und mitten im Krieg die Vorermittlungen für
Kriegsverbrecherprozesse aufgenommen; die Allgegenwart der Presse
gewährleistet, daß die kämpfenden Seiten unter
Dauerbeobachtung stehen und juristisches Beweismaterial beigebracht
wird. Das alles soll jetzt nichts wert sein, weil die Kriegsparteien
nicht bedingungslos pariert haben.
Nun ist es ja tatsächlich widersprüchlich, ohne den Einsatz
einer eigenen überlegenen Armee reichlich bewaffnete
unversöhnliche Kriegsparteien zum Stillhalten bewegen, also zum
freiwilligen Verzicht auf nichts geringeres als ihre Kriegsziele
zwingen zu wollen. Das nimmt aber erstens nichts von dem
unmißverständlichen ordnungspolitischen Anspruch weg, mit
dem bereits der erste EG-Beobachter auf dem jugoslawischen
Kriegsschauplatz aufgezogen ist. Und zweitens war jede neue
Maßnahme, jede neue Waffenstillstandskonferenz und jedes
zusätzliche Blauhelm-Kontingent ein Stück mehr Präsenz
dieses Anspruchs und ein Beitrag dazu, seine Durchsetzung
vorzubereiten. Jeder französische EG-Legionär im
Versorgungs-LKW ist ein Stück europäischer Hoheit, sein
Erscheinen eine praktische Einengung der lokalen Kriegführung,
jeder Angriff auf ihn eine Herausforderung der EG. Das Waffenembargo
und die Durchsetzung des Flugverbots demonstrieren den
europäischen Anspruch auf Unterordnung, darüber hinaus
bewirken sie eine militärische Herabstufung der Kriegsmittel vor
Ort und sind schließlich die Vorbereitung weitergehenden
Eingreifens: Das wird leichter, wenn die Nato-Flieger das Gelände
schon ausgeforscht und praktisch im Griff haben.
Diese Einmischung wird jetzt zum Gegenstand einer Selbstkritik der
selbsternannten Aufsichtsmächte: Sie war zu matt. Offenbar sind
die Aufseher entschlossen, ihr Ordnungswerk allmählich zur
Entscheidung zu bringen.
2.
Ihren Anspruch auf imperialistische Oberhoheit – 'In Europa
verändert keiner Grenzen, außer wir haben es erlaubt!'
– haben die EG-Mächte in einer Kette von Friedenskonferenzen
betätigt. Nicht erst nach Sieg und Niederlage sollten bewiesene
Macht und Ohnmacht der lokalen Parteien zum neuen Friedensvertrag
führen, sondern vor der militärischen Entscheidung und statt
ihrer wollte Europa ihnen Rechte und Garantien zuweisen. Die
Kriegsparteien wurden regelmäßig nach Brüssel, London,
Genf, dann vor die UNO nach New York einbestellt und von der
Weltaufsicht genötigt, ihren Friedens- und Einigungswillen zu
beweisen – und das taten die auch, freilich nicht unter
Preisgabe, sondern vom Standpunkt ihres Staatsgründungswillens.
Auf Druck der EG- und UNO-Vermittler wurden immer neue
Waffenstillstände geschlossen – und gebrochen, sobald das
einer der Kampfparteien nützlich oder nötig erschien. Denn
keine von ihnen dachte daran, ihre Kriegsziele aufzugeben; jede hat
dafür mit den Bedingungen kalkuliert, die durch die Interventionen
der Großen gesetzt wurden.
Über diese gesamte Phase ist jetzt das definitive Urteil
gefällt. Es lautet: 'Die Serben haben die Weltgemeinschaft
bzw. Europa – oder auch kurz "uns" – an der
Nase herumgeführt!' Dieses Urteil beruht nicht darauf,
daß die bosnischen Serben anders taktiert hätten als ihre
moslemischen und kroatischen Stammesgenossen; wäre wirklich die
berechnende Kombination von Verhandeln und Kriegführen gemeint, so
träfe dieses Urteil auf Izetbegović und Tuđman genauso zu. Die
Serben sind auch nicht dadurch zum Feind der "Weltgemeinschaft" geworden, weil diese etwas für
Bosnier und Kroaten übrig hätte; auch nicht, weil die EG den
serbischen Staat zerstören wollte. Das "Verbrechen"
der Serben ist: Sie haben mit mehr militärischem Erfolg taktiert.
Darüber haben sie sich die Verurteilung der "Weltgemeinschaft" zugezogen. Und das offenbart das
Kriterium, unter dem das Verdikt ergangen ist: Die Aufsichtsmächte
begreifen die Politik dieser vergleichsweise tatkräftigen
Kriegspartei als Herausforderung ihrer Entscheidungskompetenz.
Dafür, daß diese Sicht der Dinge zum allgemein und allein
gültigen Standpunkt in der Staatenwelt geworden ist, hat der
Friedensplan der Unterhändler Vance und Owen eine entscheidende
Rolle gespielt. Dieser Plan ist von allen maßgeblichen
Mächten als verbindliche Formel akzeptiert worden, die ohne
Abstriche durchgesetzt werden muß; aber ganz gewiß nicht
wegen der Attraktivität der Lösung, die er vorsieht. Die
Frage, was gewonnen ist, wenn sich die Parteien vor Ort dem Plan
beugen, hat seitens der Medien schon eine sachkundige Antwort gefunden:
Nichts! Ihnen zufolge ist der Plan überhaupt keine Lösung;
hinterher, wenn die verfeindeten Parteien sich auf autonome
Fleckenteppiche verteilen, würden die Auseinandersetzungen erst
recht weitergehen, weil die Volksstämme innerhalb ihrer
zugeteilten Grenzen die ethnische Säuberung erst einmal vollenden
und sich dann Korridore durch die feindlichen Regionen zu ihren
völkischen Brüdern zu sichern suchen. All diese Einwände
sind bekannt, tun aber nichts zur Sache; denn auf eine "Lösung" in
dem Sinn ist dieser Plan gar nicht
berechnet. Er hatte von Anfang an den Charakter eines Prüfsteins;
es ging um die Entscheidungshoheit der Mächte, die diesen Plan zur
"Lösung" erklärt hatten. Und deswegen geht es nun
um die Unterwerfung der Serben, einfach weil die Weltaufsicht darauf
ein Recht hat.
Alle Versuche der serbischen Regierung und der bosnischen Serben, um
den Vance-Owen-Plan und ihre Unterschrift noch zu feilschen, werden
folgerichtig in der Sprache des Ultimatums zurückgewiesen.
Daß Karadžić zustimmt, sein Parlament aber nicht, daß es
eine Woche später ein Referendum ansetzt – mit dem es
immerhin sein angebliches demokratisches Manko "selbsternannt" überwinden würde –, alles
das wird jetzt als Verzögerungstaktik entlarvt, die der Welt die
anstehende Unterwerfung vorenthält. Dabei wissen die Serben ganz
gut, warum sie zögern: Wenn sie sich beugen, geraten sie unter
Besatzungsstatut. 70.000 Nato-Soldaten werden sie entwaffnen, ihre
politischen Ambitionen auf den eigenen Staat unterbinden und sie
absehbarerweise dauerhaft unter Aufsicht stellen. Denn so sieht die
friedliche "Lösung" aus, auf die die
Aufsichtsmächte sich mittlerweile verständigt haben. Mit
einer Chance, den völkischen Wahnsinn auf dem Balkan zu beenden,
hat sie endgültig nichts zu tun: Sie rechnet mit ihm, deswegen ja
die 70.000. Durchgesetzt wird mit denen ein Anspruch auf Unterwerfung,
der nichts mehr davon abhängig machen will, ob die Serben sich
vielleicht doch noch freiwillig fügen.
Folgerichtig ist es daher auch, daß mit dieser
Friedenslösung der Krieg der Ordnungsmächte gegen die
renitente Partei auf die Tagesordnung kommt. Der heißt zwar nach
wie vor nicht so, sondern "Militäraktion" oder "gewaltsame Durchsetzung von Schutzzonen" o.ä. –
aber eben bloß aus dem Grund, weil er vom Standpunkt des
überlegenen Ordnungsstifters aus geführt wird; nicht für
den Geländegewinn irgendeiner der beteiligten Mächte, auch
nicht für eine "bessere" anstelle einer "schlechteren" Ordnung, sondern fürs anerkannte Recht
der imperialistischen Nationen, den Gewaltgebrauch in der Staatenwelt
zu monopolisieren und, wo ohne Lizenz Krieg geführt wird, ein
ganzes Volk zu verhaften, wenn es ihnen darauf ankommt. Und nach
über einem Jahr Einmischung in Jugoslawien kommt es ihnen darauf
an. Die Serben sind reif für die Klarstellung, daß
Verstöße gegen das, was befugte Mächte als Weltordnung
erlassen, geahndet werden.
Denn sonst ist diese Ordnung in Gefahr; bei fortgesetzter serbischer
Widerspenstigkeit sehen die EG-Regierungen gar die Stabilität in
Europa gefährdet. Sie werden schon wissen warum: Die
Stabilität und Ordnung, die sie meinen, ist eben nichts anderes
als ihre Macht, anderen Staaten vorzuschreiben, was sie sich
herausnehmen dürfen und was nicht.
3.
Für ihre bisherige Unfähigkeit, sich durchzusetzen und sich
die Serben zu unterwerfen, machen die vereinten Weltmächte des
Westens ihre Uneinigkeit verantwortlich: Die EG-Partner hätten
nicht an einem Strang gezogen, die USA beiseitegestanden;
außerdem hätte Rußland sich quergelegt und seine
schützende Hand über die Serben gehalten, so daß die G7
ihrem Jelzin gegenüber erst nachdrücklich ihre "Erwartung" aussprechen mußten, daß ihre
wundervolle Hilfe keine diplomatische "Einbahnstraße"
bleibt.
Was die Uneinigkeit der entscheidenden Mächte betrifft, so
müssen die Machthaber es ja wissen. Offenbar ist bei allen
gemeinsamen Aktionen, in der EG wie im Rahmen der UNO, eine Regierung
der anderen in die Quere gekommen. Dabei ist nichts von sachlich
unterscheidbaren, geschweige denn unvereinbaren Konzepten zur
Neueinrichtung des zerstörten Jugoslawien bekannt geworden, um die
sie sich zerstritten hätten. Die Uneinigkeit der Partner wird sich
schon auf derselben höheren Ebene abgespielt haben, auf der ihr
gemeinsamer Weltordnungsfall selbst angesiedelt ist: Über ihre
Rangordnung bei der Zuständigkeit, über die
Richtlinienkompetenz beim Einmischen, Eskalieren und Durchgreifen
konnten sie untereinander nicht klarkommen. Wie auch – wenn ein
Partner den anderen erklärtermaßen im völlig
berechtigten Verdacht hat, er wollte den Fall Jugoslawien "bloß" instrumentalisieren, um
Führungsansprüche in Europa und in Bezug auf seine Neuordnung
in die Welt zu setzen und anerkannt zu bekommen.
Die deutsche Außenpolitik wußte schon vor einem Jahr,
daß geschossen werden muß. Aber damals wollten die alten
europäischen Weltmächte, Frankreich und England, sich nicht
zum Ausführungsorgan der deutsch bestimmten Auftragslage machen.
So mußte sich Kinkel, der Europa vollenden und nicht sprengen
will, mit seinen reichlichen Ratschlägen leider zurückhalten
und den Franzosen die Führung der militärischen
Blauhelmmission, den Briten die Federführung bei der
Vermittlungsdiplomatie überlassen. Beides ging dahin, bis der neue
US-Präsident mit einer Demonstration amerikanischer Tatkraft neue
Bewegung in die Zwietracht der Betreuer brachte: Er ließ die
eingekesselten Städte in Ostbosnien mit dem Abwurf von
Lebensmitteln aus der Luft versorgen. In Deutschland wurde die Sache
– 'Alleingang der USA!' – hämisch
kommentiert: Das nütze doch nichts, man habe schon
Hilfsbedürftige mit den Paletten an den Fallschirmen erschlagen,
sie würden sowieso zum größten Teil über
serbischem Gebiet niedergehen. Auf einmal flogen dann deutsche
Herkules-Maschinen mit. Bedenken der lieben Partner, eine deutsche
Teilnahme, die von den Serben als Kriegsakt gewertet wurde, könnte
die Hilfsflüge gefährden und die gute Tat beschädigen,
hat Bonn ignoriert. Seit mitgeflogen wurde, waren alle Zweifel, ob die
Lebensmittelpakete überhaupt ihre Adressaten erreichen, verstummt.
Der Kanzler fand die Gelegenheit unwiderstehlich, die politische
Einmischung mit Bundeswehrmitteln wieder einen Schritt voranzutreiben.
Innereuropäisch kam mittlerweile soviel Einigkeit über den
Vance-Owen-Plan zustande, daß die Einbindung der USA in diesen
europäischen Lösungsweg anstand. Über den
UNO-Sicherheitsrat wurde sie versucht, kam aber nicht zustande; zur
Garantiemacht eines EG-Friedens wollte der neugewählte
US-Präsident sein Land nicht degradieren. So machte er sich
kurzfristig zum Schutzherrn der bosnischen Republik i.G.,
vermißte die Zurückweisung der serbischen Eroberungen und
fand den Vance-Owen-Plan erst wieder in Ordnung, als an dem zwar gar
nichts geändert worden, die Rangfolge zwischen EG und USA aber
wieder klargestellt war.
Seither scheint sich die Einigkeit der Partner nun doch zuzuspitzen.
Ihre Selbstkritik von wegen Zögerlichkeit und unproduktiver
Zwietracht signalisiert den Fortschritt, den sie in ihrer
argwöhnischen Konkurrenz untereinander machen. Der liegt darin,
daß die EG-Mächte und die USA aus dem Vorrat ihrer
weltpolitischen Identitäten eine Bündnisbeziehung
herausgreifen, die in ihrer Einmischung auf dem Balkan zunächst
keine Rolle gespielt hatte: Sie beziehen sich auf ihr Ordnungsproblem
in ihrer alten und nunmehr neu aufgefrischten Eigenschaft als Nato. Im
klassischen Weltkriegsbündnis des Westens klappt eben nicht
bloß die Logistik am besten – ohne die wäre schon der
Golfkrieg der USA nicht so gut vom Fleck gekommen –; in ihm hat
vor allem der gemeinsame Weltherrschaftswille der kapitalistischen
Mächte noch seinen festesten materiellen Bestand; in ihm ist das
maßgebliche Mitentscheidungsrecht der USA in Europa organisiert
und dafür den Europäern die Teilhabe am weltweit
konkurrenzlosen Gewaltapparat Amerikas gesichert. Die Widersprüche
zwischen Gemeinsamkeit und Konkurrenz, Emanzipation und Unterordnung
sind im Brüsseler Club des frisch aufgeblühten Manfred
Wörner zwar weniger denn je gelöst, aber noch am ehesten
funktional geregelt.
Wie weit das reicht, nachdem man nicht mehr durch die "Triade" gegen den sowjetischen Hauptfeind
zusammengeschweißt ist: Es sieht fast so aus, als könnte
sich die Ordnungsstiftung im alten Jugoslawien zur Nagelprobe in dieser
Frage entwickeln. Einstweilen langt es für die Lufthoheit
über Bosnien; allerdings will schon da der Scharfmacher des ganzen
Unternehmens zwar unbedingt, aber nur unter Vorbehalt und nur beim
AWACS-Einsatz mittun und von Kampfeinsätzen seiner Bundeswehr
nichts wissen; andererseits fliegt Frankreich mit und schaut, ob und
wie es dabei mit seinem distanzierten Verhältnis zur Nato
klarkommt und inwiefern sich das ändern könnte. Mittlerweile
sammelt US-Außenminister Christopher in Europas
Nato-Hauptstädten Zustimmung und Truppen ein, damit aus den
angedrohten Ultimaten an die serbische Adresse und der Besetzung
Bosniens, die auch für den günstigsten Fall eines
Rückzugs der bosnisch-serbischen Staatsgründer ansteht, im
Bedarfsfall etwas Rechtes wird. So machen die USA sich zum starken Arm
eines ursprünglich europäischen Befriedungskonzepts, das ohne
sie eben nichts wert ist, und damit ihr Recht auf Führung
gegenüber ihren europäischen Verbündeten geltend, die
davon gerade in Jugoslawien durch eine souveräne
Konfliktbeherrschung ein Stück weit loskommen wollten und deswegen
mit der neuen amerikanischen Entschlossenheit auch wieder nicht
zufrieden sind.
So befassen sich die imperialistischen Partner mit der für sie
offenbar höchst verzwickten doppelten Frage, wieviel Krieg ihnen
ihre Einigkeit untereinander und wieviel Einigkeit untereinander ihnen
ihr weltordnender Balkankrieg wert ist. Die praktische Antwort auf
beide Fragen ist die Eskalation der Gewalt gegen die serbischen
Stammeskrieger.
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