Jugoslawien: 10 Jahre nach den NATO-Friedenskrieg
10 Jahre nach dem NATO-Friedenskrieg gegen Serbien sieht die Welt heute
- oberflächlich betrachtet - aufgeräumt aus, zumindest in
Sachen Ex-Jugoslawien. Was bleibt sind "Probleme", Probleme, deren
Interpretation freilich nicht in der Art und Weise gestattet ist,
daß sie auf die imperialistischen Ordnungs(!)maßnahmen
zurückzuführen wären, an deren Maßstäben sich
die ex-jugoslawische Bevölkerung bewähren soll. An und
für sich ist ja schwer verständlich, warum Serben
beispielsweise auf staatliche Unabhängigkeit in Bosnien verzichten
sollen, während die Albaner im Kosovo eine solche auf
(Vertreibungs- und Unterdrückungs-)Kosten der Serben zugebilligt
haben sollten. Dieses "Problem" liegt - so rassistisch denken die
NATO-Mächte - in der Mentalität der Serben, ganz so als ob
diese nicht auch bloß das wollen, was Nationalisten aller anderen
Völkerschaften in Ex-Jugoslawien (und überhaupt) sich
zugutehalten, wenn sie es schaffen, ihn bloß von den anderen
zugebilligt zu bekommen: Einen eigenen Staat mit einer eigenen
Staatsgewalt, der aufgeht und -steigt in einer imperialistischen
Staatengemeinschaft.
Kurz und gut, der Imperialismus kennt durchaus zwei Sorten von
Nationalismus: Eine, die ihm in den Kram paßt, weil sie sich ihm
ein- und unterordnet und eine, die sich gegen seine Räson stellt,
gleichgültig, ob diese Stellung von ihm dahingehend provoziert
wurde und wird oder ob sie sich - wie im Falle Rußlands - aufgrund
eigener Stärke schlecht mit ihm verträgt.
Die Lage in Bosnien diesseits und jenseits der Dayton-Demarkationslinie
stellt sich heute so dar, daß die heimischen tonangebenden
politischen Kräfte ihren Nationalismus keineswegs einem
einheitlichen Staatsbürgerbewußtsein opfern wollen, wie das
die NATO gerne hätte. Es ist einigermaßen lächerlich,
daß die imperialistische Presse ausgerechnet anläßlich
der Fußball-Erfolge der bosnischen Nationalmannschaft mal
"örtlichen Medien" erwähnt, als ob die nun endlich begriffen
haben hätten sollen, wie sich der imperialistische Auftrag
buchstabiere:
"Örtliche Medien spekulieren
bereits, die Siege auf dem grünen Rasen könnten dazu
beitragen, daß Muslime, Serben und Kroaten die ethnischen Grenzen
überwinden und ein gemeinsames Nationalgefühl entwickeln.
Erstmals seit Kriegsende vor dreizehn Jahren werden die Erfolge der
bosnischen Kicker auch im serbisch kontrollierten Teil Bosniens mit
Interesse verfolgt, wie eine Radioumfrage ergab." (Süddeutsche Zeitung, 06.04.09)
Klar wird, daß es einer deutschen Zeitung um die Herstellung
eines ihr und dem deutschen Staatsinteresse tauglichen
Gesamt-Nationalismus geht. Da werden dann sogar Zweifel an den
Verdiensten des Trainers Blažević laut, der einst Verehrer des "autokratischen Präsidenten Tuđman" war und mutmaßliche Kriegsverbrecher bewundert haben soll.
Wenig anders erging es dem taz-Autor
Erich Rathfelder, der seine Vorbehalte gegen ortsansässige
Umtriebe zur Sprache brachte, als der bereits 1996 von Miodrag
Živanović, Professor an der Filosofischen Fakultät in Banja Luka
(Hauptstadt der Republika Srpska), gemachte Vorschlag mittels
TV-Magazin aufs politische Tapet kam:
"Der künftige Staat soll aus
drei Ebenen bestehen. Unterhalb des gemeinsamen Gesamtstaates werden
vier Regionen gebildet: Die Herzegowina (Mostar), Westbosnien (Banja
Luka), Ostbosnien (Tuzla) und Zentrum (Sarajevo). Die Sonderzone Brčko
bliebe in der Verantwortung des Gesamtstaats. Die dritte Ebene bilden
die Gemeinden." (taz, 28.01.09)
Die politischen Repräsentanten - der Ministerpräsident der
serbischen Teilrepublik, Milorad Dodik (SNSD, Allianz der
unabhängigen Sozialdemokraten), der Vorsitzende der islamischen
Partei der Demokratischen Aktion (SDA), Sulejman Tihić, und der
bosnische Vorsitzende der Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft
(HDZ), Dragan Čović - hatten in einer gemeinsamen Erklärung
bereits Übereinkunft erzielt. Rathfelder mißtraute jedoch
Dodik nach dem Motto, es dürfe nicht wahr sein, was nicht wahr
sein könne, nämlich daß von Seiten der Serben Frieden
ausginge. Der Gang der Dinge läßt Rathfelder weiterhin
wähnen, richtig zu liegen. Dodik brach die weiteren
Gespräche über die Übereinkunft ab (taz,
23.02.09). Grund dafür war, daß allen Staatsmännern
– und nicht allein Dodik* - letztlich doch die nationalen Belange
und die hinter ihnen stehenden Nationalisten näher liegen als eine
nicht nur praktische Kritik des Nationalismus, die - das zeigt das
Beispiel - ohne eine theoretische Kritik nicht auskommt. Auf der
moslemisch-kroatischen Seite rechnet man vor allem mit den besseren
Karten bei der EU: Mit der Installation des neuen "Hohen
Repräsentanten" der Internationalen Gemeinschaft, dem
österreichischen Diplomaten, Valentin Inzko, ließ die EU
denn auch durchblicken, was auf der Tagesordnung steht:
"Im Mittelpunkt dieser Politik
muß die Verfassungsreform stehen. Es ist offensichtlich,
daß ein Staat mit 160 Ministern und einer überbordenden und
kaum funktionsfähigen Verwaltung nicht überlebensfähig
ist. Das Prinzip der funktionsfähigen Verwaltung und das
Subsidiaritätsprinzip müßten tragende Säulen neuer
Verfassung sein, die auch mit der (Wieder-)Belebung des
EU-Integrationsprozesses gekoppelt werden sollte. Nur ein
funktionsfähiger bosnischer Staat mit schlanker und transparenter
Verwaltung und einem konsolidierten Budget kann auch Mitglied der EU
werden.
Das OHR [Office of the High Representative]
muß sich bis Ende 2009 neben der Verfassungsreform vor allem
darauf konzentrieren, die Voraussetzungen für einen effizienten
Übergang zum EUSR [European Union Special Representative]
zu schaffen. Ab Anfang 2010 sollte dann ein gestärkter und von den
USA unterstützter EUSR den Abschied vom Protektorat zu einem
europäischen Bosnien gestalten." (die presse, 20.03.09, Gastkommentar von Vedran Džihić und Christophe Solioz, beide vom Center of European Integration Strategies)
Auf deutsch: Die EU will ohne Rücksichten auf Rußland und
Serbien, mit einem Freibrief der USA im Rücken in Bosnien allein
zügig ein ihr gemäßes Statthaltertum installieren und
sich selber (Zuschuß-)kosten ersparen**; sie weiß also sehr
genau, was sie will, Vorschläge von "unten", zumal von serbischer
Seite, sind weder erwünscht noch vorgesehen, vielmehr ein
Einknicken der Republika Srpska.
Noch einmal zurück zu den Vorschlag von Professor Živanović:
In Jugoslawien kam zur Zeit des Sozialismus - im Gegensatz zu anderen
sozialistischen Staaten - durchaus einige Kritik auf, insbesondere an
den Universitäten in Belgrad, Zagreb und auch in Sarajevo, wo sich
eine sogenannte Praxisgruppe gründete. Der Ausgangspunkt ihrer
Kritik war, eine Differenz zwischen Theorie und Praxis des Sozialismus
festgestellt zu haben; auf die und die darauf aufbauende Debatte kann
an dieser Stelle nicht im Detail eingegangen werden. Festzuhalten ist
hier, daß die Kritik der Praxis galt, deren
zugrundeliegende ML-Ideologie - zumindest im großen und
ganzen - als richtig eingestuft wurde. So wurde denn auch die auf
Georgi Dimitrov [auch: Dimitroff]*** zurückgehende Unterscheidung
des Nationalismus in einen guten und einen schlechten nicht kritisiert,
wohl aber die Verwerfungen des Nationalismus im föderal nach
Nationalitäten aufgeteilten Lande selber - wobei die Verfassung
von 1974 als "Balance" interpretiert wurde, wo sie nichts anderes war
als eine Reaktion und ein in gewisser Weise Ins-Recht-Setzen der
vorangegangen Unruhen. Die Verwerfungen bestanden darin, daß
einige Teile sehr stark von den staatlichen Maßnahmen zum Zwecke
des Ausgleichs profitierten (z.B. das extrem unterentwickelte Kosovo
und unterentwickelte Bundesländer wie Bosnien und Makedonien),
während andere Teile für deren Entwicklung abgeben
mußten: Den einen paßte natürlich die Höhe der
Abgabe nicht, den anderen war die Förderung nicht genug bzw. zu
inadäquat etc. Hier wie dort gab es so jede Menge Vorbehalte und
Kritik, zumal die Provinzen ja selbständiger waren als etwa die
Bundesländer der BRD. Vorgeschwebt hat dem sozialistischen Staat
eine überall gleichermaßen gelungene Industrialisierung als
Unterpfand einer allseitig entwickelten sozialistischen Gesellschaft.
Die Kommunisten haben es sich bei
ihrer Machtübernahme freilich gar nicht erst zum Anliegen gemacht,
da anzuknüpfen, wo König Aleksandar Karađorđević 1929 bei
Errichtung der Monarchie mit der neuen administrativen Aufteilung in
Provinzen - die nach Landschaftsbezeichnungen (hauptsächlich nach
Flüssen) vorgenommen wurden - vernünftigerweise begonnen hat,
um die separatistischen Strömungen in den Griff zu bekommen. 1931
wurde dieses Projekt wegen Erfolglosigkeit - es fehlte natürlich
an der dafür nötigen Kritik vorherrschender Nationalismen -
wieder aufgegeben und die alten Grenzen mit der sozialistischen
Verfassung von 1946 als gegeben hingenommen, den Moslems später -
in der Verfassung von 1963 - zudem ein Nationalitätenstatus
verschafft. Mit ein Grund - neben der Dimitrov-Maxime - dafür war,
daß die kommunistischen Partisanen, um einen möglichst
breiten Widerstand gegen die deutsche Besatzung zu erhalten,
Nationalisten mit in ihre Aktionen einbezogen, die sie dann auch so
ohne weiteres nicht mehr los wurden und aufgrund deren
Integrationswilligkeit auch gar nicht wollten.**** Darüber half
dann auch der berühmte Spruch Titos nicht hinweg: "Ich
will in Jugoslawien keine Grenzen, die trennen. Wie ich schon hundert
Mal gesagt habe, will ich Grenzen, die unsere Völker vereinen." (zitiert nach Peter Radan, The Break-up of Yugoslavia and International Law, 2002)
Nichtsdestotrotz gibt es heute (noch) Linke in Jugoslawien, die
(selbst)kritisch genug sind, die wissen, wo sie stehen, die wissen,
daß sie sich auch gegen den Antiimperilialismus von rechts,
den national begründeten "Antiimperialismus" stellen müssen,
um eine neue Perspektive für Ex-Jugoslawien und darüber
hinaus zu eröffnen. So stellte Professor Łubiša Rajić die
Frage: "Darf ich gleichzeitig gegen Milošević, gegen die UÇK und gegen die NATO sein?" (jungle world,
02.04.09) Er formulierte deshalb so vorsichtig weil Mihailo Marković,
früherer Partisan, weitbekannter marxistischer Theoretiker der
sechziger Jahre und spätere Unterstützer Miloševićs,
bei dem Versuch, eine Rede zu halten, "von den klerikalfaschistischen Hooligans als 'Kommunist' ausgebuht" wurde (ebenda).
So klar die Ablehnung des Westens von (Neuaufteilungs-)Vorschlägen
aus dem serbischen Lager - einerlei ob des Nationalismus oder des
Kommunismus verdächtigen - ist, so unklar mag die Opposition
dagegen in den beiden Einheiten Bosniens auf den ersten
Blick erscheinen. Die bosnisch-moslemische Seite sieht einfach
einen Abstrich an der ihr durch die NATO zugebilligten Vorherrschaft in
und für ganz Bosnien gefährdet. Man müßte ja dann
in allen Landesteilen die Serben berücksichtigen, also auch in den
Gebieten, aus denen sie durch die kroatischen und bosnischen Milizen im
Jahre 1995 – noch während der Verhandlungen in Ohio - weitgehend vertrieben
worden waren. Das will keiner ihrer Staatsmänner zulassen. Und die
serbische Seite argumentiert umgekehrt: Sie möchte nicht den ihr
zustehenden Landesteil auch noch auf dem Tablett der nationalen Einheit
opfern und den Moslems dort Mitsprache zugestehen, wo jene ihrerseits
haufenweise fliehen mußten. Dazu kommt, daß es sich beim
moslemischen Sektor um den ökonomisch rückständigeren
handelt; zusammengenommen mit der dort offensiv vorangetriebenen
Re-Islamisierung***** werden dort mehr Kinder in die Welt gesetzt, so
daß viele Serben fürchten, über kurz oder lang
landesweit wie in allen einzelnen Landesteilen in der Minderheit zu
sein. Offenbar haben sie schon sehr gut gelernt, daß Demokratie
heißt, die Minderheit einfach unterzubuttern. Dabei ist es denn
auch völlig egal, ob Minderheitenrechte in die Verfassung
geschrieben werden (müssen). Im Kosovo bekommt die serbische
Bevölkerung das ja hautnah zu spüren.
Mit der Kritik des Nationalismus halten sich heutige Kommunisten vor
Ort leider nicht auf: Goran Marković und seine Parteigenossen von der
Kommunistischen Arbeiterpartei Bosnien-Herzegovinas versuchen unter
vorsätzlicher Ausklammerung des Nationalismus – als
wäre er damit auch schon kritisiert - mit dem mühsamen Aufbau
einer Arbeiterbewegung in einem Land, das durch die imperialistische
Vorherrschaft weitestgehend deindustrialisiert wurde. Im übrigen
veranlaßt gerade diese ökonomische Lage die
ex-jugoslawischen Staaten zu verstärkter Zusammenarbeit, wie
diverse bilaterale Abkommen jüngster Zeit dokumentieren.
EU und NATO pferchen in Bosnien also Leute zusammen, deren Mehrheit gar
nicht zusammenwill, so wie sie andererseits in Jugoslawien Leute
auseinandergerissen hat, denen noch heute der Sinn der Maßnahme
unbegreiflich erscheint, gerade auch angesichts der heute dort
herrschenden desaströsen Armutsverhältnisse.
Im Kosovo****** hat die NATO einen Separatismus ins Recht gesetzt, der
Aufschluß darüber gibt, wie sich NATO und EU ihre
Welt vorstellen. Dabei ist es ihnen egal, ob sie wegen der in der
Maßnahme selbst allenthalben gerechtfertigte Vertreibung von
Serben, Sinti und Roma aus dem Kosovo sowie die Marginalisierung der
Verbliebenen dort von Seiten des serbischen Staats wie von anderen
Staaten kritisiert, oder ob sie von Albanern bejubelt werden. Der
westliche Imperialismus steht auf dem Standpunkt, daß wenn er
Grenzen zieht, das dann auch die sind, die zu gelten haben und nicht
umgekehrt, daß Grenzen bestehen, damit die NATO auf sie
Rücksicht nimmt. Es ist ein Exempel dafür wie
imperialistische Staaten ihre Souveränität über alle
anderen Souveräne stellen. Wer sich dazu positiv stellt, bekommt
als Staat seine Anerkennung, die in der Verpflichtung auf seine
allzeitige wie -seitige Dienstbarkeit besteht, wer nicht seine
Quittung. Die Kosten für das eine wie das andere tragen dann
sowieso nicht die Staaten, sondern deren Bevölkerung als deren
offenbar grenzenlos belastbaren Manövriermasse.
Laut der russischen Nachrichtenagentur RIA-Novosti stellte der russische NATO-Botschafter Dmitri Rogosin fest: "Die
NATO sieht sich offenbar mit der UNO gleichgestellt. Die vor zehn
Jahren entstandene Situation, als sich die NATO im Alleingang für
die Bombenangriffe auf Jugoslawien entschieden hatte, kann sich also
künftig wiederholen, falls man sich gegen solche Manipulationen
nicht wehrt." (06.04.09)
Die Bedeutung des Falles Ex-Jugoslawiens geht also weit über das
dortige Territorium und die dort lebenden Menschen hinaus und
provoziert Moskau: Die NATO, so Rogosin weiter, setze sich nach wie vor
für den Vertrag über konventionelle Streitkräfte in
Europa (KSE) ein, wobei die von der Allianz befürwortete Fassung
eine "Knechtschaft" für Rußland bedeute. Deshalb habe Moskau
2007 diesen Vertrag ausgesetzt und wolle vorerst auf dieses Moratorium
nicht verzichten. Daß Rußland nichtmilitärische
Transits über sein Territorium für die NATO-Truppen in
Afghanistan erlaubt habe, verstoße kaum gegen seine nationalen
Interessen: "Ich denke nicht, daß die Toilettenpapier-Transporte durch Rußland nach Afghanistan Hochverrat bedeuten".
Der Kreml sei aber darüber besorgt, daß die NATO ihre
"Muskeln" stärke und "über ihre Geografie hinaus" wachse. Die
Allianz versuche faktisch, mit den Vereinten Nationen zu konkurrieren.
Eine Bestätigung dafür sei die 2008 unterzeichnete gemeinsame
Erklärung des NATO- und des UN-Sekretariats. (ebenda)
Deutlich wird allenthalben, wie lästig den imperialistischen
Staaten die - von ihnen selber geschaffenen - "Probleme" in
Ex-Jugoslawien vorkommen müssen: Die Gespaltenheit Bosniens; die
Haltung der serbischen Regierung, Ja zur EU, Nein zur NATO, sowie die
damit zusammenhängende Nichtanerkennung der Unabhängigkeit
des Kosovo; der nach wie vor andauernde, heftig umstrittene
Übergang des Kosovo vom Protektorat zum Staat, der sich ja durch
die formelle Unabhängigkeitserklärung nicht einfach
erübrigt hat; die Grenzstreitigkeiten zwischen Slowenien und
Kroatien, die autokratische Herrschaft des Mafiosi Ðukanović in
Montenegro (gegen den diesbezüglich in Italien und der BRD
Verfahren anhängig sind); die umstrittene Souveränität
der Früheren Jugoslawischen Republik Makedonien
(Skopje) in Form der Bestreitung des Namens Makedonien durch
Griechenland; von den laufenden Zuschußkosten für die
Aufrechterhaltung von purem Überleben und einer rudimentären
Ökonomie ganz zu schweigen.
Nichtsdestotrotz wird an den kapitalheiligen Begriffen wie
"Entwicklung" und "Wiederaufbau" unverdrossen festgehalten. Die
kapitalistischen Staaten und ihre freien Unternehmer verstehen ja
bekanntlich was von Wirtschaft! Und die freie Presse berichtet
darüber, wenn überhaupt, dann wie ein (ab)örtliches
deutsches Medium eben "berichtet".
(01/05.05.09)
____________________________
* An die Adresse von Rathfelder, der meint, Dodik sei eigentlich kein
Sozialdemokrat: Dodik ist einer, was deshalb kein Wunder ist, weil
Sozialdemokraten sich immer schon und überall auf der Welt die
besten Nationalisten sein wollen. Sozial geben sie sich wirklich nur
soweit, als sie es für nötig erachten, einer existierenden
wie potenziellen Anhängerschaft Sand in die Augen zu streuen. Auf
keinen Fall darf ihre Sozialität soweit gehen, der nationalen
Macht in irgendeiner Weise hinderlich zu sein.
Pech für die Sozis in Osteuropa ist nur, daß ihre westlichen
Ziehväter derzeit so grandios abschiffen, sie sich dort nicht mehr
richtig festhalten können. Aber das mag diesen unsäglichen
Opportunisten auch nur recht geschehen!
** Das geht in Rumänien umgekehrt: Man wirft der dortigen
Regierung vor, nicht genügend Bürokratie - die deshalb in
diesem Zusammenhang nicht so bezeichnet wird! - vor, aufweisen zu
können, als nötig wäre, die EU-Gelder richtig zu
kanalisieren, weshalb einfach vieles in unproduktiven Löchern
versickere... (Eine Fachmann solcher Rumänien-Kritik ist
übrigens EU-Parlamentarier und CSU-Leuchte Markus Ferber aus
Augsburg.)
*** siehe dazu: Die verkehrte Faschismus-Theorie der Kommunistischen
Internationale in Der Faschismus von Konrad Hecker,
GegenStandpunkt Verlag, München, 1996
**** Die serbischen Četnik-Nationalisten haben
relativ leicht im Lande überleben können, die
kroatischen Ustaša-Faschisten mußten die Verurteilung
fürchten und sich daher im Ausland verkriechen. Sie kamen erst im
Zuge imperialistischen Zerschlagungsabsichten ins Lande zurück.
Moslemische Fanatiker kamen mit dem Bürgerkrieg ins Land.
***** Offenbar hatten die ökonomischen Ambitionen Jugoslawiens
einerseits wie die erlaubten privaten, materiellen Ambitionen
andrerseits - die ja bis zu der Erlaubnis gingen, im westlichen Ausland
gutes Geld zu verdienen - den religiösen Glauben auf ein geradezu
formelles Minimum reduziert, ganz ohne eine marxistische
Religionskritik. Der überall verbreitete und pompöse Kirchen-
und Moscheenbau heutiger Zeit im Ex-Jugoslawien ist angesichts des ökonomischen Desasters die passende Verklärung des neuartigen Kapitalismus.
****** zur Lage im Kosovo und Serbien siehe z.B. die Artikel von Boris Kranzfelder in analyse & kritik, Printausgabe Nr. 538 vom 17.04.09
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Allgemeiner Literaturhinweis: zur Geschichte Jugoslawiens empfiehlt sich das Buch von Rudy Weißenbacher: Jugoslawien - Politische Ökonomie einer Desintegration, ProMedia-Verlag, Wien, 2005
