attac: Verantwortliche vergeigen das ganze schöne System! Einfach unverantwortlich!
Vor ein paar
Wochen gab attac in Augsburg ein Flugblatt zum Streik im Öffentlichen
Dienst heraus, mit dem Titel "Arbeitszeitverlängerung bedeutet höhere
Arbeitslosigkeit!" und unterstrichen mit dem Zusatz "Arbeitszeitverlängerung
ist ein Irrweg". Offenbar scheint attac die Logik kapitalistischer Produktionsweise,
die so erfolgreich ist, daß es geraten erscheint, sie auch für
den öffentlichen Dienst anzuwenden, mehr als unverständlich zu sein:
Sonst hätte attac ja geschrieben: "Arbeitszeitverlängerung
- da sieht man's wieder: Typisch Kapitalismus". Glaubt attac allen Ernstes,
daß die überflüssig gemachten Arbeitskräfte und die vom
gesellschaftlichen Reichtum Ausgeschlossenen im und vom gleichen System, das
sie entläßt und ausschließt, partizipieren können? Warum
sollten sie dann aber gerade erst ausgeschlossen und überflüssig
gemacht werden?
Attac: "Bei über 5 Millionen Arbeitslosen ist es ein Unding, noch
mehr Menschen in die Arbeitslosigkeit und Hartz IV zu treiben." Ja, attac
bekennt sich ausdrücklich zur eigenen Verständnislosigkeit,
weil es kein Feind der unwirtlichen Verhältnisse sein möchte: Bei
5 Millionen hat das "Problem" nämlich (längst) die Schmerzgrenze
gesellschaftlichen Verantwortungsbewußtseins erreicht. Mit gesellschaftlicher
Moral ist die Lage also nicht mehr vereinbar! Gewissenswürmer wollen
als attac dem Gewissen der Politik Beine machen...
Findet das nicht wenigstens euer Bruno M. mittlerweile ziemlich
langweilig?
Offenbar nicht. Denn es geht im gleichen Takt weiter: "Steuergeschenke
an Konzerne und Gutverdienende" - ja bitte, an wen denn sonst? Es sind
doch Typen wie Ackermann und Westerwelle, die Leistung bringen und Verantwortung
tragen, oder etwa nicht? Ja, in den öffentlichen Kassen kommt eurer Meinung
der Reichtum nicht an, der sich jedes Jahr vergrößert. Aber muß
man sich als Arbeitsloser oder vom Reichtum ausgeschlossener Lohnarbeiter
ausgerechnet um die öffentlichen Kassen sorgen, wo man doch auch weiß,
wofür die allemal genügend Geld hergeben und wofür nicht: Kann
es sein, daß ihr übersehen habt, daß es sich beim Staat um
einen Klassenstaat handelt? Eigentlich kaum, denn ihr listet ja das EU-Projekt
unter dem Stichwort "Lissabon-Strategie" auf! Aber euch mißfallen
lediglich die Auswirkungen der Politik, wobei der Zweck dieser Politik - Weltmacht
Europa - nicht wirklich Kosten erheischen müsse bzw. diese Kosten nicht
allenthalben die zu tragen hätten, die für den Erfolg des Projekts
die Manövriermasse abgeben müssen.
Noch ein
paar Worte zu euren Forderungen:
"Hände weg von Arbeitszeitverlängerungen" - Wem gilt dieser
Appell? Doch nicht gerade denen, die sich an diesem Besitzstand vergreifen?
Hat dieser Besitzstand eigentlich irgendein gutes, d.h. gesellschaftlich anerkanntes
Recht auf seiner Seite?
"Für radikale Arbeitszeitverkürzung" - Radikal ist immer
gut, denkt ihr vielleicht. Aber sind die Verantwortlichen von Staat und Kapital
euch in dieser Frage nicht ein ganzes Stück voraus: Neben den Arbeitslosen
gibt es ja auch jede Menge Teilzeitarbeiter, die so gar nicht mehr zurechtkommen,
weil der Lohn nicht reicht.
"Für eine Arbeitsfairteilung!" - Ist wohl als Art Notgemeinschaft
zu verstehen, mit der Staat und Kapital ihre Manövriermasse untereinander
solidarisch in die Pflicht nehmen kann (was er ja auch schon längst mittels
den verschiedenen Sozialkassen macht). (Dieser Schmarrn kommt
bei Gewerkschaftlern sicher gut an!)
"Für einen gesetzlichen Mindestlohn" - Offenbar habt ihr bemerkt,
daß die Löhne hinten und vorne nicht mehr ausreichen, aber wieviel
darf's denn nun bitte sein? Daß ein Mindestlohn Staat und Kapital
nicht schädigen darf, ist übrigens, euch sei's verraten,
allgemeine Prämisse und allgemeiner Konsens dieser politischen Debatte.
"Für ein bedingungsloses Grundeinkommen" - Wenigstens das,
meint ihr, müsse doch drin sein. So schlecht kann der Kapitalismus
doch auch wieder nicht sein, daß er für eine solch bescheidene
Forderung kein offenes Ohr haben kann! Aber vielleicht sehen das die wirklichen
Verantwortungsträger doch ganz anders, nämlich so etwa: Solange
jemand überhaupt noch Forderungen stellt, läßt er es an der
nötigen Leistungsbereitschaft und Opfergesinnung fehlen!
Vielleicht macht ihr euch ob eurer Forderungen unbeliebt, ohne das wirklich zu wollen...
Ob dieses
feine System nicht eine ganz andere Antwort verdient hat als die eure?