Noch eine Apologie der Freiheit:
Vom ideellen wie materiellen Wert des "Kommunismus"
Einmal mehr möchte die Jungle World in
einem Artikel den Eindruck erwecken, sie verstünde etwas von
"kommunistischer Kritik". Und man fragt sich, warum eigentlich? Will
sie dem Publikum tatsächlich kapitalistische Zusammenhänge
zum Zwecke der Erklärung vorstellig machen? Will sie auch nur eine
methodologische Debatte anstoßen, wie "kommunistische Kritik" am
besten beim Publikum landen könnte? Nichts dergleichen! Nicht der
Kommunismus ist das Anliegen, sondern ein Staat, dem sie nicht einmal
groß versucht, Kommunistisches anzuheften - was sollte das auch
sein? -, sondern dem ein Kommunist - wer oder was auch immer das sein
mag - allein wegen "Auschwitz" seine Referenz zu erweisen habe. Auch
wenn es sich dabei um einen ganz extrem widerwärtigen, allzeit
kriegsbereiten und selbstbewußten Vasallen des Imperialismus
handelt. Wie kommt man bloß auf so was??
Der Reihe nach:
Der Artikel
hebt ganz groß an: "Kommunistische Kritik kreidet ... nicht an,
sondern weist darauf hin, ..." Für sich genommen könnte man
das noch für einen methodologischen Ansatz halten, würde nicht
schon die Distanzierung zu solchermaßen Abstraktum
"kommunistische Kritik" mitschwingen. Als Kommunist würde man
jetzt jedenfalls mit einem Argument bezüglich des Zusammenhangs
zwischen "Freiheitsrechten" und der Notwendigkeit solcher Rechte in der
bürgerlichen Gesellschaft rechnen und nicht bloß mit dem in
den Raum gestellten angeblichen Zusammenhang. Jene Distanzierung wird
im nächsten Satz verdeutlicht: Als ob kommunistische Kritik sich
nicht ebenso notwendig gegen die Selbsttäuschungen der
"Bürger" richten würde, nimmt der Artikel jene gegen die
bürgerliche Gesellschaft in Schutz: Deren Versprechen
[Glücksversprechen] könnten in ihr "kaum" eingelöst
werden. Warum denn eigentlich nicht und warum denn eigentlich dann doch
wieder, wenn auch nur "kaum"?
Irgendwie muß dem Autor an dieser Stelle die Schwäche seiner
Auslassungen über das Vermächtnis kommunistischer Kritik
aufgestoßen sein: Denn er hebt jetzt noch einmal, gleichsam
verstärkend an: "Materialistische Kritik..." Und zwar nicht nur in
Ergänzung zu einer "kommunistischen Kritik", sondern gleichzeitig
in Abgrenzung ihr gegenüber, gegenüber einem
"Traditionsmarxismus": Der Autor meint nämlich, in der Kritik des
Individualismus ein Argument zu haben, indem er diese Kritik zum
Fetisch erklärt. Er tut so, als hätte er noch nie etwas
über gegensätzliche Klassen in der bürgerlichen Welt
gehört und über die Konkurrenzsituation der Individuen
innerhalb einer Klasse in eben jenen, wirklich kaum angenehm zu
nennenden Verhältnissen. Nicht einmal das den Kapitalismus
charakterisierende "homo homini lupus" des Thomas Hobbes will er kennen
- wie sonst könnte er zu dem Dementi anheben, daß
Kommunismus nicht in der Kritik des Individualismus bestehe, nicht
Kollektivismus und Gemeinsinn erheischen würde [für einen JW-Analfabeten:
Kommunismus kommt übrigens aus dem Lateinischen und bedeutet
"gemeinsam"], sondern in der eigentlichen Forderung und Durchsetzung
individueller Freiheiten bestünde, die in der bürgerlichen
Welt so gar nicht recht zum Zuge kämen? Er hält
bürgerliche Freiheiten in ihr lediglich für ein Ideal, dessen
wirkliche Verwirklichung einer "materialistischen Kritik"
bedürften...
Bürgerliche Freiheiten und bürgerlicher Individualismus - das
bürgerliche dabei durchgestrichen - sollen für unseren
großen Denker also gleichsam automatisch
irgendwie mehr Materie* ergeben, mehr Essen und Trinken, mehr Autos und
Computer, mehr "Wohlstand", kurz: Mehr Wert. Er weist uns also darauf
hin, wie ideeller Wert und materieller Wert zusammengehen, wenn man sie
zusammen-denkt. Ungefähr das hält er wohl für (modernen) Kommunismus!
Es wundert nicht, daß er genau an diesem Punkt den Übergang
zur Negation des Faschismus macht**. Denn seine Vorstellung ist
wertmäßig sowohl ideell wie materiell genau dessen
Gegenteil, also gewissermaßen die radikalste Negation des
Nationalsozialismus, die sich denken läßt. Und sie hat einen
Riesenvorteil: Man braucht faschistische Ideologie nicht zu begreifen,
denn ihre Kritik liegt auf der Hand: Sie versündigt(e) sich an den
Freiheitsidealen ebenso wie an den materiellen Bedürfnissen der
Klassen, pardon: der "Bürger".
So wird schon in diesen Auslassungen deutlich, daß der Denker
nichts von Klassenkampf hält und auch nichts von jenen, die den
Kapitalismus in einer sich selbst bedrohenden Krisis sehen (was er dann
meint, noch explizit extra erwähnen zu müssen). Er sucht und
sortiert nach einem anderen, sich einem der integrativen Auffassung von
Wert verpflichteten Maß. So kommt er auf den Judenstaat*** Israel
als Wert aller Werte schlechthin, auf das - jeder, d.h. vor allem
seiner Kritik enthobenen - Etwas "kommunistischer" Essenz. Und weil es
sich für ihn verbietet, aus seinen
ideologischen Gründen Israelkritik zu üben, möchte er
sich das auch für alle Linken kategorisch verbitten. Logisch! So
geht kommunistische bzw. zumindest materialistische Kritik à la Jungle World! Autoren
solcher Art sind wirklich die hellsten Leuchten auf dieser Welt: Nach
einem abgewandelten Werbe-Slogan aus der Lampenindustrie: Es gibt Licht
und es gibt Jungle World!
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* Daraus ergibt sich auch die Respektlosigkeit gegenüber der
bürgerlichen Staatsgewalt, die das Eigentum garantiert. Wenn man -
analog Proudhon - das Eigentum prinzipiell als Diebstahl, als
entzogene(s) Freiheit(srecht) betrachtet, dann ist die Verletzung des
Eigentums nicht einmal ein Kavaliersdelikt. So wäre die Konsequenz
aus der Forderung "mehr Wert": Entschädigung für die
Brüder im freiheitlichen Geiste!
** Bislang haben unsere antideutschen Ideologen immer ihre Art
"Kommunismus" meist gleich aus dem Faschismus abgeleitet, in
vorliegendem Artikel versuchen sie es mal umgekehrt. Was der Sache ja
nichts tut. Im übrigen ist es leicht, mit ihrem Freiheits-Dreh den
politischen Islam dem Faschismus gleichzustellen.
*** "Der Jude" ist für ihn genau das gleiche wie für einen
Faschisten dessen Unwert: Die Verkörperung von Wert schlechthin!
Das ist auch schon der ganze Inhalt der zur Schau getragenen
"Antisemitismus"-Kritik.
(24.11.2007)
