Friedensnobelpreis für Muhammad Yunus (Bangla Desh)
Eine megageile Perspektive:
Schutteln für ein Überleben an der Periferie des Kapitalismus!

Das Stockholmer Nobelpreiskomitee erweist sich erneut als Trendsetter: Mit der Verleihung des Friedensnobelpreis an Muhammad Yunus für die Erfindung eines Kreditinstituts für Arme möchte es dessen Funktion gewürdigt wissen: Zum einen für die Erhaltung des Friedens in "Unruheherden" der sogenannten "Dritten Welt" (- diese ganze Welt ist potenziell ein solcher!), zum anderen auch als Vorbild dafür, wie die zunehmende Pauperisierung des Proletariats in den kapitalistischen Zentren abzuwenden bzw. in den Griff zu bekommen sei. Und in der Tat haben ja schon andere Geldinstitute das Geschäft mit der kleinen Münze entdeckt, bei dem die Zinsen freier Marktwirtschaft entsprechend höher sind. Die spezielle Armut der Arbeitslosigkeit ist deshalb nicht aus der Welt, aber ihre Fortschreibung ist verbessert gewährleistet und mit dem unverwüstlichen Glauben ans Geld ideologisch beweihräuchert.
Manch Kommentator liest da noch weit Positiveres hinein: Ein Beitrag zur Selbstbestimmung soll es sein! Weil die Armen am besten selber wüßten, was sie brauchen! Genau, nämlich einen Kredit, für dessen Rückzahlung sie alles unternehmen müssen, was sie irgendwie können und was Geld bringt. Ob ihnen das Spaß macht oder nicht. (Aber eine Spaßgesellschaft ist ja ohnehin verpönt.)
Es soll insbesondere für die traditionell benachteiligte und unterdrückte biologische Kategorie der Frauen ein Mittel sein, sich aus dieser ihrer Rolle zu befreien. Die Kommentatoren merken dabei aber gleich an, daß viele Frauen sich gezwungen sehen, für Männer Kredite aufzunehmen und damit die Last der Rückzahlung meist ebenso zu übernehmen haben. Und überhaupt, so viel Gemüseanbau, Näherei und Korbflechterei kann gar nicht lukrativ betrieben werden, um eben dafür auf die Dauer geradezustehen. Was doch wohl heißt, daß die Frauen gezwungen sind, die Rückzahlung wie eh und je mit dem Verkauf ihres Körpers nolens volens zu bewerkstelligen (und so sie nicht können, in die alten familiären Abhängigkeitsverhältnisse zurückfallen). Aber das wiederum tangiert eine Bank nicht: Dank der Kredite müßten, so Yunus (zitiert nach taz), die Armen nicht mehr auf die Mildtätigkeit anderer oder den Staat warten (Das ist ja wirklich megaout!). Das Problem der Frauenunterdrückung in Bangla Desh könne eine Bank allein nicht leisten... Ja, wenn die als "Problem" mal er- und anerkannt ist, dann ist das ja wohl mindestens schon die halbe Lösung!
Im übrigen hat die kapitalistische Welt einen Beweis mehr dafür, daß Humanismus ihr unabtrennbarer Bestandteil ist: Sie vergißt auch die Ärmsten der Armen nicht! Und WIR lernen auch gerne bei einem Bangla Deshi, so wie der bei uns (in Nashville, USA) gelernt hat.
(15.10.06)
* schutteln = gemessen am Produktivitätsfortschritt eigentlich unproduktive Arbeit leisten