Warum ist Wählen so kreuzverkehrt?

1
Es springt für keinen gewöhnlichen Menschen etwas heraus, wenn "seine" Regierung zustandekommt.
Das wissen sogar die Wähler und behaupten deshalb, sowieso nur das "kleinere Übel" herauszusuchen.


2
Politiker verlangen mit der Stimme des Wählers ausdrücklich sein Vertrauen. Für sie bedeutet das nämlich die Freiheit, über alles entscheiden zu dürfen,
was die Wähler dann zu Betroffenen macht: als Arbeiter, Rentner, Student und Soldat.


3
Und auch das wissen die Wähler, daß sie mit ihrer Stimme die Regierung von jeder Rücksichtnahme auf ihr Wohlergehen befreien.
Gerade unter Berufung auf die Wähler, deren Zustimmung Politiker schätzen, können sie nach Belieben schalten und walten.

4

Daher versprechen die Wähler sich von ihrer Stimmabgabe im Ernst auch nur das Eine: Daß die Rücksichtslosigkeit der gewählten Staatsmacht die anderen trifft,
denen es immer zu gut geht und die sich zuviel herausnehmen: je nachdem also die zu faulen Arbeiter, die schmarotzenden Arbeitslosen, die verwahrloste Jugend,
die Russen, die Ölscheichs und andere Gastarbeiter ...

5
Genau diese Hoffnung läßt jede Regierung nach ihrer Wahl in Erfüllung gehen. Mit dem Argument, sie könne es unmöglich allen recht machen,
macht sie es jedem recht und behandelt jeden so, wie er es für die anderen will: als Leute mit überzogenen Ansprüchen.  Mit einer kleinen Ausnahme:
Für "die Wirtschaft" muß natürlich alles getan werden.

6
Die Wirtschaft lebt nämlich von den Anstrengungen und Opfern, die der Wähler mit seiner Stimme eine weitere Wahlperiode lang zu erbringen verspricht.
Deshalb gibt es in der Wahl keine Alternative, wohl aber zur Wahl. Und die heißt nicht einfach: "Nicht wählen!" Wer nicht ständig vertrauensseliges Opfer
von Wirtschaft und Staat bleiben will, der muß schon etwas gegen deren "überzogene Ansprüche" unternehmen.

7
Wer natürlich meint, er hätte keinen Grund, aus Erfahrung klug zu werden, der soll ruhig zur Ermächtigung einer Herrschaft seine Stimme beitragen.
Aber bitteschön dann auch nicht herummeckern, wenn deren Diktat ihm dann nicht paßt, sei es daß er dummerweise einer anderen Fraktion der Demokratie den
Verzug gegeben hat, sei es, daß er sich in der seinen getäuscht hat, daß er sich - einmal mehr - verarschen hat lassen ...

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Anmerkung zu Europawahl:
Der nationale Standpunkt, Europa als kapitalistisches, weltmachtambitioniertes Projekt und als solches eine conditio-sine-qua-non deutscher Staatsräson zu etablieren,
stößt bei manchen Bürgern auf ebenso national begründete Skepsis: Kommt Deutschland in der EU nicht zu kurz? Als ob Deutschland nicht eine, wenn nicht die treibende
Kraft des Projekts wäre und den Profit seines Standorts und seinen Machtzuwachs scharf im Auge hätte! Als ob Deutschland nicht alles versuchen würde,
andere "Sonder"interessen - das sind die anderer, weniger mächtiger Staaten - immer weiter gehend auszubooten...

Pestizide

Die EU: Ein wahrlich schlechtes Lebensmittel für die, die von ihrer Hände Arbeit leben müssen [und allzu oft dafür keine Gelegenheit (mehr) bekommen], ein schlechtes Lebensmittel, wenn überhaupt...  [Dokumentation aus: Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien, 26.11.2008 (BZ = Banater Zeitung, wöchentliche Beilage der ADZ; die ADZ ist die Tageszeitung für die deutschsprachige Minderheit in Rumänien)]

Des Kapitalismus letzter A..., Gregor Gysi, freilich beurteilt den Kapitalismus nicht danach, welche Lebensqualität er bietet, sondern bewundert dessen Produktivität (Stern, 05.06.09)!
Ja, die Profite sind wirklich erstklassig! Auf wessen Kosten sie gehen, interessiert doch einen Schnösel wie ihn nicht! Und wenn es mit den Profiten wie gerade etwas hapert, dann schlägt Gysis Bewunderung der Produktivität erst recht zu: Für die Bewältigung der Krise muß zur Rettung der megageilen Produktivität alles getan werden - auf wessen Kosten, keine Frage!
(Solcherart Typen aus der Ostzone haben uns übrigens in der BRD gerade noch gefehlt! Als ob nicht das dumme Geschwätz einer Bundeskanzlerin völlig ausreichend wäre!)

Wahlzettel