Publizist Jürgen Elsässer spricht: "Ich bin das Volk." Und gründet eine Volksinitiative.
Und damit die beim verehrten "Volk" auch richtig gut ankommt, eine gegen das "internationale Finanzkapital". Nation und produktives Kapital sollen so, explizit jedenfalls, nicht zur Disposition gestellt werden. Und dann wundert sich Jürgen Elsässer, daß er in die rechte Ecke gestellt wird?
Ist das nicht etwa sehr naheliegend, sogar für einen Jürgen Elsässer, der sich mit Faschismus - eigener Angabe zufolge - auskennt? Wenn es aber so ist, dann hat Jürgen Elsässer dies auch so gewollt oder zumindest billigend in Kauf genommen. Das soll man entschuldigen? -
Also, was soll der Quatsch einer "Volksinitiative - gegen das internationale Finanzkapital"? Will Jürgen Elsässer nicht bloß als Hintergrundjournalist, sondern auch als politischer Führer endlich groß rauskommen? Dafür das Anwanzen bei den Deppen, z.B. bei den "Bürgern, die von den Banken mit Schwindelpapieren (Derivaten etc.) reingelegt wurden", als hätten sie das Risiko nicht selbst nur allzu gerne in Kauf genommen. Oder bei denen, "Steuerzahlern", die sich einbilden, der kapitalistische Staat sei im Grunde ein Volksbeglückungsstaat, und deshalb nicht einsehen wollen, warum Banken Milliarden kriegen und sie noch nicht einmal ein Ofenrohr, mit dem sie dem Geld hinterherschauen können. 
Fazit: Ein knallhartes Dementi des Klassenstaats. Das hat der Finanzkrise gerade noch gefehlt! Und dem Jürgen Elsässer offenbar auch. (11
.02.09)

Mittlerweile hat er die Volksinitiativen-Site abgeändert. Er hat die detailliertere Beschreibung seines anvisiertes Publikums aus dem Verkehr gezogen. Dafür hat er Marx draufgeknallt. Besser ist das ganze dadurch freilich nicht geworden. Nicht die Erklärung der Krise, die Marx vornimmt, hat es Elsässer nämlich angetan, sondern der Schluß, den er daraus zieht. Sein Rat - "behaltet die Spargroschen!" - ist schon deshalb absurd, weil die Spargroschen dem Proletariat in der Krise zwecks purem Überleben eh ausgehen; der andere, begüterte Teil des Volkes hat überhaupt keine Spargroschen, weil nicht nötig. Das Proletariat ist - auch in dieser Hinsicht - überhaupt nicht Subjekt der Verhältnisse, in das es Elsässer mit seinen Rezepten gestellt sehen möchte. Daraus dann auch noch abzuleiten, eine noch viel größere Krise verhindern zu können, ist geradezu grotesk. Und wie kommt er überhaupt darauf, eine noch größere Krise in der Zukunft verhindern zu wollen?
Weil er, insistierend auf der "Behebung" der real existenten, ein Projekt sonderlichster Art verfolgt: Staaten sollen die Krise - mithilfe ihrer Völker - beheben. Und beim Wie? denkt er gleich an eine Neusortierung der Staatenwelt, zu dem eine Art Volksbefreiungsbewegung beitragen könnte: Er möchte eine neue politische "Achse" [er läßt - nicht von ungefähr! - wirklich kaum ein faschistisches Fettnäpfchen aus!], mit dem sich die Welt aus den Fängen der US-Vorherrschaft befreit. So ähnlich wie Gremliza & Co. die USA samt Satrapen als Völkerbefreier sehen, bloß umgekehrt; bei Elsässer soll eine antiamerikanische, neoimperialistische Achse Paris-Berlin-Moskau in dieser Richtung tätig werden. Kein Wunder, daß er seine dafür erkorene Volksinitiative nicht auf den Klassenkampf "reduzieren" möchte. Wenn der auch dazu beiträgt, dann darf er sich natürlich unterordnend einordnen. Dafür Marx zu bemühen ist allerdings eine bodenlose Frechheit, die mit dessen Erkenntnissen beim besten Willen nicht begründet werden kann. 

Wenn sich Elsässer auf historische Vorbilder bezieht, dann mögen die ja noch eines für sich gehabt haben, den zwar falschen, aber gut gemeinten Glauben an eine bessere Welt unter der Führung des Proletariats der Völker. Was man heutzutage erlebt, ist nicht etwa eine Kritik dieser hoffnungslos idealistischen Herangehensweise an den Kapitalismus. Es ist eine absolut absurde Überlegung: Das Setzen auf Gewalt(-Monopole) als befreiender Akt - natürlich nicht des Proletariats, sondern der Völker schlechthin. Die Zeitschrift konkret hat das vorgemacht, Elsässer macht diesen Scheiß mit veränderter Himmelsrichtung jetzt nach. Während jene einfach auf den status quo setzen kann (und ihm weiterhin viel Erfolg wünscht), braucht Elsässer freilich eine "Volksbewegung" (und für die wohl auch den ein oder anderen Führer). (28.02.09)