Polen, Tschechien: Freiwillig europäischer Pfeiler für US-Raketenabwehrsystem?

 

Die USA sind diesbezüglich sowohl bei Polen wie bei Tschechien vorstellig geworden, stoßen aber bei beiden Ländern auf Zurückhaltung - denn schließlich haben die USA weder eine Gegenleistung dafür vorgesehen (Polen und Tschechien wollen im Gegenzug - vergleichsweise ohnehin eigentlich eine Lappalie - eine Visa-Aufhebung für die Einreise ihrer Bürger in die USA erreichen), noch stellen sie die Exterritorialität eines solchen Stützpunkts zur Debatte. Und das Märchen, es handele sich um eine Raketenabwehrstellung gegen den Iran nimmt ihnen auch niemand ab - die Zielrichtung gegen Rußland ist zu eindeutig und bei allen antirussischen Vorbehalten jener Länder so keineswegs geteilt. Der frühere tschechoslowakische Außenminister Jiří Dienstbier weist darauf hin, daß die USA mit einem diesbezüglich zweiseitigen Vertrag eine erforderliche NATO-Abstimmung unterlaufen, womit ein solcher Vertrag der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik zuwiderliefe (Prager Zeitung, 17.08.06). Andrerseits halten sich die anvisierten Staaten viel auf ihre Souveränität zugute. Der Ex-Generalstabschef der tschechischen Armee, Šedivý, weist die Behauptung, es gebe keinen Unterschied zwischen den US-Raketen und den Basen der UdSSR vor 1989 in der Tschechoslowakei, zurück: "Im Warschauer Pakt mußten wir Verbündete sein, heute können wir das sein. Im Jahre 1968 kamen die Sowjets durch unsere Tür, ohne uns zu fragen und blieben 20 Jahre. Die USA fragen uns, ob sie bei uns und zu unseren Bedingungen einige hundert Soldaten stationieren dürfen. Wenn wir nein sagen, wird das Raketenabwehrsystem woanders aufgebaut." (ebenda) Zum einen scheint ihm nicht aufzufallen: Wenn Tschechien so leicht zu erpressen ist, dann bleibt von "unseren Bedingungen" ja wohl nichts übrig! Zum anderen scheint ihn überhaupt nicht zu interessieren, wofür sein Staat in die Pflicht genommen wird: Für ein Weltkriegsprogramm, das sich gewaschen hat: Es wird nämlich vorangetrieben - damals wie heute nur von einer Seite, der des US-Imperialismus, gegen den sich die Sowjetunion mit ziemlich untauglichen Argumenten - nämlich der Verharmlosung eines Systemgegensatzes - zu verteidigen suchte, gegen den und für ihr Staatssicherungsprogramm sie die CSSR einspannte und da gar nicht groß nachfragte, ob das der recht ist. Wie grandios feinfühlig dagegen die Mittel der überlegenen USA, die einfach potentielle Kandidaten gegeneinander ausspielen und das noch als "Freiheit" der einstmals ach so sehr unterjochten Staaten und Völker vorstellig machen! Die Freiheit, sich nach einem geeigneten Standort für die vorgesehenen 10 ballistischen Raketen, die 40 Meter unter der Erde gelagert werden, vor Ort umzusehen, wurde den USA jedenfalls schon gewährt. Sollte wider Erwarten doch nichts daraus werden, haben die USA schon mal - laut Times - vorsorglich in London nachgefragt; Tony Blair ist sicher allzeit bereit. (21.08.06)