Die syrische Opposition

In bequemen Fauteuils sitzen sie in den Metropolen des »freien Westens«, die Lakaien desselben*. Er zieht sie sich heran und sie folgen ihm bereitwillig. Nicht nur syrische, wenngleich an dieser Stelle von ihnen die Rede sein soll.

Natürlich sind sie nicht Narren genug, selber Knarren in die Hand zu nehmen und in ihrer Heimat »ihre«[!] Sache voranbringen zu helfen. Ihre Sache ist es, Wind im Ausland zu machen, dafür, daß der »freie Westen« ihren Idioten vor Ort  gefälligst Waffen liefern möge.
Umso mehr, als der von diesem selber zu seinem Projekt erklärte regime change nicht vorankommt. Und je mehr offensichtlich wird, daß die »Freie Syrische Armee« im Ausland mehr Nichtkämpfer hat als vor Ort Kämpfer —  die radikalislamischen Salafisten nicht mitgerechnet, da die sich ja allenfalls strategisch als Teil jener prowestlichen Bande verstehen.

Nein, mit dem Wandel in Nord-Afrika, in den Staaten Ägypten, Libyen und Tunesien hat der Aufstand in Syrien nicht viel zu tun. Jedenfalls hinsichtlich dessen, wogegen gekämpft wird. Im Gegensatz zu Mubarak, Ben Ali und dem späten Gadafi ist Assad kein Lakai des freien Westens. Insofern paßten dem »freien Westen« die Ereignisse in Nord-Afrika überhaupt nicht. Er hat alle Hände voll zu tun, die neuen Herrschaften wieder heim ins Reich seiner imperialistischen Weltordnung zu holen. Nicht, daß in Nord-Afrika eine wirkliche Front gegen ihn aufgebaut werden sollte, die »ungleichen Beziehungen« sind (lediglich) als solche auf dem Tapet.

Anders die Kalkulation des »freien Westens« in Syrien: Seine Lakaien sollen mal machen und dann wird man schon sehen, wie weit sie kommen. Und ein bißchen mehr als vehemente moralische Agitprop-Unterstützung bekommen sie auch: Schließlich dürfen verläßliche NATO-Freundstaaten wie Saudi-Arabien und Katar Waffen in Hülle und Fülle liefern. An dieser Stelle fragt sich selbst ein Herr de Maizière [deutscher Kriegsminister], wer denn das Zeug alles überhaupt bedienen soll. Seiner Aussage zufolge gebe es in Syrien genügend Handfeuerwaffen [ging als Agenturmeldung durch alle deutschen obrigkeitshörigen Verlautbarungsorgane].
Die einzigen die eine gewisse Mannstärke aufweisen sind die Salafisten, die sich ungewollt als Handlanger imperialistischer Interessen ins Zeug werfen. Denen liefert man lieber nicht direkt deutsche Waffen, sondern eben über den Umweg befreundeter arabischer Diktaturen.

Die Opposition macht militärisch im Augenblick keine großen Fortschritte. So erklären sich deren blindwütige Anschläge, die Zivilisten in Mitleidenschaft ziehen. So erklärt sich auch folgende kurdische Pressemeldung (05.06.)
: "Mehrere bewaffnete Einheiten der Freien Syrischen Armee (FSA), welche die Straße von Halab (Aleppo) nach Afrin kontrollierten, hatten das Ziel, vorbeifahrende Kurden festzunehmen. Die FSA entführte über 700 Kurden. Sie beschlagnahmten alle Besitzgegenstände und Autos der Kurden und brachten diese Menschen dann an unbekannte Orte. Bezüglich dieser Angelegenheit erfuhr Kurdish Globe von Nuri Brimo (Pressesprecher der Demokratischen Partei Kurdistan in Syrien (KDP)), daß derzeit 21 islamistische Gruppen der FSA im Raum Afrin eine Invasion starten. Afrin war immer ein sicherer Zufluchtsort für aus den Krisenherden Syriens vertriebene oder fliehende Syrer."

Umso wichtiger wird da natürlich die Propagandafront: Alle unerwünschten Meldungen zensieren oder gleich alles Blut Assad in die Schuhe schieben. Auch das Lügen haben die syrischen Oppositionellen von den allzeit in Zwirn gekleideten Herren mit den weißen Westen gelernt, die sie nun mehr denn je um ihre großzügige Waffenhilfe anflehen.

Der Westen bleibt gelassen: Er hat so ziemlich alles im Griff. Syrien (als Staat) ist erledigt**. Mal sehen, was nach dem Bürgerkrieg kommt. Seine ernsthafte Befürchtung ist eine nach wie vor mögliche Ausweitung des Konflikts über die Grenzen Syriens hinaus. (Womit am wenigsten die Grenze zum Libanon gemeint ist.) Die Bundeswehr stellt sich bereits in der Türkei vorbeugend eben dieser Sorge. Welche angesichts der jüngsten regierungsfeindlichen Demonstrationen dort eine zusätzliche Bestätigung erfahren hat.

Man braucht wirklich kein Freund von Assad zu sein, um Ekel vor der syrischen Opposition und ihren feinen Herren zu kriegen!

(08.06.13)

* einer von ihnen ist der taz-Kulturredakteur Andreas Fanizadeh, ein feiner Maxe, der sich selber — seinem Kolumnentitel nach zu schließen — als »Leuchte der Menschheit« versteht

** für die syrische Bevölkerung hat das Wort »erledigt« angesichts ihres Elends freilich eine andere, nichtpolitische Bedeutung.
Die Bevölkerung zitiert der Westen hingegen entweder zur Rechtfertigung seiner Interessen oder als ein Problem, das er mit ihr hat (zum Beispiel als Flüchtlinge!). Nur insofern ist die Bevölkerung für ihn nicht »erledigt«.