Der Rechts-Ruck der SPD in den Zeiten der kapitalistischen Krise

Neulich durfte der SPD-Vorzeige Ossi Wolfgang Thierse an einer Sitzblockade anläßlich einer Nazi-Demo in Berlin teilnehmen. Ob er dafür eine offizielle Parteierlaubnis hatte, oder ob er sich das einfach herausnahm, ohne zu fragen, sei an dieser Stelle einmal dahingestellt.
Jedenfalls ist klar, daß auch der dümmste SPD-ler weiß, daß, wo NPD draufsteht, auch Faschismus drin ist. Und wo es nicht draufsteht, kann es schon deshalb nicht drin sein. So als geht Antifschismus à la SPD. Hat der allein den Zweck, sich bei anderen Antifaschisten in Erinnerung zur rufen und beliebt zu machen, um sie für die national-demokratisch gesonnene Partei schlechthin zu vereinnahmen?


Hier nochmal ein paar Notizen zu mittlerweile offenbar ganz normalen Vorkommnissen der letzten Zeit:

Die SPD: jetzt NSDAP-Nachfolgepartei!

Es ist der Sache, sich mittels Gemeinsamkeiten und Unterscheiden einen Begriff von Demokratie und Faschismus zu machen, nicht dienlich, die beiden Standard-Formen bürgerlicher Herrschaft zu verquicken, etwa in der Weise, wie es manche Linke sich zum fast ausschließlichen Betätigungsfeld auserkoren haben: Sie stellen Demokraten gerne in die faschistische Ecke, um sie so zu kritisieren, als wären sie tatsächlich welche. Dabei können und wollen sie den fließenden Übergang von der einen in den andere Form staatlicher Gewalt gar nicht als zu Erklärendes aufgreifen. Ihr Ansinnen ist es, die Demokratie gegen den Faschismus hochzuhalten, indem sie Demokraten vorwerfen, sie seien gar keine richtigen Demokraten wie z.B. sie, die sich Tag für Tag vom Faschismus distanzieren, als hätten sie es schwer nötig (am Stalinismus orientierte Leute wie diverse ML-Gruppierungen haben das ja auch tatsächlich). Demokraten selber haben ein solches Problem in aller Regel nicht: Für sie spricht der politische Erfolg, den sie hierzulande in ihren Augen hinterletzt zurückgebliebenen Faschisten immer vor Augen halten können: Wie kläglich nimmt sich die Macht des 3. Reiches gegen die des neuen Deutschland aus!
Daß der Faschismus eine Option jeder Nation ist, ergibt sich daraus, daß eine Nation ihre Räson immerzu nach Erfolg und Erfolgswegen überprüft. Demokratische Parteien streiten über den Erfolgsweg ihrer Nation. Wird der Erfolg fraglich, bleibt er gar aus, bringen auch sie grundlegendere Alternativen ins Spiel und da ist kein großer Unterschied unter ihnen zu sehen, allenfalls der, wie diese dann wiederum sich mit ihrem Einfluß und ihren parteipolitischen Machtambitionen in Koalitionen etc. umsetzen lassen; kein großer Unterschied, ganz im Gegenteil, sie befeuern sich gegenseitig. Und wenn man die letzten Wochen zurückschaut, war es auch gar nicht die so weit rechts außen stehende CSU, die sich diesbezüglich aus dem Fenster gelehnt hätte: Es waren FDP und SPD, die sich wechselseitig mit rassistischen Überlegungen zu übertreffen versucht haben, um die Nation mit diesen Überlegungen unter sich zu vereinen, indem sie für den Staat mehr Freiheit in seinen, hauptsächlich wirtschaftspolitischen Richtlinien eingefordert haben, welche ihrerseits ein entsprechendes Vorgehen gegen die Leute einzuschließen hätte, die den fortgeschrittenen kapitalistischen "Sachzwängen" sich zu verweigern auch nur den Anschein erweckten.

Die SPD freilich tut alles, von sich aus den kleinen, aber feinen Trennungsstrich zwischen Demokratie und Faschismus zu verwischen. Warum kann man mit Fug & Recht behaupten, die SPD steige in die Fußstapfen der NSDAP, ohne oben erwähnte Unsachlichkeit fürchten zu müssen?
Mit folgender Begründung hat das Schiedsgericht der SPD den Nicht-Ausschluß ihres rassistischen Oberhetzers Sarrazin begründet: "Sarrazin sei auch deshalb nicht rassistisch, weil er nicht alle [!] Migrantengruppen gleichermaßen
[!] abgewertet habe. Sarrazin hatte gesagt, Vietnamesen und Osteuropäer seien integrationswillig und hätten in der zweiten Generation überdurchschnittliche Erfolge. Juden hätten einen um 30 Punkte höheren Intelligenzquotienten. Nur bei Arabern und Türken gebe es einen geringeren Integrationswillen." (taz, 16.03.10) Als ob nicht gerade auch Faschisten feine Unterschiede unter den "Untermenschen" ausgemacht hätten: Slawen, Neger, Araber, Asiaten, Zigeuner und Juden waren ihnen als solche nicht durchweg dasselbe. Daß es allein einem deutschen Übermenschen zukommt darüber zu urteilen, da ist das SPD-Gericht sich mit den Faschisten ebenfalls völlig einig. Das "Menschenbild" Sarrazins hält das Gericht für lediglich "pessimistisch": "Seine Äußerungen zeugten 'von einem sehr pessimistischen Menschenbild'. Er gebe 20 Prozent der Bevölkerung verloren und sei der Meinung, diese müßten sich 'auswachsen'." (ebenda) Daß man dabei staatlicherseits etwas nachhelfen muß, versteht sich ja für einen SPD-Vor und Nachdenker von selber, für das Gericht wäre das - hier präzisiert es gar noch den vorgetragenen Rassismus! - nur die Spitze des Eisbergs, wenn alle anderen Möglichkeiten - Arbeitsdienst! wie damals unentgeltlich und per Zwang, was ja ergänzenderweise die SPD-Vorsitzende in NRW, Hannelore Kraft, ins Spiel gebracht hat! - ausgeschöpft seien. "Sarrazins Äußerungen über Einwanderer seien nicht im klassischen Sinne rassistisch, also biologisch begründet gewesen, befand die Schiedskommission. Immerhin [!] habe sich die Häme des Bundesbank-Aufsichtsrats auch gegen Teile der deutschen Bevölkerung [!] gerichtet. Ach was. Das genau war doch der Skandal: daß Sarrazin seine Ressentiments gegen Hartz-IV-Bezieher nun mit Seitenhieben gegen türkische und arabische Einwanderer rassistisch aufgeladen hatte. Daß er von biologistischem Denken nicht frei ist, zeigte sein peinlicher Vergleich mit osteuropäischen Juden, denen er einen höheren IQ attestierte." (taz-Kommentar, 16.03.10) Klar, die Schmarotzer am deutschen Volkskörper, die Hartz-IV-Bezieher, da muß ein SPDler schon den Vorreiter machen dürfen und darf die Agitation nicht den Nazis überlassen; ein wenig aufregen darf man sich allenthalben, wenn es um das deutsche Ansehen im Ausland geht, was ja immer dann berührt ist, wenn gegen ausländische Staatsangehörige gehetzt wird! Völlig in Ordnung geht es offenbar mittlerweile, auch unter den Deutschen Volksschädlinge [der Begriff "arbeitsscheu" ist faschistischer Prägung und wird deshalb kaum noch benutzt, die Ideologie wird wie man sieht, nichtsdestotrotz aufrechterhalten] auszumachen, die eigentlich und so betrachtet gar keine richtigen Deutschen sind!  Unter den Tonangebenden in der SPD ist man sich also völlig einig, die NS-Rassenideologie mit ihren beiden Seiten - den in- wie ausländischen Parasiten an der deutschen Nation - wieder zum staatstragenden Weiß-Warum zu machen. Mit der NSDAP sollte man sie aber um Himmels willen deshalb nicht gleich verwechseln! Doch warum eigentlich nicht? Diese Partei hat sich eine neue Räson verpaßt. Die NPD kann einpacken, sie ist überflüssig!
Es ist geradezu symptomatisch, daß, wie die dpa am 09.03. meldet, gegen den Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias Will ermittelt wird, weil er laut mehreren Zeugen in der Öffentlichkeit den Hitler-Gruß gezeigt und angetrunken "Heil Hitler!" gerufen habe. In der SPD-Pressestelle hieß es, Will sei trotz der Ermittlungen nicht beurlaubt.

Übrigens: Kann jetzt bei den Linken endlich mal Schluß sein, diese Rassistenpartei in das "linke Spektrum" hineinzuinterpretieren??? Wahrscheinlich nicht, ihr sind ja wohl noch bessere Deutsche, so gut, daß für jeden ein Platz sein muß, auch eben für Bundesbanker und Parteivorsitzende zutiefst rassistischer Gesinnung. Links und rechts könnt ihr inhaltlich sowieso nicht unterscheiden und wollt dies auch nicht. Hoffnungsvolle Interpretationen hoffnungsloser Zustände, das ist euer Ding! Hoffentlich bereut ihr nochmal eure grenzenlose Dummheit! (19.03.10)

Das Lumpenproletariat

Michael Friechrichs hat in einem Beitrag für die erste Ausgabe des Augsburger Literaturmagazins Lauthals (herausgegeben von Reinhard Gammel; erhältlich in Augsburger Buchläden; die zweite Ausgabe ist in Vorbereitung) sein Befremden über die Anpassungsfähigkeit eines 1-Euro-Bettlers Ausdruck verliehen. Indem er dessen Wunsch entsprach, hat er der gesellschaftlich vorstellig gemachten Gleichung, nach der - gerade für die, die nichts besitzen! - der Anstand Mittel des Erfolgs sei, recht gegeben. Er ist auf die Heuchelei des Bettlers hereingefallen, wie er selber konstatieren muß. Jener ging mit der erhaltenen Münze natürlich nicht, wie behauptet, zum Telefonieren.
Warum räumt er das so offen ein? Ist es eine dem Proletariat im allgemeinen unterstellte Moralität, die es von der Bourgeoisie unterscheiden soll, die nun aber bitter enttäuscht wurde in der schnöden Berechnung des allzu höflich Bittenden? Wenn dem so ist, wäre dann nicht ein Schluß fällig auf die Leistung eines gesellschaftlichen Systems gar sein offenkundiges Opfer in der Weise zu ideologisieren, daß es seinen Erfolgsversprechungen auch dann noch glaubt, wenn es ums pure Überleben, ums Aushalten des Daseins mit der nächsten Flasche Bier ringt?
Daß Anstand Mittel des Erfolgs sei, dies ist auch der aus der Arbeiterbewegung einst hervorgegangenen, systemtragenden Partei namens SPD nicht fremd. Ja, es ist in jeder Beziehung ihre Agitation, auch gegenüber dem Kapital. So hat, worauf die Augsburger Allgemeine am 19.03.10 dankenswerterweise hingewiesen hat, der neue Vorsitzende der Partei Gabriel den Begriff "Lumpenelite" in die Welt gesetzt. Das Blatt hat in dem Zusammenhang sein Augenmerk darauf gerichtet, daß dieser Begriff in gewissem Gegensatz zu dem Begriff des "Lumpenproletariats" steht, der zur Zeit von Marx im Umlauf war und der die dringliche Notwendigkeit des Klassenkampfs vorstellig gemacht hat. "Lumpenelite" hingegen ist der Vorwurf des fehlenden Anstands an die "Leistungsträger" der Nation, an die Kapitalisten, die ihren Erfolg verfehlen, wenn sie sich nicht anständig benehmen, also den Arbeitern "nicht nur" ihre Existenz infrage stellen, sondern sie auch ihrer "Würde" berauben. Wie der von Friedrichs aufgegriffene Fall allerdings zeigt, lassen die sich am allerwenigsten ihre "Würde", die sich in ihrem Anstand ja manifestiert, rauben.
Es ist zwar nicht immer erfolgreich, aber
ziemlich einfach, sich auf Heuchelei zu verstehen. Ein SPD-Vorsitzender befleißigt sich dieser Art Kritik am Kapital ja ebenfalls heuchlerisch, weil er als Staatsmann zu beklagen hat, daß der Erfolg des Kapitals insgesamt für die Ansprüche, die der deutsche Staat an es hat, zu wünschen übrig läßt. Er fordert also mehr Ausbeutung, aber bitte so, daß das Proletariat nichts davon merkt, weil sie "anständig", d.h. erfolgreich abgewickelt wird [Er fordert also den Erfolg, aber erfolgreich, ein schöner Pleonasmus!]. Was natürlich kaum anders geht, als daß die richtige Partei die richtigen politischen Richtlinien setzt. Im übrigen geht diese Art Kritik am Kapital in die Richtung, die unter dem Link "Faschismus" auf dieser Website die faschistische Ideologisierung der SPD zeigt: Auch der NSDAP war das Kapital viel zu wenig national verantwortlich, wurde zuviel Geld am Fiskus vorbeigeschleust, wurden Ausbeutungschancen im besten Sinne, nämlich in dem der Größe der Nation, vergeigt.
"Anstand" war ein ganz, ganz großes Thema faschistischer Agitation, gerade weil die Faschisten ganz, ganz große Opfer dem Proletariat aufbürden wollten. Hitler selbst stellte sich bezüglich des Lumpenproletariats die Frage: "Sind dies noch Menschen, wert, einem großen Volke anzugehören?" (Mein Kampf, S. 42)  Und im Sinne des Anstands, den der Bettler beherzigt, muß man behaupten, ja sie sind es! Sie sind zu genau denselben Anpassungsleistungen fähig, die Gabriels "Lumpenelite" kaum nötig hat, weil in und zwischen den Chefetagen Ellbogen allemal erfolgversprechender sind. In diesem Sinne bekennt sich die SPD gerade dazu, Ambitionen in Richtung einer faschistischen Arbeiterpartei zu haben, die wie die NSDAP auch das Kapital auf die Nation und deren Erfolg ausrichten möchte. 
(21.03.10)