Das SPD-Erfolgsrezept:
Deutschland muß! — statt Lebensgenuß!
150 Jahre wird die deutsche Sozialdemokratie nun alt und just vor 100 Jahren schrieb ein Professor für Wirtschaftsgeschichte, Dr. Vladimir G. Simkhovitch, schon einen unfreiwilligen Abgesang auf diese Partei, die sich dem Nationalismus verschrieben und den Begriff »sozial« lediglich zur schieren Rechtfertigung ihrer nationalen Ansprüche benutzt hatte. Simkhovitchs Überlegungen muten sehr aktuell an, wenngleich damals jene Partei noch mit Marx in Verbindung gebracht wurde — übrigens ziemlich ausschließlich von ihren politischen Konkurrenten, welche sie qua Marx der Wert- und Erfolglosigkeit zeihen wollten, so daß sie alle Mühe hatte, eine Beziehung zu dessen Schriften stets aufs neue zu dementieren. Im Anschluß an einige interessierte Mißverständnisse des marxschen »Kapitals« zieht Simkhovich folgendes Fazit:
"Wenn der Sieg des Proletariats in Straßenkämpfen schon in der Vergangenheit ein seltenes Ereignis war, so hat es unter modernen Verhältnissen, bei der gegenwärtigen militärischen Technik, mit Eisenbahnen und Telegrafen, tatsächlich gar keine Aussicht auf Erfolg. So wird denn selbst die letzte Hoffnung, die Hoffnung auf die Revolution [von der Sozialdemokratie] zu Grabe getragen. Im ersten Kapital haben wir [Simkhovitch im pluralis maiestatis] darauf hingewiesen, daß, einerlei welche Rolle Marx' Werttheorie in seiner ökonomischen Theorie spielte [als würde sich hierbei um keinen Beweis handeln, der selbstredend an Klarheit nichts zu wünschen übrig läßt!], Marx' Sozialismus sich nicht auf jene Theorie gründete, sondern vielmehr auf die unvermeidliche Entwicklung ökonomischer Tendenzen [welche natürlich keinesfalls aus der ökonomischen Theorie abgeleitet werden können]. Wenn daher Marx' Verhältnis zum Sozialismus der Hauptgegenstand unserer [d.h. meiner] Untersuchung ist, würde es uns [d.h. mich] nur verwirren, wenn wir [also ich] mit der Erörterung seiner Werttheorie angefangen hätten. Jetzt aber, nach Erledigung der ökonomischen Tendenzen, die zum Sozialismus führen sollten, können wir erwägen, was der Sozialismus von der Marxschen Werttheorie zu gewinnen hat. In gewissen Sinne sind solche Betrachtungen überflüssig.  ... Seit dem Erscheinen des dritten Bandes des »Kapital« haben wir sozusagen ein unterzeichnetes Geständnis von Marx und Engels in Händen, daß Marx Werttheorie eine nichtige Konstruktion sei. ....[Sein antimarxsches Vorurteil, die marxsche Ökonomiekritik wäre überflüssig, da sich der Sozialismus eh nicht quasi automatisch durchgesetzt hat, läßt ihn freilich — anders als die Sozialdemokratie — nicht ruhen:]  Der Satz, daß der Preis nur der Ausdruck des Wertes in Geld sei, die Behauptung, daß Waren nach ihren Werten ausgetauscht werden, läßt Marx einfach fallen, stattdessen wird uns gesagt, daß in Wirklichkeit die Durchschnittsprofitrate von den gesamten Produktionskosten sich ergibt, ohne Rücksicht auf die sogenannte Zusammensetzung des Kapitals [welche der Kapitalist ignoriert, weil er sie ignorieren kann, was Simkhovich freilich zu einem schlagenden »Argument« erhebt], die Waren selbst werden also in Wirklichkeit entweder über, oder unter ihrem Werte verkauft. Also nach all dem Hohn, mit welchem Marx die »vulgäre« klassische Nationalökonomie überhäuft hatte [also nach S. gar nicht widerlegt hat!], nachdem laut angekündigtem neuen Naturgesetz — sein eigenes Wertgersetz — wird uns im dritten Bande gesagt, der Preis habe mit dem Werte nichts zu tun!... Wenn der Wert des Produkts den Preis desselben nicht reguliert [wie sollte denn solch Kopfstand gehen?], wenn der Gewinn des Kapitalisten nicht durch den Mehrwert bestimmt wird, den er herauszieht [kann er etwa mehr an Mehrwert herausziehen, als ihm die Konkurrenz zuläßt??], sondern durch die Durchschnittsprofitrate, die er auf die Totalsumme der Produktionskosten erhält, dann hätte [Achtung!:] der erste Band des 
»Kapital« gerade so gut wie nie geschrieben zu werden brauchen; dem Leser wäre erspart werden können das ganze scholastische [als hätte es Marx nicht auf einen Beweis angelegt und erst einmal den Wert als solchem, abstrahiert von allenthalben variablen Preisen, untersucht! So etwas ist übrigens dem Begriff nach eine wissenschaftliche Vorgehensweise.] Suchen nach dem »tertium comparationis«, welches definiert [sic! also richtig studiert hat er den ersten Band ebensowenig!] wird, als weder das Eine noch das Andere, sondern als eine unsubstantielle Substanz, als eine Gallerte menschlicher Arbeit, welche jeden Austausch und alle seine Gleichungen unter dem Namen des Wertgesetzes beherrscht.  ..."
— Sogesehen hätte sich auch Herr Simkhovitch sein Buch titels »Marxismus gegen Sozialismus« [Zitate: S. 162f, 171f] sparen können. Denn er ging ja schon davon aus, daß an Marx' Theorie aufgrund ihrer praktischen Erfolglosigkeit — welche er am Nichteintreten des Sozialismus festmacht! — nichts dran ist, so daß er auf den wirklich genialen Gedanken verfiel, die Erfolglosigkeit ihrerseits schon aus dem Werk selber herauslesen können zu müssen. Heute, 100 Jahre nach diesem Aufschneiderpamflet des Herrn Simhkhovitch von der Columbia Universität haben sich die Krisen des Kapitals all solchen Typen zum Trotz nicht erledigt; ganze Staaten gehen über das zugrundeliegende Wertgesetz bankrott, Millionen Leute, mehr als je zuvor, verelenden. Nun freilich gibt es wieder einige, die wirklich wissen wollen, wie Marx all dies im
»Kapital« erklärt hat. Logo,  deutsche Sozialdemokraten gehören nicht zu diesen Wißbegierigen. Die sonnen sich auf der Sonnenseite des Erfolgs des deutschen Staates (samt seiner kapitalistischen Wirtschaft), dessen ökonomische wie politische Gewalt sie entscheidend gestärkt haben und weiterhin zu stärken gedenken. Und sie wollen partout nicht wahrhaben, auf wessen Rücken dies ausgetragen, notwendigerweise ausgetragen wird, weil eben kein Erfolg ohne die entsprechenden Kosten zu haben ist. Wie sonst könnte ein gut bezahlter Hohlkopf wie der Augsburger Landtagsabgeordnete Harald Güller  folgendes ablassen?: "Die Schere [zwischen Arm und Reich] ist in vielen Lebensbereichen ein treffendes Bild. Auf der einen Seite Altersarmut, Bildungs(un)gerechtigkeit, unsichere Arbeitsverhältnissse und Hungerlöhne, auf der anderen Seite explodierende Managergehälter und unmoralische Geldgeschäfte [alles doch wohl Resultate, die maßgeblich mit auf die politischen Leistungen der SPD zurückzuführen sind, oder?]. Unser Regierungsprogramm [unter einem solchen macht die SPD sowieso nichts!], ..., steckt voller Lösungen, die den Schwächeren helfen werden [zumindest  in einem Appell an ihre nationale Moral — sich über ihre Lage hinwegzutäuschen!], aber [?] die Stützen unserer Gesellschaft [also die Kapitaleigner, Manager und Staatsverantwortlichen, nicht die Lohnarbeiter!] auch nicht über Gebühr belasten." Na dann, Prost Mahlzeit! Bei einem Wahlsieg spendiert die SPD Freibier, zumindest ihren Leistungsträgern! Gelächter!
(24.05.13)