Die nationalistische Politik Nord-Koreas
1. Es ist wenig wirklichkeitsnah für einen Staat, eine nationale
Autarkie-Politik (Juche) zu verfolgen, wenn einem dazu die
ökonomischen Grundlagen fehlen. Das führt dazu, daß der
Staat sich und seiner Bevölkerung vorlügt, wie stark er denn
sei. Diesen Beweis tritt er dann auch an, freilich nicht
ökonomisch, vielmehr militärisch.
2. Im militärischen Bereich verfügt der Staat seit dem Krieg,
in dem er von UdSSR und China unterstützt wurde, über
Ressourcen.
Diese hat er im Gegensatz zu sonstiger, für vergleichsweise
unwichtig erachteten staatlich-volksnützlichen Einrichtungen nie
schleifen lassen. Der Anspruch den Sieg im Krieg, der ihm von Seiten
der USA - so sieht man es in Nord-Korea - seinerzeit gestohlen wurde,
doch noch zu erringen, wurde nie aufgegeben.* Dementsprechend sind
seine Streitkräfte und seine Rüstung nicht bloß auf die
Verteidigung Nord-Koreas ausgerichtet. Deswegen ist die Existenz der
US-Truppen in Süd-Korea der Führung in Pyöngyang so ein
Riesendorn im Auge. Friedliche Koexistenz wie sie seinerzeit die
Sowjetunion mit dem imperialistischen Westen anstrebte, ist nicht ihr
Programm. Wenn die Pyöngyanger Führung unter ihrem
glorreichen Denker Kim Jong Il** heute ausgerechnet dieses Programm
für das Ende der Sowjetunion verantwortlich macht, nimmt sie
Maßstab an einer Macht, der sie sowieso in praktischer Hinsicht
nicht gerecht werden konnte und wollte - schließlich hat sich die
Beurteilung an der Abhängigkeit relativiert - und noch heute ist
man in Pyöngyang im Grunde immens froh, mit Rußland einen
Gegenspieler der USA mit am Tisch sitzen zu haben. Aus einer
(verkehrten) Kritik der Sowjetunion [die Aufgabe ihres System speiste
sich doch nicht minder aus nationalen Berechnungen wie umgekehrt das
Festhalten an ihm durch N-Korea] seinen eigenen (vermeintlich)
revolutionären Standpunkt abzuleiten, ist theoretisch der absurde
Standpunkt der Juche-Ideologen.
3. Die politischen Ambitionen, für ein Gesamt-Korea zu stehen,
haben wiederum ihre Rückwirkung auf die Ökonomie. Für
das verfolgte Hochrüstungsprogramm sind Einsparungen in anderen
Bereichen dringend nötig, und das, obwohl das Land das eigentlich
nicht hergibt. Man erinnert sich ja an naturbedingte Hungerkatastrofen,
die einem angeblich so volksnahen Staat abverlangt hätten, all
seine Kräfte auf dieses Problem zu werfen, was möglich
gewesen wäre, ohne die nationale Sicherheit deswegen in Frage zu
stellen. Das hat Nord-Korea aber nicht getan, es hat sein verehrtes
Volk lieber (fast ver-)hungern lassen und ist ausgerechnet im
verfeindeten Westen auf Nahrungsmittelbettelei gegangen. Da war es sich
dann freilich schon schuldig, das "present of the USA" und
ähnliche Aufschriften von den ach so imperialistischen
Reissäcken zu kratzen: Ein Armutszeugnis ist es nicht so sehr,
betteln zu müssen, sondern das dermaßen verlogen zu tun, wie
es eben nur ein ML-Staat hinkriegt: Dieser Staat gebärdet sich so
wie ein arbeitslos gewordener, eingebildeter Moralaffe, der nach wie
vor um 7 Uhr mit Schlips und Aktentasche das Haus verläßt,
um seiner Umwelt als Nicht-Arbeitsloser zu erscheinen.
4. Die von den USA angetragene Feindschaft soll und muß in Augen der sich als kommunistisch bezeichnenden Partei der Arbeit
dafür herhalten, all das zu rechtfertigen, was sie an
überhaupt nicht kommunistischer Politik ihrem Volk zumutet [die
Bezeichnung der Politik als nationalistisch oder gar
nationalsozialistisch wäre weitaus treffender]. Diesbezüglich
verlangt es von seinem Volk höchste Moral und
Unterwürfigkeit. (Dafür bekommt es dann so tolle
Ratschläge, wie z.B. Gemüse auf dem Balkon anzupflanzen.) -
Dabei ignoriert N-Korea, wiewohl es davon profitiert, daß ihm die
internationale Konstellation zugutekommt. Für China ist Nord-Korea
ein Pufferstaat hin zur Einflußsfäre der USA (und zum mit
ihnen verbündeten Japan) und soll als solcher nicht zur
Disposition gestellt werden. Dokumentiert wird dieser Standpunkt in den
permanent fortgesetzten 6-Parteien-Gesprächen, die Beijing ins
Leben gerufen hat. Man kann den USA einiges zutrauen, aber daß
sie Vabanque spielen, eher nicht. Wozu sie Nord-Korea erpressen wollen,
ist nicht deren Selbstaufgabe schlechthin, vielmehr die Aufgabe ihres
Selbstverständnisses, die Anerkennung Süd-Koreas und eine
Beendigung der explosiven Situation auf der koreanischen Halbinsel,
denn mit China einen neuen Krieg riskieren wollen die USA nicht.
Daß die USA selber einiges zur explosiven Situation auf der
koreanischen Halbinsel beitragen, ist ihr Widerspruch, den sich
Nord-Korea propagandistisch auszuschlachten natürlich nicht
entgehen läßt. Man denke diesbezüglich an die schier
permanenten Militärmanöver der USA mit süd-koreanischen
Verbänden. Wahrlich kein leichtes Spiel für die chinesischen
Unterhändler, beide Seiten auch nur am Tisch zu behalten.
5. An dieser Stelle ein Vergleich, der die reichlich bescheuerte
Politik der nord-koreanischen Führung veranschaulicht: Kuba ist in
einer strategisch wesentlich schlechteren Lage gegenüber den USA,
die ihm sehr zusetzen, und zwar so sehr, daß es eigentlich schon
an ein Wunder grenzt, daß sich dieser Staat noch hält. Im
Vergleich zu Nord-Korea sind die Militäranstrengungen Kubas
geradezu lächerlich; dagegen geht es der Bevölkerung,
wenngleich auf bescheidenem Niveau, bei durchaus vergleichbaren
Naturkatastrofen, bei durchaus vergleichbarer ökonomischer
Grundlage - der eines nicht Mehrwert produzierenden, auf die Rohstoffe
des Landes angewiesenen Landes - wesentlich besser. Verhungern
muß auf Kuba jedenfalls niemand, um es mal ganz
zurückhaltend auszudrücken.
(05.04.09)
-----
* Es sei an dieser Stelle darauf
hingewiesen, daß Krieg und Klassenkampf einander
ausschließende Kategorien sind.
** aus der mehr als peinlichen Rede Kim Jong Ils
zum 165. Geburtstag und 100. Todestag von Karl Marx am 03.05.1983, in
der auch nicht ein Gedanke von Marx korrekt wiedergegeben wird:
"...
Während seiner Führungstätigkeit in der koreanischen
Revolution stützte sich der große Führer Genosse Kim Il
Sung auf die Juche-Ideologie, gab auf alle Fragen in der Revolution und
beim Aufbau eine wissenschaftlich fundierte Antwort und systematisierte
allseitig die Ideen, Theorien und Methoden des Juche. Diese Ideen,
Theorien und Methoden, auf die der große Führer Genosse Kim
Il Sung hingewiesen hat, gehen von den Grundsätzen des Juche aus
und sind deren Verkörperung. In diesem Sinne nennen wir die vom
Genossen Kim Il Sung begründeten Ideen, Theorien und Methoden die
Juche-Ideologie.
Sie ist ein hervorragendes Ergebnis des ideologisch-theoretischen
Wirkens des großen Führers Genossen Kim Il Sung in einem
Zeitraum von mehr als 50 Jahren und die ideologisch-theoretische
Verallgemeinerung der koreanischen Revolution. In der Juche-Ideologie
sind die Ideen und Theorien zusammengefaßt, die im
revolutionären Kampf unter dem Banner des Marxismus-Leninismus
entwickelt, bereichert und neu aufgestellt wurden, und hier findet man
eine wissenschaftlich fundierte Antwort auf die neuen Fragen, die in
der Revolution und beim Aufbau unserer Epoche aufgeworfen wurden. Gehen
wir den von der Juche-Ideologie erhellten Weg, so können wir den
Opportunismus jeglicher Form überwinden, die revolutionären
Prinzipien des Marxismus-Leninismus entschlossen behaupten, alle neuen
Probleme, die die Epoche und die revolutionäre Entwicklung
stellen, richtig lösen und den Kommunismus erfolgreich aufbauen.
Die Geschichte der koreanischen Revolution ist ein historischer
Abschnitt, in dem sich die große Juche-Ideologie durchgesetzt hat
und sie in allen Bereichen triumfierte.
Wir konnten ohne jegliche Abweichungen die Revolution und den Aufbau
zum Sieg führen, weil wir uns unentwegt von der Juche-Ideologie
leiten ließen.
Unserem Volk gelang es, den japanischen Imperialismus zu schlagen und
die historische Wiedergeburt des Vaterlandes zu erringen, weil es die
vom großen Führer Genossen Kim Il Sung aufgestellte
Juche-Linie über den bewaffneten Kampf befolgte und auf dieser
Grundlage im bewaffneten antijapanischen Kampf Heroismus bekundete.
Nach der Befreiung des Landes setzte unser Volk unter der klugen
Führung des hochverehrten Genossen Kim Il Sung die
revolutionäre Juche-Linie durch. Als Ergebnis führte es im
Norden der Republik die antiimperialistische und antifeudale
demokratische Revolution konsequent durch und gestaltete den
nördlichen Teil als eine machtvolle Basis der koreanischen
Revolution. Gestützt auf dieses Fundament, errang es im
erbitterten Vaterländischen Befreiungskrieg gegen den bewaffneten
Überfall des USA-Imperialismus einen großen Sieg. Dank der
Durchsetzung der Juche-Ideologie konnten wir alle Probleme in der
sozialistischen Revolution und beim sozialistischen Aufbau nach dem
Krieg vollkommen lösen und unser einst rückständiges
Land in kurzer Zeit in einen mächtigen sozialistischen Staat
verwandeln, in dem die Souveränität, die Selbständigkeit
und der Selbstschutz gewährleistet sind.
Unsere Revolution entwickelt sich heute auf einer neuen, höheren
Stufe, und unserem Volk, das dem Kommunismus entgegenschreitet,
eröffnet sich eine lichtvollere Zukunft. ..."
(an dieser Stelle wurde dem Erleuchteten das Licht abgeschaltet)
