GEGENSTANDPUNKT

Rente mit 67 -
noch ein Schritt der Arbeiter & Angestellten in die Armut


Die Regierung hat beschlossen, das Renteneintrittsalter schrittweise auf 67 Jahre zu erhöhen. Ihr Argument: Die Menschen werden älter. Deshalb soll es allen einleuchten, daß sie die Beitragszeiten verlängern und die Rentenbezugsdauer verkürzen muß. Denn für die Versorgung einer wachsenden Zahl alter Leute reicht es angeblich nicht.
Das ist einerseits absurd: Wenn es darum ginge, ein paar Millionen von Alten aus der laufenden Produktion der aktiven Generation mit zu versorgen, wäre das ein Kinderspiel. Schon gleich auf dem heutigen Niveau der Arbeitsproduktivität, das offenbar so hoch liegt, daß die Mitarbeit von 4–6 Millionen Arbeit suchenden Arbeitskräften schon gar nicht mehr gebraucht wird. All die Arbeit, die in den oft hundert Milliarden schweren Kapitalgesellschaften, den Bankpalästen, Regierungsneubauten, den Tornados der Bundeswehr und und und … steckt, sollte nicht ausreichen, ausgedienten Arbeitsleuten einen sorgenfreien Lebensabend zu sichern? Absurd!
Aber darum geht es eben nicht in diesem Land. Hier werden die Alten nicht aus dem Arbeitsprodukt der aktiven Generation mit versorgt, sondern aus dem Lohn, den die Unternehmer für die Arbeit bezahlen – und das ist überhaupt nicht dasselbe. Die Unternehmer zahlen dem Arbeiter nämlich nicht den Wert seines Arbeitsprodukts als Lohn – da könnten sie die Gewinnmaximierung ja gleich aufgeben! Sie zahlen gerade so viel, wie eben nötig ist, um die Leute an die Arbeit zu bringen. Und dafür genügt – die letzten Jahre zeigen es – immer weniger. Hat der Unternehmer die Arbeit eingekauft, steigert er im Betrieb durch neue Technik, durch einfachere Arbeitsschritte und durch die Beschleunigung des Arbeitstempos unentwegt das Produkt der Arbeit, aber nur, um dafür schon wieder weniger Lohn zu zahlen: Wenn zwei Leute die Arbeit von früher drei erledigen können, dann wird einer entlassen, und die anderen beiden erledigen die Arbeit für zwei Drittel der früheren Lohnkosten. Je ertragreicher ihre Arbeit wird, je mehr materiellen Reichtum die Arbeitskräfte produzieren, desto weniger von ihnen können von Lohnarbeit leben – und desto schlechter leben die davon, die noch gebraucht werden.
So absurd ist die Welt des Kapitals:

Durch eine bessere Produktivität der Arbeit senkt der Unternehmer den Lohn, den er zahlen muß, und vermehrt die Zahl der Arbeitslosen, die wiederum auf den Lohn der Beschäftigten drücken. Nach Jahren eines immer weiter anwachsenden Heeres von Arbeitslosen, nach Lohndrückerei an allen Fronten, nach der Ersetzung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse durch Billigjobs und Zeitarbeit ist es
ja ganz klar, dass die aus regulärem Lohn bezahlten Beiträge in die Rentenkasse dahinschwinden. Die im Rententopf eingesammelte Summe reicht sowieso schon nicht für die Auszahlung der Renten – wenn dann die Leute im Durchschnitt noch ein Jährchen älter werden, verschärft das die Rentennot, ist aber keineswegs der Grund für sie.
Jetzt werden die Renten wieder einmal gekürzt, diesmal in der Form, daß man länger arbeiten und einzahlen muß, um kürzer Rente zu beziehen. Und wieder ist der Grund derselbe wie immer: In der Rentenkasse fehlt Geld. Daran zeigt sich nur eines: Die Arbeiterschaft verdient mit ihrem Lohneinkommen insgesamt nicht genug, um sich ein ganzes Leben lang daraus zu versorgen.

Aber, Kollegen, das will hier ja niemand wahrhaben. Daß wir arme Leute sind, mag keiner zugeben. Und es nützt auch gar nichts, über die unsoziale Herzlosigkeit der Unternehmer zu klagen. Daß sie uns ausnehmen, ist nicht anders zu erwarten. Das ist ihr Geschäft. Daß wir uns ausnehmen lassen, ist unser Fehler. Wir hoffen eins ums andere Mal auf den Aufschwung, die Konjunktur, die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft in der Globalisierung – und bringen immer neue Opfer für diese Hoffnungswerte. Anstatt uns dem Gegensatz der Interessen endlich mal zu stellen…

Diskussion

Die schönste Lüge für die Rente mit 67: „die alternde Gesellschaft“
– ein unwidersprechlich natürlicher Grund für die wachsende Armut von Alt und Jung
Donnerstag, 15. März 2007, 19:30 Uhr
Altes Feuerwehrhaus, Foyer 2, Stuttgart-Süd, Möhringer Str. 56
(Eingang Erwin-Schoettle-Platz) – U 1, U 14, Bus 42 Schreiberstr.
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