Prof. Dr. Albert Krölls
Psychologie heute – verkehrt wie damals – populär wie nie!
Vortrag in Augsburg am 10.05.2012

Einleitung:
Die Frage, welche Beziehung der Mensch zu seiner werten Persönlichkeit pflegt, wie er mit sich und seiner Psyche umgeht oder mit ihr zurechtkommt, hat für die psychologisch gebildeten Mitglieder der »modernen Gesellschaft« den Rang der allerwichtigsten Lebensfrage überhaupt errungen. Die Antwort darauf klärt nämlich alle Probleme, die der Mensch im Umgang mit der Welt hat. Ein Scheitern am Arbeitsmarkt oder bei der Liebeswerbung, Ärger in der Familie oder im Büro, Frustration, Angst vor dem Atomkrieg oder dem Alleinsein, lassen auf falsche Einstellungen schließen und führen zu Unlust oder gar Unglücksgefühlen, die nicht unbedingt sein müssen. Zurechtkommen mit der Welt ist zu allererst ein Zurechtkommen mit dem lieben Selbst. Wer sich selbst annimmt und kontrolliert, wer sein Verhältnis zu sich im Griff hat und über ein gesundes Selbstwertgefühl verfügt, hat mit der Welt keine Probleme mehr. Jedenfalls, wenn man die Welt mit der psychologischen Brille betrachtet.
Gemäß dem psychologischen Kult des Selbstbewußteins bildet die Stärke des Ich den Schlüssel für den Erfolg in Beruf und Privatleben. Die Pflege des guten Glaubens an sich selbst und seine eigenen Möglichkeiten und Fähigkeiten wird als die entscheidende Erfolgsbedingung in allen Sfären des privaten und gesellschaftlichen Lebens propagiert. Ob Fußballspieler Tore schießen oder ob oder Unternehmens-Manager eine Rekordrendite erwirtschaften lassen, scheint weniger mit Ballbeherrschung, Paßgenauigkeit und Kondition bzw. der gelungenen Handhabung der Techniken kapitalistischer Betriebsführung zu tun zu haben als vielmehr an der mangelnden Erfolgsfähigkeit der Akteure zu liegen. Weswegen inzwischen zur Grundausstattung jeden Bundesligaklubs ein Psychologe gehört ebenso wie gestandene Manager-Typen ihr Wochenende unter Anleitung psychologischer Gurus mit so etwas wie Erfolgstraining verbringen, völlig losgelöst davon, wie kapitalistische Ausbeutung funktioniert.
Die Wissenschaft der Psychologie liefert für das geistige Bedürfnis, die kapitalistische Gesellschaft und ihre Einrichtungen als Summe von Chancen und Möglichkeiten für die Selbstverwirklichung des Subjekts zu betrachten und demgemäß die persönliche Niederlagen nicht den Prinzipien der Konkurrenzgesellschaft sondern sich selbst und sondern seiner eigenen mangelnden Erfolgsfähigkeit zuzuschreiben wie auch umgekehrt die Siege in Beruf und Privatleben als Ausweis seines geborenen Erfolgsmenschentums zu betrachten, eine adäquate Theorie des Willens. Der Mensch wird präsentiert als ein merkwürdiges Doppelwesen, das einerseits bestimmt ist durch ein Ensemble von inneren und äußeren Einflußfaktoren und andererseits zugleich mit der Regiefähigkeit begabt ist, die Kontrolle über die inneren Kräfte zu erringen, die sein Denken und Handeln determinieren. Um auf diese Weise ein seelisches Gleichgewicht zu erlangen, das ihn in Einklang bringt mit den realen Umständen, die sein Leben beherrschen.

1. Psychologischer Determinismus


Die erste Abteilung des psychologischen Menschenbildes besteht darin, daß die Psychologie das Bewußtsein als eine defekte, von allerlei unkontrollierten Einflüssen gesteuerte Instanz ausmalt. Wenn Psychologen den Willen erforschen, fragen sie nicht nach dem Zweck des Handelns sondern suchen nach Ursachen des Willens außerhalb von Wille und Bewußtsein und teilen dann ihren staunenden Forschungsobjekten mit, von was sie getrieben sind. An Ratten und anderen Getier studieren sie, wie der menschliche Wille gebildet wird und wenn sie es lieber etwas kognitiver haben wollen, forschen sie nicht nach konditionierten Reflexen sondern nach Dispositionen und Mustern, die das Verhalten determinieren. Nie jedenfalls ist der Wille des Menschen das einfache Resultat seiner Absichten und Beschlüsse. Stets ist er bestimmt und begrenzt durch innere und äußere Bedingungen: Dispositionen, Fähigkeiten, Motivlagen und Triebe.
Was heißt für die Psychologie Erklärung?
Erklären, die Antwort auf die Frage nach dem Warum menschlichen Tun und Denkens geben, heißt dementsprechend für die Psychologie, sich auf die Suche zu begeben nach seinen


»inneren (im Individuum angesiedelten) und äußeren (in der Umwelt lokalisierten) Bedingungen und Ursachen«.

Denn »von einer Erklärung wird dann gesprochen, wenn sich die Bedingungen oder sogar die Ursachen aufweisen lassen, die ein Phänomen hervorgebracht haben.« (Zimbardo-Gerrig, Psychologie, 7. Aufl. 1999: 2, 3)

Mit dieser dogmatischen Betrachtungsweise allen Tun und Treibens in der Welt als abhängige Variable eines Ensembles innerer und äußerer Determinationskräfte beraubt die Psychologie jede menschliche Tat ihrer Bestimmung, verwirft sie ziemlich prinzipiell jedes subjektive Interesse als Handlungsgrund. »Aus welchem Grund?«, »zu welchem Zweck?
«, »aufgrund welchen Urteils?« sind Fragen, die sich für Psychologen verbieten, weil an jeder bestimmten Handlung einer Person lediglich festgehalten sein soll, daß sie eine Äußerung der inneren Menschennatur darstellt, welche durch äußere Umstände aktiviert wird. Wille, Bewußtsein, fremde und eigene Zwecke zählen für sich genommen für die psychologische Erklärungsweise nichts. Das Denken und das praktische Tun sind vielmehr bar jedes urteilenden oder zweckbestimmten Bezugs der Individuen auf die äußere Welt von vornherein als Abhängigkeitsverhältnis gefaßt zu den »Bedingungen und Ursachen«, die es angeblich erzeugen.
Die Frage nach subjektiven Zwecken und Absichten überführt die moderne Psychologie stattdessen in eine Frage nach «Ursachen
«, welche jenseits von Wille und Bewußtsein der Individuen deren »Verhalten« bewirken oder bedingen sollen. Die Menschen mögen sich noch so sehr einbilden, die Herren ihrer Zwecke zu sein und ihre eigenen Gründe dafür haben, wenn sie arbeiten gehen, in den Krieg ziehen oder Asylbewerberheime anzünden. Die psychologische Sichtweise des Waltens hintergründiger seelischer Kräfte belehrt sie eines Besseren. Letztlich führt ein »mysteriöser Seelenapparat«, die Hirnfysiologie, der Aggressionstrieb, die Motivationsstruktur oder das Ensemble der Einflüsse von Anlage und Umwelt Regie bei allem, was der Mensch denkt und treibt.
Auf diese Weise befassen sich Psychologen mit allem und jedem. Sie nehmen Stellung zum Krieg, zur Liebe, zum Selbstmord des Torhüters des Fußball-Nationalmannschaft, zum Börsengeschehen und zur Ausländerfeindlichkeit, aber nichts davon nehmen sie sich zum Gegenstand, sondern berauben sämtliche Erkenntnisgegenstände systematisch der sie kennzeichnenden Bestimmungen. Aus dem unbestreitbaren Umstand, daß das Subjekt aller zweckbestimmten Tätigkeiten der Mensch ist, ziehen sie den messerscharfen Schluß, daß dann ganz losgelöst vom Handlungsinhalt der Schlüssel zur Erklärung dieser höchst unterschiedlichen Tätigkeiten im Inneren des Menschen, d. h. in Dispositionen, Reiz- Reaktionsmustern, seelischen Kräften etc. zu suchen sei. Vom psychologischen Standpunkt, interessieren Wille und Bewußtsein eben allein als Vollzugsorgan der im Hintergrund wirkenden Determinationsinstanzen der Willensbildung, welche die Menschen haben so handeln lassen, wie sie gehandelt haben.
Ihr Wissen um die geheimen Kräfte der Seele – jener geheimnisvollen black box, in die niemand hineinsehen kann – gewinnen Psychologen auf eine höchst eigentümliche Weise. Sie reflektieren die Handlungen der Subjekte in deren »seelisches Innenleben« und bestimmen das praktische Tun als Äußerung der inneren Möglichkeit dazu. Auf mustergültig tautologische Weise erklären sie die Welt der Handlungen durch ebenso viele Triebe, Neigungen, Fähigkeiten, Dispositionen oder Tendenzen. Den Krieg erklären sie aus einem Aggressionstrieb, die Liebe aus einem Liebes-, Zerstörungswerk aus einem Todestrieb, das Lernen aus der in verschiedenen Quantitäten auf die Menschen verteilten Lernfähigkeit, die Ausübung von Macht aus einem Machtstreben, den Alkoholismus aus einem Hang zur Trunkenheit. Sie führen die Ausländerfeindlichkeit auf eine dementsprechende xenofobe Veranlagung zurück und bringen es sogar fertig, Verkehrsunfälle aus einer »Unfallneigung« der Beteiligten abzuleiten.
Den neuesten Hit aus der psychologischen Tautologiekiste hat die Resilienzforschung aufgelegt. Das affirmative Interesse an der Bewältigung der Anforderungen der Konkurrenzgesellschaft hat diese Theorie in eine ungleich verteilte Fähigkeit der Subjekte hineingelegt, mit ungünstigen Lebensbedingungen fertigzuwerden. Wer es also trotz seiner Herkunft aus sozialen Brennpunkten schafft, nicht Hartz IV, drogenabhängig oder straffällig zu werden, stellt damit unter Beweis, daß er mit solch einer beneidenswerten Potenz zur Bewältigung sozialer Schwierigkeiten begabt ist. Umgekehrt, umgekehrt.
Auf diese Weise ist der Mensch theoretisch verdoppelt: zum einen in das, was er will und tut, und zum anderen in das, wodurch er dazu bewegt wird: nämlich durch eine inhaltsgleiche Kraft, Fähigkeit oder Disposition. Die Existenz dieser Kraft, Fähigkeit oder Disposition pflegen Psychologen wiederum damit zu beweisen, daß sie sich in der zu erklärenden Handlung äußert. Musterbeispiel ist die Erklärung des Krieges und anderweitiger Gewalttaten aus dem Aggressionstrieb. Aus dem gewaltsamen Charakter des Krieges wird zurück geschlossen auf das Walten einer allgemeinen menschlichen Tendenz zur Gewaltausübung schlechthin – den Aggressionstrieb. Die Existenz des Aggressionstriebes soll wiederum der Umstand belegen, daß dieser sich in der aggressiven Gewalttätigkeit betätigt. Das sieht man doch, daß sich die Leute gewalttätig aufführen im Ehebett, bei der Verfolgung von Ausländern oder im Krieg. Und fertig ist ein wunderschöner Zirkel von Erklärungsgegenstand und Erklärung.
Was leistet diese zirkuläre Ableitung hier: des Krieges aus der gewalttätigen Menschennatur? Die Ausgangsfrage nach den Motiven der Leute, die beim Krieg mitmachen, die rationell mit der opferbereiten nationalistischen Parteilichkeit der Soldaten für den staatlichen Kriegsherrn, mit Soldatengesetzen, Befehl und Gehorsam zu beantworten wäre, findet ihre falsche Antwort in der aggressiven Beschaffenheit der Spezies Mensch: Weil es Menschen sind, die da im Krieg gewaltsam agieren, muß es an ihrer Menschenqualität liegen, daß sie es tun. Alle Inhalte, die mit dem Erklärungsgegenstand Krieg zu tun haben, sind auf diese Weise theoretisch eliminiert. Als Erklärung liefert die Psychologie die falsche Abstraktion der gewaltbereiten Menschennatur und landet somit zielsicher bei dem von ihr unterstellten Urgrund aller Weltenläufe, den Dispositionen des Subjekts. Und hat mit dieser falschen Abstraktion der Gewaltbereitschaft oder Aggressivität ihren psychologisch verfremdeten Untersuchungsgegenstand selber geschaffen. Der Ausgangspunkt dieser Wissenschaft freilich: die Befassung mit den Betätigungsformen der Subjektivität, den Gründen und Zwecken des Denkens und Handelns ist dabei vollständig auf der Strecke geblieben.

Verhalten als Resultante der (kombinierten) Wirkkraft innerer und äußerer Faktoren
Übergang von den inneren Triebkräften auf zusätzliche äußere Determinanten


Psychologische Erklärungsmuster bleiben freilich in der Regel nicht stehen bei der Schöpfung einer beliebig erweiterbaren Sammlung innerer Antriebskräfte, an deren tautologischer Logik sie nicht im Mindesten irre werden. Im Gegenteil heben sie stolz darauf ab, inzwischen 20 solcher Antriebskräfte gefunden zu haben:


»Murrays Arbeit zielte darauf ab, die im Menschen wirkenden Antriebskräfte und Bedürfnisse ... in eine systematische Ordnung zu bringen. Dabei entstand ein Katalog von etwa zwanzig mehr oder weniger fundamentalen menschlichen Bedürfnissen wie zum Beispiel den Bedürfnissen nach Leistung, nach sozialem Anschluß, nach Machtausübung oder nach Aggression.«
(Schultheiss/Brunstein in Straub/Kempf/Werbik (Hrsg.): Psychologie – Eine Einführung, 5. Aufl. 2005, S. 299 f)

Sie entdecken vielmehr vom Standpunkt ihrer Determinationslogik an dieser Erklärungsweise – der ausschließlichen Begründung von Handlungen aus gleichnamigen Antrieben oder Dispositionen – einen Mangel, zu dessen Behebung sie den Übergang in die Welt der äußeren Bedingungen, der Einflüsse der Umwelt, vollziehen. Weil sich nämlich auf der Grundlage des alleinigen Wirkens innerer Bewegkräfte nicht hinreichend erklären läßt, daß sich ein und dieselbe seelische Triebkraft manchmal äußert, ein anderes Mal aber nicht, bzw. welche der vielen unterschiedlichen bis gegensätzlichen inneren Tendenzen sich im Resultat durchsetzen, bedarf es der Ergänzung der inneren Triebkräfte durch die Annahme zusätzlicher äußerer Determinanten. Diese als »Auslöser« bezeichneten äußeren Bedingungen oder Situationen werden dann dafür verantwortlich gemacht, daß die frei erfundenen inneren Kräfte in die Wirklichkeit treten oder aber umgekehrt in ihrer Äußerung gehemmt oder gehindert werden. Nach dieser Logik bildet beispielsweise der Krieg den Auslöser dafür, daß der tief im Inneren des Menschen schlummernde Aggressionstrieb die willkommene Gelegenheit zu seiner Aktualisierung erhält.

Der Mangel der äußeren Wirkkräfte und dessen »Überwindung«

Die äußeren Bedingungen sind freilich vom Standpunkt des Erkenntnisideals der Psychologie mit demselben Mangel behaftet wie die inneren Wirkkräfte. Sie leiden nämlich an demselben Defizit der fehlenden kausal-begründenden Kraft in Bezug auf die Handlungen, die mit gesetzmäßiger Zwangsläufigkeit aus dem Zusammenwirken innerer Antriebskräfte und äußeren Situationen resultieren sollen. Denn wenn es beispielsweise stimmen soll, daß die in den Medien dargestellte Gewalt die Zuschauer zu Gewalttätern macht oder die ihnen innewohnende allgemeine Bereitschaft zur Gewaltanwendung zum Ausbruch kommen läßt, dann müßten ja eigentlich sämtliche Medienkonsumenten zu Gewalttätern werden, an der Spitze diejenigen, die als Agenten der freiwilligen Selbstkontrolle ihren ganzen Tag damit verbringen, sich solche Gewaltdarstellungen anzuschauen. Denn ein bißchen Wirkung kann es nicht geben.
Psychologen freilich halten ihre Beobachtung unterschiedlichen Verhaltens unter den gleichen objektiven Bedingungen für kein schlagendes Argument gegen ihr Dogma der verhaltensauslösenden Wirkung äußerer Bedingungen. Umgekehrt nehmen sie diesen Befund zum Anlaß, die Determinationslogik auf einer neuen Stufe fortzuschreiben. Sie führen nämlich ihre selbsteingestandene Unfähigkeit, die Handlungsweisen der Subjekte lückenlos aus dem Umkreis ihrer objektiven und subjektiven Entstehungsbedingungen abzuleiten, auf die fehlende Kenntnis der Gesamtheit der Wirkfaktoren zurück und setzen ihre diesbezügliche Suche munter fort nach neuen, bislang unentdeckten inneren und/oder äußeren Bedingungen.
Am Beispiel des angeblichen Kausal-Zusammenhanges zwischen der Konsumrate von Computer-Gewalt-Spielen und Schülergewalttaten stellen sich dann so sinnige Anschlußfragen, warum nicht aus jedem Fan solcher Spiele gleich ein schießwütiger Amokläufer wird und welche Gewaltbereitschaft fördernden oder hemmenden Faktoren zusätzlich zu der bereits ermittelten Variablen sonst noch im Spiel sind Aber daß es einen – wenn auch »nur« wahrscheinlichen – Kausalzusammenhang zwischen dem Genuß von Gewaltvideos oder PC-Killer-Spielen und Schüleramokläufen gibt, das steht für die empirische Psychologie so fest wie das Amen in der Kirche.

2. Der Streit der Schulen

Auf dieser gemeinschaftlichen multifaktoriell-deterministischen Basis der Bestimmung des bewußten Handelns als Gemeinschaftswerk innerer und äußerer Wirkfaktoren nun spielt sich die Konkurrenz der verschiedenen Ansätze und Schulen ab. In diesen wird munter um die ausschlaggebenden Bestimmungsgründe des Denkens und Handelns und deren spezifisches Gewicht innerhalb des Ensembles der Wirkfaktoren gestritten.
Dieses deterministische Erklärungsmuster eint die konkurrierenden Richtungen von der Psychoanalyse über den Behaviorismus und die humanistische Psychologie bis hin zur Hirnforschung. Was für die Tiefenpsychologie der Dualismus aus Eros und Todestrieb, sind für Skinner & Co Reiz-Reaktionsmuster und für die humanistische Psychologie Rogers der auf Selbstverwirklichung gerichtete Aktualisierungstrieb. Das zeigt der folgende Kurzdurchgang durch die maßgeblichen psychologischen Theorien.

a) Freud
Beweisziel ist der Nachweis der Existenz von geheimnisvollen seelischen Kräften, die ohne unser Wissen den Inhalt unseres Tun und Treibens bestimmen
3 Beweismittel: Trieb, Traum, Freudscher Versprecher
Exemplarisch am Beweismittel Triebsteuerung


»Welche Triebe darf man aufstellen und wieviele? Dabei ist offenbar der Willkür ein weiter Spielraum gelassen. Man kann nichts dagegen einwenden, wenn jemand den Begriff des Spieltriebs, Destruktionstriebs, Geselligkeitstriebes zur Anwendung bringt.« (Freud, Das Ich und das Es, Frankfurt/M. 1960, S. 48)


»Nach langem Zögern und Schwanken haben wir uns entschlossen, nur zwei Grundtriebe anzunehmen, den Eros und den Destruktionstrieb (...). Das Ziel des ersteren ist, immer größere Einheiten herzustellen und so zu erhalten, also Bindung, das Ziel des anderen im Gegenteil, Zusammenhänge aufzulösen und so die Dinge zu zerstören.
« (Freud, Abriß der Psychoanalyse, Das Unbehagen in der Kultur, Frankfurt/M. 1972, S.12)

Die offensichtlichen Willkür, der Freud bei der Freud bei der tautologischen Schöpfung der Triebe als Steuerungsinstanz des Willens das Wort redet, verweist auf das zugrunde liegende Interesse: Freud kommt es weniger darauf an, ein bestimmtes Tun aus einem bestimmten Trieb abzuleiten, sondern ihm ist es um die prinzipielle Gesteuertheit allen menschlichen Handelns zu tun. Dementsprechend richtet er seine Triebquelle als Komposition zweier Grundtriebe mittels falscher Abstraktionen so her, daß jede konkrete Zweckbestimmung des Handelns getilgt ist. Was immer der Mensch so anstellt: Schwimmen, Krieg führen, Bücher schreiben oder Ausländerheime anzünden, ist die Verkörperung zweier sich wechselseitig ausschließender Grundimpulse: einmal mit negativem und einmal mit positivem Vorzeichen: Konstruktivität und Destruktivität, Aufbauen und Zerstören.
Zunächst zum Destruktionstrieb: Zerstörung um der Zerstörung willen als allgemeine Antriebskraft des Menschen, die dieser Auffassung zufolge jeden Zweck, der sich gewaltsamer Mittel bedient, als bloß vordergründige und letztlich zufällige Ausdrucksweise eines völlig unspezifischen Dranges zum »Töten und Zerstören
« erscheinen läßt. Gewaltausübung ist aber immer noch ein Mittel zur Durchsetzung von Zwecken. Staaten beispielsweise pflegen die Zerstörung von Land und Leuten des Kriegsgegners als Mittel einzusetzen, um den Willen des feindlichen staatlichen Souveräns zu brechen und nehmen dabei den Verlust eigenen (Menschen)materials billigend in Kauf. Der Destruktivitätsgrundtriebslogik zufolge scheint es sich beim Krieg freilich eher um eine Veranstaltung zu handeln, die »dem Menschen« so richtig schön Gelegenheit bietet, seinen im Ausgangspunkt weder Grund noch Gegner kennenden destruktiven Grundtrieb einmal hemmungslos auszuleben. Gemäß dieser Optik zünden dann Ausländerfeinde Asylbewerberheime nicht etwa aus ihren spezifischen nationalistischen Beweggründen an sondern betätigen vielmehr nur ihren allgemeinen Aggressionstrieb, der sich statt der Ehefrau oder der gegnerischen Fußballfans zur Abwechslung mal einen etwas anderen Gegenstand ausgesucht hat.
Der zerstörerische Einsatz von Gewalt als Selbstzweck waltet aber noch nicht einmal dort, wo ihn die Anhänger von Triebstauerklärungen regelmäßig am Werke sehen wie in Sachen Jugendgewalt, Ausländerhaß oder bei den Schüleramokläufen. Gerade im Bereich der Ausübung von Privatgewalt ist diese noch allemal Mittel zur Verfolgung wenn auch höchst seltsamer Anliegen, wie sie das bürgerliche Konkurrenzsubjekt kennzeichnen: Selbstbehauptung, Verschaffung von Anerkennung und Pflege des Selbstbewußtseins.
Dieselbe krude Logik waltet beim konstruktiven Gegenstück des Destruktionstriebes, dem Ziel (immer größere) Einheiten herzustellen, die der andere Grundtrieb dann wieder zerstören darf. Eine äußerst merkwürdige Zweckbestimmung: »Einheiten herzustellen
«. Nach dieser Logik würde ein Liebespaar im Geschlechtsakt nicht etwa seine Zuneigung praktizieren sondern würde sich in der erotischen Vereinigung nur der allgemeine Grundtrieb, »Einheiten zu bilden« Geltung verschaffen. Wie gut, daß die Akteure bei diesem Treiben kein Bewußtsein davon haben, was sie im Innersten so treibt, wenn sie zur Tat schreiten. So mancher liebevolle Akt würde dann sicherlich gar nicht erst stattfinden. Wie aus diesen als barem Widersinn konstruierten gegensätzlichen Grundtrieben von Konstruktivität und Destruktivität überhaupt irgendetwas an Denken und Handeln herauskommen soll, und wie daraus – jedenfalls nach Freud – sogar letztlich die Summe aller Lebenserscheinungen resultieren soll, ist und bleibt das Geheimnis des Wiener Tiefenpsychologen.

»Der eine dieser Triebe ist ebenso unerläßlich wie der andere, aus dem Zusammen- und Gegeneinanderwirken der Beiden gehen die Erscheinungen des Lebens hervor.« (Warum Krieg? Studienausgabe Bd. IX, S. 281)


Keiner der beiden Triebe soll laut Freud irgendetwas bewirken können. Aber das Zusammenspiel dieser beiden Triebe ohne jede Wirkkraft soll es bringen. Aus dem »Weder-Noch« wir bei Freud die erschwindelte kombinierte Wirkkraft von Faktoren, was modern Multikausalität heißt.


b) Behaviorismus/Skinner: Die tautologische Konstruktion eines Reiz-Reaktions-Mechanismus

Übergang von Freud zum Behaviorismus: Beantwortung der Frage: wenn bestimmtes Handeln aus seelischen Kräften folgt, welche Kraft setzt sich durch? Das hängt von äußeren Bedingungen ab, welche die inneren Kräfte aktivieren.
Fortschritt zu Freud: Das Handeln hat jetzt 2 Ursachen, eine innere und eine äußere. Aus keiner von beiden folgt es, sondern aus ihrem Zusammentreffen: Äußere Reize setzen innere präformierte Verhaltensmuster in Gang.

Der Behaviorismus will ausdrücklich nicht mehr in das »empirisch unzugängliche Innere der Seele« hineinschauen und weigert sich, über Triebe, Motive und innere Kräfte zu spekulieren und verlegt sich stattdessen darauf, die angeblichen Reaktionen der unbestimmbaren black box auf bestimmte Reize zu messen. Nicht was der Wille ist und welche Inhalte er sich setzt, sondern daß die Willensbildung gemäß dem Mechanismus von Ursache und Wirkung funktioniert, ist für den Behaviorismus das Entscheidende.
Dabei will jedoch nicht einmal Skinner selber will die Nichtexistenz von Wille und Bewußtsein, von Interessen und Neigungen behauptet haben:


»Der Einwand gegen innere Zustände besteht nicht darin, daß sie nicht existierten, sondern darin, daß sie für eine funktionale Analyse nicht relevant sind.« (Skinner, Freiheit und menschliches Verhalten, 1973, S. 41).


Er definiert vielmehr den Willen als Störfaktor der Verwirklichung seines erkenntnisleitenden Interesses einfach weg. Weil die Annahme eines freien Willens die postulierte gesetzmäßige Determination des Handelns durch »vorausgegangene Bedingungen« vereiteln und damit die intendierte »Verhaltensprognose und -kontrolle unmöglich« machen würde, muß konsequenterweise die menschliche Subjektivität theoretisch eliminiert werden. Würde man nämlich die Existenz eines »inneren Willens« anerkennen, dann wäre das Verhalten ja nicht durch die Welt der äußeren Bedingungen oder Reize programmierbar:

»Wir können die Methoden der Wissenschaft nicht auf einen Gegenstand anwenden, von dem anzunehmen ist, daß er sich willkürlich verhält.« (ebda S. 16)


Weswegen das ganze schöne Reiz-Reaktions-Schema nicht anders ist als ein bloßer Definitionsakt:

»Das (Verhalten) ist unsere abhängige Variable - die Wirkung, für die wir eine Ursache finden müssen. Unsere unabhängigen Variablen - die Ursachen des Verhaltens - sind die äußeren Bedingungen, von denen das Verhalten eine Funktion ist. Relationen zwischen beiden... sind die Gesetze einer Wissenschaft.« (ebda. S. 42).


Mittels dieses Definitionsaktes werden Umwelt und Verhalten als Verhältnis von Ursache und Wirkung, von Reiz und Reaktion in eine tautologisch-zirkuläre Beziehung miteinander gesetzt, in welcher sich die beiden Seiten wechselseitig durcheinander bestimmen. Die Eigenschaftsbestimmung des Verhaltens besteht darin, durch die Umwelt hervorgebracht zu sein, während umgekehrt die Umwelt dadurch gekennzeichnet ist, daß sie das Verhalten erzeugt.

Nach Eingeständnis der Verhaltensforscher freilich kann an den Stimuli bezeichneten Umweltreizen selber überhaupt keine konditionierende Qualität festgestellt werden. Die wirkungserzeugende Qualität der Reize soll sich vielmehr erst im Resultat beweisen:

»Das Kriterium, (ob etwas ein Reiz ist oder nicht), ist nur, ob der Stimulus irgendeine Wirkung hat.« (Skinner a.a.O. S. 122)


Zum Beweis, daß das Verhalten auf das Wirken eines Reizes oder Reizverstärkers zurückzuführen sei, bedienen sich verhaltenswissenschaftliche Psychologen des schon im Ansatz beweisuntauglichen Verfahrens der Korrelationsstatistik:

»Die einzige Möglichkeit, um herauszufinden, ob ein gegebener Vorgang einen gegebenen Organismus unter gegebenen Bedingungen verstärkt oder nicht, ist die des direkten Tests. Wir beobachten die Häufigkeit einer ausgewählten Reaktion, lassen den Vorgang auf sie einwirken und verfolgen dann jede Veränderung der Häufigkeit. Tritt eine Veränderung ein, so klassifizieren wir den Vorgang seinem Effekt nach als verstärkend für den Organismus.« (S. 76)


Das Beweisverfahren der Korrelation


Dessen zweifelhafte Logik besteht darin, aus der zeitlichen Aufeinanderfolge bestimmter Ereignisse oder aus der gehäuften Gleichzeitigkeit ihres gemeinsamen Vorkommens auf die Existenz eines inhaltlichen Zusammenhanges schließen zu wollen nach dem Motto: wenn das so häufig zusammen vorkommt, dann kann das doch wohl kein Zufall sein. Mit der Feststellung eines gehäuften Auftreten zweier Phänomene, das allenfalls den Ausgangspunkt der Untersuchung einer inhaltlichen Beziehung zwischen den Gegenständen bilden könnte, ist der erst noch an der Sache zu führende Nachweis bereits erbracht.
Zu sagen, daß Psychologen von Korrelationen auf die Existenz von Kausal-zusammenhängen schließen würden, ist beinahe eine verharmlosende Redeweise. Denn In voller Kenntnis des fundamentalen Unterschiedes zwischen Korrelation und Kausalität, das sie im Ausgangspunkt als methodologisches Problem referieren, pflegen Psychologen diesen Umstand im weiteren Gang ihrer Forschungen umso ungenierter zu ignorieren, wenn sie das von ihnen (experimentell) erhobene Zahlenwerk als Beleg für die Existenz von Wirkungszusammenhängen deuten. Das Wissen darum, das Korrelation mitnichten Kausalität bedeutet, würde nämlich rationellerweise zum vollständigen Verzicht auf diese Sorte psychologischer Erkenntnistätigkeit führen. Denn aus bloßen Zahlenverhältnissen, dem noch so signifikanten gleichzeitigem oder aufeinander folgenden Auftreten zweier Ereignisse läßt sich nämlich überhaupt kein Schluß auf einen inhaltlichen Ursachenzusammenhang dieser Phänomene ziehen. Ursachenzusammenhänge lassen sich nur beweisen, indem man an dem Gegenstand, der als die unabhängige Variable angenommen wird, aufzeigt, daß, warum und auf welche Weise dieser das zu erklärende Phänomen erzeugt. Das Experiment, dessen Ergebnis in nichts anderem besteht als in der Feststellung korrelativer Zahlenreihen, ist deshalb eine von vornherein verfehlte Beweismethode, einen vermuteten inhaltlichen Zusammenhang beweisen zu wollen. Wenn man also dieses Wissen um die Untauglichkeit der Korrelation als Beweismittel für Kausalbeziehungen ernst nehmen würde, würde man stattdessen an den sachlichen Bestimmungen des Erklärungsgegenstandes weiterdenken, und sich von Statistiken aller Art grundsätzlich als Beweismittel für Kausalzusammenhänge verabschieden.

Untaugliche Belegbeispiele für das Reiz-Reaktions-Schema

Nicht zufällig streiten denn auch die von verhaltenswissenschaftlich orientierten Psychologen mit oder ohne Hinweis auf die Korrelationsstatistik für die Existenz eines Reiz-Reaktions-Automatismus angeführten einschlägigen Beispiele für das glatte Gegenteil des behavioristischen Beweisanliegens. Wenn Skinner & Co zum Beweis von Reiz-Reaktions-Zusammenhängen auf jedermann bekannte Zusammenhänge zwischen äußeren Bedingungen und spezifischen Reaktionsweisen Bezug nehmen wie auf das Beispiel der angeblich »verhaltensauslösenden» roten Ampel, so rekurrieren sie bei Licht betrachtet auf Zusammenhänge, die im Widerspruch zu ihrer Behauptung gestiftet werden durch Wille und Bewußtsein, nämlich durch den berechnenden Bezug des Menschen auf die ihm vorausgesetzten äußeren Bedingungen. Daß sich die Verkehrsteilnehmer in aller Regel an Verkehrzeichen halten, setzt nämlich erstens voraus, daß sie um deren Bedeutung wissen und sie zweitens die Befolgung der Verkehrsregeln für einen Akt der Vernunft halten oder aber der drohenden Konsequenz der Ahndung von Zuwiderhandlungen durch die Hüter von Gesetz und Ordnung entgehen wollen.

Derselben Logik gehorchen die von Heil zum Beweis herangezogenen Beispiele:


»Viele Verhaltensweisen bei Mensch und Tier sind Reaktionen auf Reize, die von der Umwelt, zum Beispiel von anderen Individuen, ausgehen. Das Baby lächelt, weil die Mutter mit de Flasche kommt. Der Autofahrer bremst, weil eine alte Frau die Straße überquert.« (Heil, Programmierte Einführung in die Psychologie, S. 62)


Was für ein Unsinn! Der Autofahrer bremst oder auch nicht nach Maßgabe seines jeweiligen Interesses. Ist er als Krimineller auf der Flucht, überfährt er gegebenenfalls auch eine alte Frau. Also nicht die Realität als solche, sondern die beurteilte Realität führt zur Reaktion. Die angeführten Beispiele leuchten als Zusammenhang nur ein, weil um das Interesse gewußt wird, welches den Zusammenhang stiftet. Also gerade die Instanz, welche die Psychologie systematisch leugnet.

c) Humanistische Psychologie: Der Behaviorismus als humanistisches Feindbild

Vertreter konkurrierender psychologischer Richtungen wie insbesondere die humanistische Psychologie beziehen sich auf eine merkwürdig negative Weise auf die behavioristische Verhaltenstheorie. Ihre grundsätzliche Distanzierung vom Reiz-Reaktions-Modell erfolgt nicht etwa über eine sachliche Widerlegung der behavioristischen Theorie, die Erschütterung der Beweiskraft ihrer Argumentation. Der wissenschaftliche Streit wird vielmehr auf der vorgelagerten Ebene der Konkurrenz um das adäquate Menschenbild ausgetragen. Der Tenor der einschlägigen Stellungnahmen insbesondere aus der humanistischen Psychologie faßt sich darin zusammen, daß der radikale Behaviorismus mit seinen Konditionierungsmechanismen den Menschen seiner moralischen Autonomie und Verantwortung beraube, ihn zum instinktgesteuerten Tier herabwürdige, kurzum: seiner Wissenschaft ein unangemessenes Bild des Menschen zu Grunde lege.
Was hier Rogers, der prominenteste Vertreter der humanistischen Psychologie, als theoretische Alternative zu bieten hat ist ein konträrer Menschenbildentwurf. Rogers ersetzt das als pessimistisch bzw. mechanistisch kritisierte Bild des Menschen von Freud und Skinner als trieb- bzw. reizgesteuertem Wesen durch die positive anthropologische Grundannahme des Strebens nach Selbstverwirklichung wird und deutet das menschliche Tun als Äußerung einer einzigen und allumfassenden positiven Lebenskraft namens »Aktualisierungstendenz«. Diese ist mit der Potenz begabt, bei entsprechender therapeutischer Förderung den dem Subjekt als dessen psychische Grundausstattung unterstellten Dauerkonflikt zwischen Selbstbild und Selbstbildideal zu bewältigen.

d) Kognitive Theorien

Nicht viel besser fallen Korrekturen und Ergänzungen des Behaviorismus aus, die von der kognitiven Psychologie vorgenommen worden sind. Die Fortschreibung besteht darin, den Willen als einen Wirkfaktor unter anderen in ihr Ensemble verhaltenssteuernder Einflüsse einbauen und dem Menschen damit die Funktion zuschreiben, die Reize, die sein Handeln bestimmen, selber zu produzieren:


»Menschen reagieren nicht einfach auf äußere Einflüsse. Sie wählen die Reize aus, die auf sie einwirken, organisieren sie und formen sie um. Durch selbsterzeugte Anreize und Konsequenzen können sie ihr Verhalten in gewissem Maße selbst beeinflussen. Unter den Determinanten einer Handlung sind folglich auch selbst geschaffene Einflüsse zu finden.« (Bandura, Sozial-kognitive Lerntheorie, 1976: 10)



e) Motivationspsychologie


»Es muß etwas in den Personen drinnen sein, was sie treibt , schiebt oder zieht, sie so und nicht anders unter den gegebenen Anlässen handeln läßt.« (Heckhausen, Motivationspsychologie 1980)


Die motivationspsychologische Spielart des psychologischen Determinismus beruht auf der Annahme einer leeren Handlungsbereitschaft, d. h. eines Willens, der nichts Bestimmtes will aber gleichzeitig im Prinzip zu allem bereit sein soll und seine Inhalte durch den Einfluß innerer und äußerer Motivationskräfte empfängt, welche der unspezifischen Triebkraft zum Handeln als solchem Ziel und Richtung verleihen. Ein derartiger Wille, frei von jedem Willenshalt, ist aber eine durch und durch eine irrationelle Kategorie. Der Mensch will immer etwas, er setzt sich bestimmte Zwecke, sein Wille ist immer auf ein bestimmtes Ziel, die Befriedigung eines bestimmten Begehrens gerichtet, an dem er ein Interesse gefaßt hat. Der spezielle motivationspsychologische Übergang auf die frei erfundene hintergründige Welt der inneren Antriebskräfte vollzieht sich mittels der psychologischen Fragestellung »Warum handelt der Mensch so und nicht anders?«. Am Beispiel des Schulstörers: Hätte der unbotmäßige Schüler statt den Schulbetrieb zu stören nicht ebenso gut in die Sauna oder in die Kirche gehen oder seine Großmutter besuchen können? Warum betätigt er sich ausgerechnet auf diese Weise? Auf eine solche Frage kommt man freilich nur, wenn man absichtsvoll vom Inhalt und dem darin erkennbaren Zweck der konkreten Tätigkeit absehen will, um eine hinter den maßgeblichen Handlungszwecken agierende Bestimmungsmacht des Handelns zu fingieren. Nur dann, wenn man zuvor an jeder Tätigkeit ihren Zweck und Inhalt getilgt hat, kommt es zu dem selbst geschaffenen Rätsel, warum der Mensch gerade die eine und nicht eine andere Handlungsmöglichkeit gewählt hat. Motivationspsychologen sehen das gänzlich anders. Aus dem Ausbleiben der unendlichen Zahl ebenso denkbarer Handlungsalternativen wollen sie darauf zurück schließen, daß im gegebenen Falle ein hinter den Handlungszwecken waltender, in der Regel innerer Mechanismus am Werk gewesen sein müsse, der gerade dieses bestimmte Handeln erzeugt haben soll.

f) Hirnforschung

Die Hirnforschung, die gegenwärtig so in Mode steht, ist die moderne biologistische Form des Ausgangsdogmas der Psychologie, wonach das, was gerade nicht Natur am Menschen ist, der menschliche Geist, wie ein kausal-gesetzesmäßig ablaufender Naturprozeß funktioniert. Hier ist es unmittelbar die neurologische Natur des Hirnapparates, die den Inhalt des Denkens bestimmen soll. Dagegen spricht folgendes:
Zunächst einmal treten die Autoren der These, der Mensch habe keinen freien Willen, als wandelnder Widerspruch auf, wenn sie mit ihren Argumenten in die Öffentlichkeit treten und andere von deren Richtigkeit zu überzeugen suchen, daß alles Denken nur Ausfluß des Hirnorgans ist. Es fragt sich zunächst, woher sie selber eigentlich Kenntnis von den Gesetzmäßigkeiten des Gehirns haben, woher sie ihre - doch wohl von ihnen selbst für zutreffend gehaltenen – Erkenntnisse über Neuronenaktivitäten beziehen, wenn sie sich doch, folgt man einmal ihrer Theorie, als ein mit Verstand und Vorwissen ausgerüstetes, streitbares, um Wahrheit ringendes Forschersubjekt theoretisch aus dem Verkehr gezogen haben. Als Erkenntnis könnten sie diese Urteile danach gar nicht gewonnen haben, denn Erkenntnis setzt nun einmal voraus, daß ein Wissenschaftlersubjekt sich seinem Gegenstand, dem Objekt seiner Erkenntnis, willentlich widmet. Er macht sich seine Gedanken über das Gehirn, stellt über es Hypothesen auf, überprüft diese, korrigiert Annahmen und ersetzt sie durch andere, bis er zu der Auffassung gelangt ist, daß er alle Erscheinungen des Objekts in einen triftigen Zusammenhang gebracht, mithin die Sache erkannt hat; kurz: er betreibt wissenschaftliche Arbeit, d.h. eine Fülle geistiger Aktivitäten, bei denen er mit Willen und Bewußtsein dabei ist. Die Hirnforscher unterstellen bei der Vertretung ihrer Auffassungen praktisch zugleich, daß auch die Adressaten ihrer wissenschaftlichen Mitteilungen keineswegs hirnbiologisch in ihrer Urteilsbildung festgelegt sondern in der Lage sind, zu entscheiden, ob sie die vorgetragene Position teilen oder nicht. Und schließlich müssen sie notwendigerweise auch die Antwort auf die Frage schuldig bleiben, wie das Hirn als angeblicher Produzent aller Gedanken auch noch das Kunststück fertig bringen soll, bei der Mehrheit der Subjekte den Schein zu stiften, daß nicht ihr Hirn sondern sie selber die mit Wille und Bewußtsein begabten Autoren ihrer Gedanken sind. Kurzum: bereits die Anwendung der Auffassungen der geisteswissenschaftlichen Hirnforschung auf sie selber und ihre Vertreter führt diese These der geistigen Versklavung des Menschen durch die organische Verfassung seines Hirns ad absurdum.
Im Übrigen beruht der ganze wissenschaftliche Beweis für die angebliche inhaltliche Steuerung der Geistestätigkeit durch das Hirn auf einem simplen Fehlschluß. Aus dem Umstand, daß biologisch-chemische oder neurologische Prozesse mit dem Denken verbunden sind, wird die falsche Schlußfolgerung gezogen, daß diese gleichzeitig auch für den Inhalt der Geistestätigkeit verantwortlich sind. Das pure Bedingungsverhältnis zwischen Hirn und Geist - zum Denken benötigt man als natürliche Voraussetzung ein funktionierendes Hirn - wird in ein Kausalverhältnis umgedeutet, dessen Existenz nicht an der Sache selber bewiesen wird sondern an dem gleichzeitigen oder aufeinander folgenden Auftreten beispielsweise von Hirnströmen und bestimmten Geistestätigkeiten.

g) Zusammenfassung und Übergang
Welche Determinante oder welches Determinantenbündel aus subjektiven und objektiven Faktoren der Willensbildung auch immer für das Denken und Handeln verantwortlich gemacht wird, so besteht das Wesen psychologischer Erklärungen im bebildernden »Beweis« eines vorausgesetzten Menschenbildes: der Bewirktheit oder der Bedingtheit aller menschlichen Werke. Unter dieses Menschenbild, diesen gedanklichen Universalschlüssel pflegt die psychologische Betrachtungsweise die Totalität aller Gegenstände zu beugen und konstruiert sich mit ihren falschen Abstraktionen, Tautologien und Zirkelschlüssen dementsprechend umgekehrt die Welt als Belegmaterial für dieses theoretische Vorurteil zurecht. Ihre »Methoden« von der tiefenpsychologischen Modellbildung bis zum Experiment sind nichts als Strategien, dem faschspezifischen Vorurteil der Determination sämtlicher menschlicher Aktivitäten den Schein der objektiven Begründetheit zu verleihen.


3. Das deterministische Erklärungsmuster: ein Produkt des psychologischen Steuerungsideals

Woher rührt nun das dogmatische Bedürfnis einer ganzen Wissenschaft, das Denken und Handeln der Menschen auf eben diese Weise erklären zu wollen? Die deterministische Erklärungsweise selber verweist auf die Natur des psychologischen Interesses, das ihr zugrunde liegt. Eine Wissenschaft, welche die Ermittlung der Steuerungsmechanismen menschlichen Handelns zu ihrer Sache erklärt, welche systematisch nach Gesetzmäßigkeiten des Verhaltens schlechthin und den hierfür verantwortlichen inneren und äußeren Determinanten des Handelns sucht, gibt damit ihre Zielsetzung kund, getrennt vom Willen des Menschen Einfluß auf ihn zu nehmen, sein Verhalten steuern zu wollen.


»Die Wissenschaft beschreibt nicht nur, sie sagt vorher. Sie befaßt sich nicht nur mit der Vergangenheit, sondern auch mit der Zukunft. Doch auch die Vorhersage ist nicht der letzte Schluß: In dem Maße, wie relevante Bedingungen geändert oder, anders ausgedrückt, kontrolliert werden können, kann auch die Zukunft kontrolliert und gesteuert werden.« (Skinner a.a.O. S. 16)


»Das Beschreiben, Erklären und Vorhersagen geschieht nicht zum Selbstweck. Vielmehr ist damit die Zielvorstellung verbunden, die soziale Welt beeinflussen zu können. Wenn wir aufgrund bestimmter gefundener Zusammenhänge wahrscheinliche Entwicklungen vorhersagen, die wie nicht für wünschenswert halten, dann werden wir versuchen, diese Entwicklung in andere Richtung zu lenken oder sie wenigsten zu mildern. Sehen wir eine wünschenswerte günstige Entwicklung voraus, so werden wir versuchen, sie zu verstärken oder wenigstens sie nicht zu verhindern.« (Langfeld, Psychologie, Grundlagen und Perspektiven, 2. Aufl. 1996, S. 20)


Das Hilfsprogramm der Psychologie: Harmoniestiftung zwischen Mensch und Welt
Die inhaltliche Zielsetzung der Steuerung ist dem selbsterteilten Hilfsauftrag der Psycho-logie zu entnehmen:


»In seiner Auseinandersetzung mit der Umwelt wird der Mensch immer wieder vor Probleme gestellt, deren Bewältigung ihm nicht ohne weiteres gelingt. Es ergeben sich Fragen, auf die er eine Antwort finden möchte. Warum versagt ein Kind bei seiner schulischen Arbeit? (...) Worauf ist es zurückzuführen, daß man vieles, was man gerne im Gedächtnis behalten möchte, sehr schnell wieder vergißt? Weshalb gerät man mit einigen Menschen immer wieder ziemlich leicht in Streit, während man zu anderen liebevolle und freundliche Gefühle entwickelt? Wie läßt sich erklären, daß einige Menschen in bestimmten Situationen allein gelassen werden, in denen sie der Hilfe anderer dringend bedürfen? (Mietzel, Wege in die Psychologie, 7. Aufl. 1994, S. 11)


Die Psychologie präsentiert sich hier unter dem Titel der »Verbesserung der Lebensqualität« als wissenschaftlicher Dienstleister an einem vorausgesetzten universellen Menschheits-interesse: dem Zurechtkommen des Menschen in seiner Umwelt, der Stiftung von Harmonie in einem von widrigen Umständen geprägten menschlichen Leben. Auf dieses »problematische« Verhältnis zwischen Mensch und Umwelt oder Gesellschaft führt die Psychologie in letzter Instanz noch jede »Frage« zurück, die sie sich vorlegt: vom Schulversagen über Erinnerungsmängel bis hin zum Umgang mit liebevollen und weniger freundlichen menschlichen Gefühlen. Indem sie diese höchst heterogenen Phänomene unter die Totalabstraktionen »Mensch«, »Umwelt« und »Problem« subsumiert, hat die Psychologie eine Gemeinsamkeit gestiftet, die sie selber als Hilfsinstanz auf den Plan ruft: Diese beiden Instanzen – Mensch und Umwelt - , die als naturwüchsig miteinander in Konflikt stehend unterstellt werden, gilt es miteinander zu versöhnen. Auf die maßgeblichen inneren und äußeren Bedingungen menschlichen Verhaltens muß in der rechten Weise eingewirkt werden, damit der Mensch und seine Umwelt zusammenpassen. [1]

Die Parteilichkeit der Psychologie für die kapitalistische Konkurrenzgesellschaft
Die mit der Erhebung des Verhältnisses von Mensch und Umwelt zum Sorgegegenstand einher gehende Verwandlung der kapitalistischen Lebensumstände in zu bewältigende Problemlagen beinhaltet zugleich die objektive Parteinahme der Psychologie für die real existierende kapitalistische Konkurrenzgesellschaft, von deren objektiven Gesetz-mäßigkeiten Psychologen nicht die geringste Ahnung haben (müssen). Eine Wissenschaft, die sich ohne jede Prüfung weder der Zwecke, die in der jeweiligen Gesellschaft regieren, noch des Inhaltes der sich in ihr betätigenden menschlichen Interessen dem Anliegen der Harmonisierung des »an sich« konfliktträchtigen Verhältnisses zwischen Mensch und Welt verschreibt, erhebt damit die gegenwärtige Gesellschaft und die sie bestimmenden Interessengegensätze zur positiven Grundlage ihrer hilfreichen Bemühungen um das Zurechtkommen des Menschen in seiner Umwelt. Ob die Welt überhaupt ein taugliches Mittel für die Menschen darstellt, ob sie gut beraten sind, sich in dieser Welt bewähren zu wollen, solche Fragen sind längst beantwortet, wenn das Hilfsangebot darin besteht, einen Beitrag zur Übereinstimmung von Mensch und Umwelt zu leisten. Die real existierende Gesellschaft ist vielmehr als »Umwelt« ungeprüft in den Rang eines Lebensumstandes erhoben, auf den der Mensch sich um seines inneren Gleichgewichts willen als positive Grundlage seiner Zwecke zu beziehen hat, dessen Ansprüchen er gerecht werden muß, um in dieser Welt sein Glück zu machen.

Das Resultat der psychologischen Erkenntnistätigkeit: Konstruktion von Gesetzen zur Beeinflussung des Willens
Ebendieses Anliegen, die gesellschaftliche Entwicklung im Interesse eines idealen Entsprechungsverhältnisses zwischen Mensch und Umwelt in die gewünschte Richtung lenken zu können, bringt das psychologische Interesse der Ermittlung von Gesetzmäßigkeiten menschlichen Verhaltens hervor. Dementsprechend präsentiert die Psychologie als Ergebnis ihrer Forschungen Ursache-Wirkungs-Beziehungen, die in der Form von Wenn-Dann-Sätzen unmittelbar den Charakter von Handlungsanleitungen zur Steuerung des menschlichen Tuns besitzen. In der Konstruktion von psychologischen Zusammenhängen nach dem Muster »wenn A dann B«, der Entdeckung von inneren oder äußeren Bedingungen, Auslösern oder Reizen, welche die Menschen in einer bestimmten Weise reagieren lassen, fällt so das psychologische Forschungsinteresse unmittelbar in eins mit dem dieser Wissenschaft zugrunde liegenden Steuerungsideal.
So setzt das Interesse, Verhaltensänderungen herbeizuführen, die Betrachtung des Menschen als tautologischem Reiz-Reaktions-Mechanismus in die Welt, dessen Handeln sich durch die entsprechende Anordnung alternativer Reizkonstellationen in beliebige Reaktionsbahnen lenken lassen soll: Erzeugung erwünschten Verhalten durch Setzung positiver Stimuli oder umgekehrt Verhinderung unerwünschten Verhaltens durch systematische Desensibilisierung. Dieselbe Logik waltet bei der Motivationspsychologie. Sie konstruiert eine leere Handlungsbereitschaft, d. h einen Willen, der nichts Bestimmtes will, aber gleichzeitig im Prinzip zu allem bereit sein soll und dann seine Inhalte durch den Einfluß von Motivationskräften empfängt .Auch triebtheoretische Erklärungsmuster sind gemäß dem Strickmuster konstruiert nämlich, daß das Ensemble der von der Psychologie entdeckten verhaltenslenkenden Antriebe zugleich die Handhabe zur (selbst)kontrollierten gemeinschaftsverträglichen Steuerung dieser Triebkräfte stiftet. Das Paradebeispiel bildet der Aggressionstrieb, den es in gemeinschaftsförderliche Bahnen umzulenken gilt (Fußball-WM statt Krieg).
Steuerung bzw. Anleitung der Selbststeuerung des Subjekts auf der Basis der geheimen Gesetze des Seelenlebens mittels einer verbesserten Kontrolle seiner Triebimpulse, mittels Motivationsstrategien oder der Entwicklung als mangelhaft diagnostizierter Ichstärke ist also das Programm der Psychotherapie.

Selbstwiderspruch der Selbststeuerung
Dieses Programm der psychologischen Selbststeuerung enthält freilich einen elementaren theoretischen Widerspruch: Der Mensch fungiert zugleich als Subjekt und Objekt der Steuerung. Derselbe Mensch, eben noch als willenloser Spielball psychischer Impulse definiert, die ihn beherrschen, soll nunmehr als Konfliktmanager der widersprüchlichen Anforderungen fungieren, welche seine innere Dispositions- oder Motivationslage und die äußere Welt an ihn richten. Er soll nunmehr die seelischen Kräfte in den Griff bekommen, als deren abhängige Variable sein Denken und Handeln zuvor bestimmt worden war.
Er soll als Steuermann des Ensembles der auf ihn einwirkenden endogenen und exogenen Faktoren an sich ein seelisches Gleichgewicht herstellen, das seit Freud unter dem psychologischen Namen einer gelungenen Ich-Bildung bekannt ist.


»Das arme Ich hat es noch schwerer, es dient drei gestrengen Herren, ist bemüht, deren Ansprüche und Forderungen in Einklang miteinander zu bringen. Diese Ansprüche gehen immer auseinander, scheinen oft unvereinbar zu sein (...) Die drei Zwingherren sind die Außenwelt, das Über-Ich und das Es. (...) So vom Es getrieben, vom Über-Ich eingeengt, von der Realität zurückgestoßen, ringt das Ich um die Bewältigung seiner ökonomischen Aufgabe, die Harmonie unter den Kräften und Einflüssen herzustellen, die in ihm und auf es wirken, und wir verstehen, warum wir so oft den Ausruf nicht unterdrücken können: Das Leben ist nicht leicht!« (Freud, Die Zerlegung der psychischen Persönlichkeit, Studienausgabe Bd. I, Frankfurt/M. 1969, S. 514 f)


Seine Aufgabe besteht darin, seine Wünsche und Bedürfnisse, soweit es geht, zur Geltung zu bringen - im Kampf mit den konkurrierenden seelischen Wirkmächten des »Es« und »Über-Ich«, im geschickten Umgang mit seinen psychischen Defekten, durch kalkulierte Konzessionen an die mächtigen Triebe oder aber durch ihre Sublimierung. Jedenfalls dazu soll der Rest an Wille und Verstand, den die Psychologie dem Menschen zugesteht, noch zu gebrauchen sein.

Psychologische Selbststeuerung: selbstbewußte Anpassung an die Sachzwänge der bürgerlichen Konkurrenzgesellschaft

Die geforderte Balance zwischen den subjektiven Neigungen und Bedürfnissen und den objektiven Realitäten der Gesellschaft läuft nicht von ungefähr im Ergebnis in aller Regel auf ein Plädoyer für die freiwillige Unterordnung unter die gesellschaftlichen Sachzwänge hinaus. Da die gesellschaftliche Objektivität von der Psychologie unter dem Titel der Umwelt mit dem Charakter eines unumstößlichen Sachzwanges ausgestattet ist, erfolgt die Herstellung der Übereinstimmung zwischen subjektiven Wünschen und Strebungen und der Realität in der Regel in der Form, daß der Mensch seine Interessen an den ihm aufgeherrschten Notwendigkeiten der Gesellschaft relativiert und damit diesen unterordnet. Den Einklang zwischen sich und der Gesellschaft erzielt er, indem er eine andere geistige Stellung zur Realität einnimmt, d. h. seine Wünsche und Ziele an der vorgegebenen gesellschaftlichen Wirklichkeit orientiert. Die propagierte Kunst der Herstellung des inneren Gleichgewichts besteht demgemäß darin, seine Erwartungen an die Welt an die Lebensperspektiven anzupassen, welche diese für ihn im Angebot hat, und umgekehrt die Forderungen, welche die soziale Wirklichkeit an ihn richtet, als Bewährungsprobe für sich selbst zu betrachten und in der Erfüllung dieser Anforderungen seine Zufriedenheit mit sich selbst zu finden.
Dabei ergreift die Wissenschaft der Psychologie für keine reale Abhängigkeit, für keine Funktionalisierung, für keinen Zwang, dem sich das bürgerliche Erfolgssubjekt in der Verfolgung seines Selbstverwirklichungsprogramms unterwirft, unmittelbar Partei, wenn sie ihr Menschenbild erfindet. Im Rahmen dieses Menschenbildes kommen die Anpassungsleistungen der Individuen an eine für vernünftige Interessen nicht eingerichtete Welt vielmehr nur vor als Hebel oder als Ausfluß einer geforderten Anpassung des Menschen an sein geheimnisvolles Selbst vor. Wegen seines Seelenfriedens soll er den Imperativen der äußeren Welt entsprechen .Auf diese Weise propagiert die Psychologie mit ihrem dem Menschen erteilten Selbststeuerungsauftrag das Programm seiner Selbstanpassung an die Anforderungen der bürgerlichen Gesellschaft als Akt der Vernunft, als Verwirklichung gelungener Subjektwerdung.


4. Die ideologische Basisleistung der Psychologie

Mit der Rollenzuweisung an das Subjekt: Du bist der (potentiellen) Konfliktmanager der widersprüchlichen Anforderungen, welche deine innere Dispositions- oder Motivationslage und die äußere Welt an dich stellen, hat sich die Psychologie eine ideologische Allzweckwaffe geschmiedet. Diese erlaubt es ihr, alle Weisen des Nichtzurechtkommens des Menschen in der Welt, einschließlich des gesamten Repertoires gesellschaftlich unerwünschter abweichender Verhaltensweisen des Subjektes zu deuten als Ausdruck einer mangelhaften Steuerungskompetenz. Vom notwendigen Mißerfolg der Mehrheit der bürgerlichen Konkurrenzsubjekte in der Schul- und Berufswelt, über die privaten Katastrofen in Sachen Liebesglück und Familie bis hin zu Drogenabhängigkeit und Kriminalität: für alle Erscheinungsformen des Scheiterns des Menschen an oder des Ausbrechens aus der bürgerlichen Gesellschaft machen Psychologen gleichermaßen und ziemlich einseitig ein fehlerhaftes Verhältnis des Subjektes zu sich selbst verantwortlich. Der Mensch scheitert nach dieser Diagnose niemals an den Zwecken und Prinzipien der bürgerlichen Gesellschaft. Ihm mangelt es vielmehr an den notwendigen Konfliktbewältigungsstrategien, dem Nichtvorhandensein der erforderlichen Frustrationstoleranz oder einer funktionierenden Triebkontrolle. Er leidet an defizitärem Realitätsbezug, überzogenen Ansprüchen an die Gesellschaft, der fehlenden Einsicht in seine individuellen Möglichkeiten und Grenzen oder umgekehrt am fehlenden Glauben an sich selbst und seine Fähigkeiten. Die Menschen scheitern also qua psychologischer Definition niemals an den Anforderungen der Gesellschaft, die sie nicht erfüllen können. Psychologen kommen in ihren Erklärungen vielmehr auf den ewiggleichen Befund des Versagens des Individuums an seiner Aufgabe, die ihm vorgegebenen gesellschaftlichen Bedingungen zu bewältigen. Dem dergestalt als funktionsuntauglich deklarierten Menschen gebricht es an der notwendigen Fähigkeit, als verantwortlicher Regisseur seines Seelenhaushaltes die geforderte Anpassungsleistung an die gesellschaftlichen Erfordernisse zu erbringen, zu der ihm im Versagensfalle die psychologische Lebensberatung zu verhelfen sucht.


5. Resümee: Vom Nutzen der psychologischen Weltanschauung für die  herrschenden Verhältnisse oder: Psychologie das moderne Opium des Volkes

Die Nützlichkeit der psychologischen Betrachtungsweise der Welt besteht dementsprechend darin, daß diese Wissenschaft ebenso wie ihre vulgärwissenschaftlichen Verlängerungen und praktischen Abteilungen mit ihren Hilfsangeboten erfolgreich ein grundlegend falsches geistiges Bedürfnis des bürgerlichen Subjekts bedient: Das Bedürfnis nämlich, die gesellschaftlichen Verhältnisse des Kapitalismus als seine Heimat, ihre Einrichtungen von der Schule über die Lohnarbeit bis zur Familie als Mittel zur Beförderung seiner Lebensinteressen, als Bewährungsprobe für das werte Ich zu begreifen.

Der Mensch, der alle Abteilungen der bürgerlichen Lebens als Bewährungsfeld für die eigene Erfolgstüchtigkeit betrachtet, macht sich nämlich auf diese Weise geistig frei von der Befassung mit den ökonomischen und politischen Interessen, denen er zu dienen und für deren Erfolg er als Arbeitnehmer Steuerzahler, Soldat oder Erziehungsberechtigter einzustehen hat. Wer von dem Wunsch beseelt ist, von der gesellschaftlichen Umwelt den Wert der eigenen Person bestätigt zu erhalten, ist umgekehrt von einem grundsätzlichen Verständnis für alle Zumutungen erfüllt, die ihm Staat und Ökonomie des demokratischen Kapitalismus auf den verschiedenen Kampfplätzen seines Lebens auferlegen. Wer die Verteilung der Bürger auf die Hierarchie der Berufe vom Hilfsarbeiter bis zur Professorin als mehr oder minder gerechtes Spiegelbild des unterschiedlich ausgeprägten individuellen Leistungsvermögens betrachtet und die Pflege des guten Glaubens an sich selbst für die erste Erfolgsbedingung im bürgerlichen Leben auf seine Fahnen schreibt als ganz selbstverantwortlicher Schmied seines Lebensglückes, der erfüllt in idealer Weise das freiheitliche Anforderungsprofil eines demokratisch-kapitalistischen Staatsbürgers.

Für dieses bereits vorhandene, nicht jedoch von der (wissenschaftlichen) Psychologie erst erzeugte selbstbewußte Untertanen-Bedürfnis des freiheitlich-demokratischen Bürgers, sein Bewußtsein an den Erfordernissen des gesellschaftlichen Seins der kapitalistischen Konkurrenzgesellschaft auszurichten, nun liefert die psychologische Weltanschauung das geistige Ergänzungsmaterial im Sinne einer bestätigenden, bekräftigenden oder entschuldigenden ideologischen Rechtfertigung des Willens zum Funktionieren. Die Übernahme des Weltbildes der Psychologie und ihrer Erklärungsmuster, wonach der Mensch den lieben langen Tag damit beschäftigt ist, sein eigenes seelisches Innenleben zu beherrschen und zu kontrollieren, weil er umgekehrt von diesem beherrscht wird, die Rezeption der von der Psychologie fingierten Zwangsnotwendigkeiten, die angeblich hinter dem Tun und Treiben der Leute stecken, läuft auf nichts anderes hinaus, als der ohnehin praktizierten Unterwerfung der Leute unter ihnen wenig bekömmliche Zwangsverhältnisse, die sie um jeden Preis als Mittel ihrer Erfolgsbewährung begreifen wollen, eine zusätzliche Legimitation zu verschaffen. Bzw. liefert die Psychologie das Belegmaterial für die falschen Urteile, welche die Konkurrenzsubjekte ohnehin bereits über die kapitalistische Welt und ihre Rolle darin im Kopfe haben.

Wer Anhänger der ideologischen Botschaft ist, wonach jeder seines Glückes Schmied sei, wer also die kapitalistische Welt als ein Reich von Möglichkeiten und Chancen für sich begreift, die man nur wahrnehmen wollen muß, wer sich dementsprechend selber als das Erfolgsmittel begreift, der interpretiert ganz nach dem Vorbild der wissenschaftlichen Psychologie in streng zirkulärer Manier seine Mißerfolge in Ausbildung und Beruf als Konsequenz seiner eigenen Erfolgsunfähigkeit. Und den Beweis für seine Auffassung von sich als Verlierer-Typ sieht er dann darin, daß andere doch den Erfolg haben, der ihm versagt ist. Auf dem Boden dieses Standpunktes kann er dann die Abteilungen der Psychotherapie aufsuchen, in denen die Betreuung des lädierten Selbstwertgefühls auf dem Programm steht. Mit einer solchen Wertschätzung des lieben Selbst, die einem dort per Gesprächstherapie verabreicht wird, ist man dann »allen Herausforderungen des Lebens« von Naturkatastrofen bis Hartz IV glänzend gewachsen.


»Das Leben ist ein Risiko. Naturkatastrofen, hohe Arbeitslosenzahlen, Hartz-IV-Schicksale, Krankheiten, zerbrechende Beziehungen, berufliche Niederlagen oder extrem beschämende Situationen gehören zu den Faktoren, die den Boden unter den Füßen ins Schwanken bringen können. (...) In unsicheren Zeiten kann ein Mensch nur bestehen, wenn er über ein starkes Selbst verfügt. (...) Menschen mit einem starken Selbst haben eine gute bis hohe Meinung von sich selbst. (...) Sie sind sich ihres eigenen Wertes sicher und fühlen sich den Herausforderungen des Lebens gewachsen. (...) Umgekehrt kann ein schwaches, instabiles Selbstwertgefühl Lebenschancen verbauen und zu ernsthaften Problemen führen.« (Psychologie Heute, Heft 18, 2007, S. 55)


Aus dem gegen alle gegenteilige Erfahrung immunisierten Willen, die kapitalistische Gesellschaft für ein Erfolgsmittel und sich selber angesichts seines Scheiterns nur für ein bedingt taugliches Erfolgsmittel zu halten, erklärt sich auch den Übergang zum eingangs erwähnten Motivationstraining, das nach der Devise gestrickt ist, daß man den Erfolg nur wollen können muß, um ihn zu haben. Soweit die Abteilung Psychologie als ideologischer Verstärker des falschen Bewußtseins des bürgerlichen Konkurrenzsubjekts

Die psychologische Weltanschauung - ob wissenschaftlich fundiert oder in ihren vulgärwissenschaftlichen Formen der Ratgeberliteratur - hält so ein klassenübergreifendes Deutungsangebot bereit. Ein Deutungsangebot, das den bürgerlichen Konkurrenzsubjekten, ob sie nun zu den Nutznießern der auch von ihnen unbegriffenen sozialen Verhältnisse oder aber zur Manövriermasse der Interessen von Staat und Kapital gehören, ihr Agieren und Mitmachen im demokratischen Kapitalismus als das alleinige wohlbegründete Werk ihres eigenen Willens erscheinen läßt. Als hätten sie sich die kapitalistische Konkurrenzgesellschaft, in der sie bei der staatlich konzessionierten Verfolgung ihrer Interessen andauernd auf die Schranke der Interessen anderer stoßen, höchstpersönlich als Mittel der Erfüllung ihrer Lebensinteressen ausgesucht. Darauf beruht der durchschlagende Erfolg der psychologischen Betrachtungsweise unter modernen Bürgern. Sie bietet ihnen eine nachträgliche rechtfertigende Universalerklärung ihres Schicksals und eine Anleitung zum Gehorsam allein aus dem Ideal bürgerlicher Freiheit.

Als dergestalt gestrickte Lebenshilfe, als wissenschaftlich fundierte Weltanschauung hat die Psychologie im späten 20. Jahrhundert verdientermaßen der Religion den Rang als Opium des Volkes abgelaufen. Die Verheißung der Psychologie ist nicht wie bei der Religion die Aussicht auf einen komfortablen Platz im Himmelreich durch ein gottgefälliges, in aller Regel arbeits- und entbehrungsreiches Leben, sondern besteht in einem durchaus diesseitigen Versprechen auf »personale Befriedigung«, das sich im Ideal der Selbstverwirklichung zusammenfaßt. Dieses Ideal verheißt Versöhnung des Subjekts mit einer wie selbstverständlich als widrig unterstellten objektiven Welt, der es das jeweilige persönliche Lebensglück im Kampf mit sich selber abzuringen gilt. Dieselbe Welt, die den Subjekten tagtäglich ihre Niederlagen im Lebenskampf beschert, ist in dieser Optik zugleich in Prinzip ein Reich der goldenen Möglichkeiten für den Menschen, um in ihr sein Glück und seine Zufriedenheit zu finden. Es kommt eben nur darauf, ein gelungenes Selbstverhältnis des Subjektes zu sich selbst zu stiften.

So gehen Selbstverwirklichung und privates Glück letztlich im gesellschaftlichen Funktionieren auf: Wer seine Pflichten in Schule, Beruf und Familie erfüllt, ist per Definition mit sich und der Welt im Reinen und hat das eigenen Selbst zu maximaler Entfaltung gebracht. Umgekehrt kann sich das im wirklichen Leben gescheiterte Subjekt mit der speziellen Erfolgstüchtigkeit trösten, bei allen Schicksalsschlägen von Hartz IV bis zum Krebsleiden das Bewußtsein seines Selbstwertes nicht verloren und die erforderliche seelische Stabilität zum Aushalten sämtlicher ihm auferlegter Belastungen gewahrt zu haben. Was bedarf es da noch der sinnstiftend-trostvollen Deutung der mühseligen Wanderung durch das irdische Jammertal als notwendiger Vorstufe zur Erlangung der späteren Freuden des Himmelreiches, wenn das seelisch erfüllte Leben bereits im Diesseits winkt.

In eben dieser Propaganda des irdischen Seelenfriedens des Subjektes, eines gelungenen Verhältnisses der Menschen zu sich selbst und damit zur Welt, ist die psychologische Weltanschauung eine einzige, das Bewußtsein vernebelnde Dienstleistung an der kapitalistischen Konkurrenzgesellschaft: das moderne Opium des Volkes, wie es im Untertitel meines Buches heißt.

Die unbefangene Untersuchung der psychologisch verfremdeten Realität freiheitlicher Lebensverhältnisse würde unweigerlich das Ende der psychologischen Weltsicht bedeuten. Wer beschließt, sich einmal praktisch um seine materiellen Belange in der bürgerlichen Welt zu kümmern, kommt einfach nicht darum herum, an die Stelle der psychologischen Selbstbespiegelung seiner Innenwelt die theoretische Klärung des Zustandes der äußeren Welt, der Fortschritte von Geschäft und Gewalt auf seine höchstpersönliche Agenda zu setzen. Dazu wollte die »Kritik der Psychologie« anstiften.

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[1] Zur Vermeidung von Mißverständnissen: Mit der Untersuchung und Lösung der realen Probleme, mit denen sich der bürgerliche Mensch in seiner Gesellschaft herumschlägt, hat das psychologische Programm der Lebensbewältigung wenig bis gar nichts zu tun. In der unterschiedslosen Einstufung der zitierten Phänomene als »Problemen« liegt vielmehr die absolute Gleichgütigkeit gegenüber der spezifischen Natur der Schwierigkeiten der Subjekte auf den verschiedenen Kampffeldern des bürgerlichen Lebens. Die realen Probleme des Individuums in und mit der wirklichen Welt bilden gemäß dieser Sichtweise vielmehr nur unterschiedliche Erscheinungsformen des generell disharmonischen Verhältnisses zwischen Mensch und Welt, dessen Management den Gegenstand der Bemühungen der Psychologie um die Versöhnung zwischen Subjektivität und Objektivität bildet. Die psychologische Betrachtungsweise verwandelt vielmehr alle kapitalistischen Lebensverhältnisse in zu bewältigende Problemlagen des Subjekts. Die Welt ist bestimmt als Summe zu bestehender Konfliktsituationen, das Individuum ist umgekehrt als das Subjekt eines gelingenden Lebens, als Bedingung und Schrankezugleich seines Zurechtkommens in der Welt definiert.

(10.05.12)

Literaturempfehlung:

Albert Krölls
Kritik der Psychologie
Das moderne Opium des Volkes

Erweiterte Neuauflage
192 Seiten   (2007), VSA Verlag
EUR 13,80
IISBN 978-3-89965-273-4


Inhaltsübersicht:
Vorwort zur 2. Auflage
Einleitung:
Der Psycho-Boom – Zur Karriere einer mächtigen Ideologie
Beweisziel, Inhalt und Gang der Darstellung

Kapitel 1:
Das Leitmotiv einer Wissenschaft: Herrschaftsdienliche Sehnsucht nach einem gesetzmäßig funktionierenden Staatsbürger-Willen
Kapitel 2:
Psychoanalyse: Vom Kampf zweier Prinzipien und dreier Instanzen
Kapitel 3:
Die Kritische Theorie des Subjekts: Ein triebökonomisches Produkt des Frankfurter Psychomarxismus
Kapitel 4:
Skinner: Psychologie im Dienste der Steuerung des unbotmäßigen Staatsbürgerverhaltens
Kapitel 5:
Sozialpsychologische Fehlerklärungen der Ausländerfeindlichkeit
Kapitel 6:
Die gesellschaftsnützlichen Leistungen der Psychotherapie: Geistige Hilfen für das Zurechtkommen des bürgerlichen Konkurrenzsubjekts

Diskussion:
Die Antwort des Faches auf die Kritik der Psychologie: Selbstdiskreditierung ist die beste Form der Verteidigung! / Auf der Suche nach der idealen psychologischen Erklärung des Untertanenbewußtseins / Das gesellschaftliche Sein bestimmt das Bewußtsein – Argumente gegen ein gängiges Fehlverständnis / Zum Verhältnis von Erfahrung und politischer Bewußtseinsbildung / Aber: die Psychologie hilft doch dem Menschen! Fragt sich nur wozu? / Religion und Psychologie: Vom alten und neuen Opium des Volkes / Kritik des Frankfurter Psychomarxismus: ein Verstoß gegen die antifaschistische political correctness? / Eine verkehrte bestechungstheoretische Ergänzung der Faschismuserklärung / Rationelle Psychologie – was ist das?