Nation und Nationalismus sterben nicht, auch wenn einige seiner Verfechter hinweggehen
1.
Kürzlich verschied ein gewisser Lothar Bisky*, hierzulande wenig
bekannt, dafür umso mehr drüben, im angegliederten Teil der
Bundesrepublik. Prompt war er tot, brach (vor allem) dort drüben
der Wählerstimmenanteil der Partei, welcher er als führende
Figur angehörte, nicht unwesentlich zugunsten der offen
radikalnationalistischen AfD (»Alternative für
Deutschland«) ein. Zugunsten einer Partei, welche einen
»dritten Weg«, nämlich einen zwischen Kapitalismus und
Kommunismus nicht bloß sucht, sondern zu gehen gewillt ist. Das
kennt man ja von einer längst untergegangenen Partei, welche zu
eben jenem Zweck gegründet worden war und welche diesen Weg
ebenfalls beschritt, um einen neuen nationalen Aufbruch zu bewegen. Wie
jene damalige vermißt auch die neue an der herrschenden
(demokratischen) Politik im Prinzip nur eines: Konsequentes Handeln im Interesse der Nation.
Mit dem Abrutschen der Linkspartei und dem Aufstieg einer neuen
nationalen Kraft entfällt also nunmehr der schöne Schein, den
sich die PDS bzw. ihre Nachfolgerpartei DIE LINKE mit ihrem sozialen
Getue, gegeben hatte. Soziales ist mit Nationalem eben doch
unvereinbar. Das hat so mancher Wähler** begriffen, der als
solcher natürlich national denkt.
Für den schönen, sozialen Schein des Nationalismus dafür
stand eben ein hartgesottener Nationalist wie Professor Bisky.
2.
Daß Herr Rösler von der FDP ein Idiot ist, wenn er sich als
extrafeiner Maxi, als superguter deutscher Nationalist in Szene setzt,
indem er, wenn er ans Kapital denkt, an Deutschland denkt, entzieht
sich als Tatsache jeden Beweises. Daß sich die Ansprüche des
deutschen Staates nach außen, die imperialistischen
Ansprüche Deutschlands (u.a.) gegen die seiner, Rößlers
ursprüngliche Herkunft richten, wo viele froh sein können,
der bitteren Armut zu entfliehen, deren Ursache eben die durchgesetzte
kapitalistische Weltordnung ist, eben das ist dem feinen Herrn
Rösler so piepegal wie es ihm anderes eben gerade nicht egal ist:
Er kleidet sich täglich teuer neu.
Nur soviel zu einem deutschen Charakter, der keinerlei Angst hat und zu
haben braucht, das Schicksal könnte ihm einmal genauso wenig hold
sein, wie seinen Ex-Landsleuten in Vietnam, von denen er sich abheben
will und abzuheben weiß. Und soviel zur guten, elitären
Erziehungsarbeit, wie sie das deutsche Erziehungssystem zu leisten
vermag.
Ob nun seine Partei überlebt oder nicht, kann einem solch
selbstbewußten Karrierehengst egal sein. Ihm stehen alle
Türen in der freien Wirtschaft sperrangelweit offen. Die
politischen Geschäfte — da kann Herr Rösler beruhigt
sein — sind in anderen Händen auch nicht schlecht aufgehoben.***
(11.03.13)
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* Der reale Sozialismus in Augsburg
Es
war nur
wenige Jahre nach der Vergrößerung der BRD durch die
DDR. Es
soll welche gegeben haben (und noch geben), die darin die Chance der
Vergrößerung der DDR durch die BRD gesehen haben.
Kurz und
gut, damals luden verschiedene linke Gruppen zu einer
Filmvorführung ins Bürgerhaus Pfersee. Auch ein
politisch
allseits Interessierter begab sich also dorthin. Da bis zu Beginn des
Films noch Zeit war, entspann sich alsbald eine Diskussion unter den
Anwesenden, wie es in linken Kreisen ja alldieweil üblich ist.
Da
fiel unserem Besucher eine Visage ins Auge, die er zu kennen glaubte,
allein er konnte sich nicht entsinnen, wo er sie schon mal gesehen
hatte. Die Visage mischte sich nicht in die lebhaft werdende Debatte
ein. Sie verhielt sich distanziert, ja sogar eine Spur von Abneigung
glaubte unser Besucher in ihr wahrnehmen zu können. Zu seiner
Überraschung war es dann ausgerechnet die Visage, die das Wort
erhob, den Film anzukündigen. Mit wenigen Worten wischte sie
die
Debatte zur Seite, die zwar irgendwo berechtigt sei, aber nicht ihr
Anliegen wäre, ihr Anliegen, das große, gemeinsame,
sozialistische Anliegen. Natürlich fiel es dem Besucher nun
wie
Schuppen von den Augen, wen er vor sich hatte: Keinen anderen als den
geistigen Führer der SED-Nachfolgeorganisation! Wie konnte man
besser die Augen geöffnet bekommen als mit dieser und
über
diese Infamie, die so salopp im Westen anschwappen wollte?
Längst ist die Visage zum Parteiführer aufgestiegen.
Als
solcher haben ihre Worte umso größeres Gewicht, als
sie nun
dank eines saarländischen Partners endgültig im
Westen
angekommen zu sein glaubt. Auf Kärrnerarbeit in Augsburg
verzichtet sie mittlerweile gern, zumal sie die überregionale
Öffentlichkeit zu nutzen bemüht ist. Dabei gelingen
ihr Woche
für Woche ganz große Statements:
"Ich will keine
Verstaatlichung. Ich
bin Marxist, ich will eine Vergesellschaftung der Produktion.
Natürlich stört mich Privateigentum nicht
grundsätzlich,
aber in diesem Fall [es geht um die Medien] sollte die Bereitstellung
von Kommunikationsmitteln in der Obhut des Staates liegen. Die
kommunikative Chancengleichheit..." (politik orange,
Zeitungsbeilage am 14.03.09)
Leider hat sie im offensichtlichen Gegensatz zu unserem
geschätzten Bundespräsidenten nie jemals begriffen,
was einen
Marxisten denn in der Tat ausmacht. Wer die gesellschaftlichen
Verhältnisse bis zu ihrem Bruch vorantreibt, braucht doch wohl
nicht lange zu betonen, daß er ein solcher sei, oder? Oder
versucht sie unseren geliebten "Hotte" in Mißkredit zu
bringen?
Und mit ihm Marx? Das ist in der Tat ein starkes Stück; ein
starkes Stück realer Sozialismus, der sich einfach nicht
totkriegen läßt. (KoKa, 15.03.09)
**Es gibt zwei Sorten von Wählern.
Gemeinsam ist ihnen, daß sie
ihre Abhängigkeit von staatlichen Maßnahmen dahingehend interpretieren, daß der
Staat – eigentlich – für ihre Belange im positiven Sinne da sei, er also nichts
als Sorge um sie, seine Bürger, hegt und hegen sollte. Deshalb lassen sie sich zwar nicht allzu gerne,
doch in aller Regel großzügig die Kosten gefallen, mit dem der sich an ihnen (nicht bloß) schadlos zu
halten pflegt. Zu dieser Laissez-faire-Haltung
gegenüber dem Staat gehören auch die immer wiederkehrenden
Bitten an ihn, er möge es bei den nötigen Lasten doch bitteschön gerecht(er) zugehen lassen.
Zum einen zeigt der Gang zur Wahlurne als solcher das: Zunächst gibt es diejenigen, denen das Wohl »ihrer« Nation immer
unverbrüchlich mit einer der beiden großen politischen Lager verbunden
ist, also auf der einen Seite die »Stammwähler« der »Linken« und auf der anderen die der »Rechten«. Entschiedene Nationalisten allenthalben.
Doch der Hauptaugenmerk – wie eben in Frankreich – gilt den wahlentscheidenden »Wechselwählern«; auch sie sind entschiedene Nationalisten. Doch ganz anders:
Zum anderen also wird der Unterschied im Wahlverhalten
selber deutlich: Manche grübeln gar oft tagelang, wer denn nun
ihre so wertvolle Stimme wirklich verdient hat. Und es ist klar,
daß solche Wähler ihre Stimmabgabe nicht von Hübschheit
oder Häßlichkeit eines kandidierenden Konterfeis
abhängig machen (sonst hätte ein Hollande wahrlich
schlechtere Karten gehabt als sein Konkurrent). Auch ein bloßer
»Amtsbonus« zählt nicht viel. Nein, solche Wähler
prüfen tatsächlich, ob die Qualität der einzelnen
Kandidaten der Größe ihrer Nation angemessen und ihrem
Fortschritt dienlich ist. Und offensichtlich kamen genügend
Franzosen zu dem Schluß, daß Sarkozy ihren Ansprüchen
nicht mehr genügt: Hat es nicht den Anschein gehabt, er wäre
in der Eurokrise vor dem Erzrivalen Deutschland und dessen Kanzlerin
eingeknickt? Unverzeihlich! – "Hollande will den
EU-Fiskalpakt um eine »Dimension des Wachsstums« erweitern.
... Sarkozy hing diesen Ideen bis vor kurzem auch an. Kanzlerin Merkel
brachte ihn mühsam davon ab." (SZ, 14.03.12) Jetzt muß Hollande stechen, sonst hat er auch nicht mehr als eine Amtszeit.
So und nur so – dünkt einem wahrlich national-sensiblen
Wähler – treibt er seine Nation wirklich voran. Die
läßt sich das in Form ihrer alten wie neuen Vorstände
ihrerseits gern gefallen. Sie hat ja alle Freiheit(en), die ihnen die
Wähler einmal mehr überantwortet haben. (KoKa,07.05.12)
***
"Ni-en sagte: Immer ist im Leben etwas im Absterben begriffen. Das
Absterbende will aber einfach nicht sterben, sondern kämpft um
seine Existenz, verficht seine überlebte Sache." (Dieses
geflügelte Wort legte Brecht Stalin unter dem Pseudonym Ni-en in
den Mund; Me-ti, Buch der Wendungen, Ges. Werke, Bd. 12, S. 501) Es ist
offenkundig Schwachsinn, etwas für überlebt zu erklären,
was gar nicht an einer Person bzw. einer Partei hängt — das
beweist der Fall Rößler, der Fall Rößlers.