»Polen ohne Alternative!«


Polen 2010  Komorowski KyczynskiDas ist einhellige Meinung in der BRD, so einhellig, daß es unerheblich ist, wieviele Personen in wievielen Kommentaren und wie zusammengeschnitten sie vertreten!
Zum Beispiel die Polen-Korrespondentin Gabriele Lesser in ihrem Kommentar in der Augsburger Allgemeinen und in der taz (06.07.10), welcher zeigt, wie essentiell der Meinungspluralismus und die Pressefreiheit sich buchstäblich buchstabieren. [Dokumentation: oben taz, unten AZ; - ihr hier nicht abgebildeter Korrespondentenbericht ist in der taz stärker gekürzt, wer hätte das gedacht?]

Aber sei's drum, es geht ja gar nicht darum, daß ein und derselbe Kommentar zweimal verwurstelt wird, einmal in Augsburg und einmal in Berlin. Man könnte auch zwei äußerlich unterscheidbare Personen auf das gleich ansetzen - und andere Kommentatoren anderer Blätter beweisen es: Übereinstimmend sind sie heilfroh, daß »unser« Mann in Polen gewonnen hat, also der, der »unsere« »europäischen« Interessen über die nationalen Interessen Polens stellt, weil die darin und nur darin aufgehen sollen. (Ob sie es dann wirklich tun, braucht niemand zu interessieren, es sei denn, es kommt zu einem Staatsbankrott, der »uns« dann natürlich schon wieder sehr interessiert, weil »wir« dann genau wissen, was »unser« Mann falsch gemacht hat, so daß »wir« bezweifeln müssen, daß es überhaupt »unser« Mann war!)

Natürlich hegen »wir« großes Verständnis dafür, daß mit einem solchen Programm, wie es der neue Präsident Komorowski für »uns« in die politische Tat umsetzen soll, nicht leicht ist, Wahlsiege zu erzielen, denn schließlich beruht das Programm auf einer gewaltigen Verarmung der polnischen Arbeiterklasse - was »wir« natürlich nicht, höflich wie »wir« sind, so direkt sagen -, die sich darob allerdings keinerlei Sorgen machen soll und - anders als vor 30 Jahren - ihre Obrigkeit nicht als Ausbeuter betrachten möge.

So wenig, wie damals die Einmischung der UdSSR - die kurioserweise im wesentlichen in ihrer Nicht-Einmischung bestand! -, für »uns« in Ordnung ging, weil sie als »sozialistisch« gegolten hat, so sehr hält man die heutige deutsche Einmischung unter dem Titel »europäisch« für angebracht, ja geradezu für selbstlos und hilfreich.

Und was entnehmen »wir« dieser AZ-Lokal-Meldung in Sachen Polen:

" ... Denn kurz vor zwei Uhr morgens war am Sonntag auf der Strecke zwischen Hauptbahnhof und Oberhauser Bahnhof ein Güterzug entgleist. Die 16 Waggons waren auf dem Weg aus dem österreichischen Gummern nach Kostrzyn in Polen und hatten Marmormehl geladen, das unter anderem in der Lebensmittelherstellung verwendet wird. Aus bislang unbekannter Ursache sprangen fünf Waggons aus den Schienen, ein Kesselwagen mit einer 55 Tonnen schweren Ladung kippte sogar um und schlug leck. ..." (04.07.10) ?

Die Semmeln werden vielleicht noch in Polen gebacken, der Bäcker sitzt längst, wenn nicht in Deutschland, so in einem westlichen Staat; die Transit-Transportgebühren gehen an den deutschen Global Player DB, der bei der Gleisinstandhaltung Kosten spart, die ansonsten die Polen bezahlen müßten....

Muß man sonst noch was über Polen wissen?
Ach ja, vielleicht sollen die Polen froh sein, sich selbst bestimmen zu dürfen - ganz anders als im Dritten Reich, wo sie als deutsche Ostgebiete und als Generalgouvernement ihrer eigentlichen antirussischen Aufgabe nicht selbstbestimmt nachkommen konnten... doch jetzt haben sie sich nach langer »sozialistischer« Unterdrückung selbst dahin vorangearbeitet, wo »wir« sie supergut gebrauchen können, nämlich für den "innereuropäischen Dialog", der einen "offenen Dialog zwischen Rußland und Polen" einschließt.
Kurzum, die Polen sollen froh sein, wenn sie im Dialog - zumindest formell - dabeisein dürfen. Deshalb sollten sie gefälligst auch die Klappe halten. Kapiert, Bronislaw Komorowski? (06.07.10)