Die Erfolgsgeheimnis der Demokratie bei ihren mündigen Untertanen

Das krampfhafte Festhalten am (vulgärmarxistischen) »Primat der Ökonomie«, welcher die derzeit gültige Staatsräson ist, aber nichtsdestotrotz von der radikalkapitalistischen FDP in steter, wenn nicht in Gefahr, so doch zumindest in Verunreinigung gewähnt wird, eben das macht den Erfolg dieser Partei in grundsätzlicher Hinsicht aus. Deshalb bekommt sie Wähler — auch Wechselwähler, hauptsächlich aus der CDU 
, Leute, die eine wirkliche Gefahr darin sehen, daß das nationale Erfolgsrezept, die herrschende Staatsräson, der Primat der Ökonomie verwässert wird (jede solche Verwässerung bezeichnet sie dumm, wie sie ideologisch borniert ist, als »Sozialismus«).
Wie antiquiert nehmen sich auf der anderen Seite die aus, die die Nationalstaatlichkeit hochhalten. Z.B. gegen die mit dem Primat der Ökonomie notwendig gewordenen Betätigungen erfolgreicher Nationen über deren Grenzen hinaus: Für ihre (freie) Ökonomie wollen und müssen sie ja — wie es so schön heißt — »die Grenzen durchlässiger« machen. Solche sehr prinzipiellen Parteigänger von Nationalstaaten verteidigen dann all die Nationen, die sich den Ansprüchen der mächtigen, weil erfolgreichen, den Ansprüchen der imperialistischen Staaten eben entgegenstellen. Jürgen Elsässer hat da durchaus namhafte Leute um sich geschart wie z.B. Peter Scholl-Latour. Und es verwundert nicht, daß der (Ex-Systemkritiker) Elsässer sich der Linkspartei am nächsten fühlt. Ebenso wie er ist die alles andere als ein Skeptiker oder gar dem Staat ein Feind, sie bemängelt immerzu seine fehlende Souveränität bzw. deren Mißbrauch anderen Staaten gegenüber.

Gegenüber diesen beiden Extrempositionen der Demokratie wirken dann die drei anderen Bundestagsparteien tatsächlich wie gemäßigt, als Parteien »der Mitte«. Hierbei trachten CDU, SPD und Grüne danach, sich gegenseitig zu übertreffen, was dann diese seltsame Art von »Profillosigkeit« ergibt, die demokratische Kommentatoren ab und an als beunruhigend für die Demokratie beklagen. Dabei spitzen die beiden »extremen« Parteien die Räson des Klassenstaates ganz praktisch so zu, daß diese Räson als Position der anderen Parteien als die einzig »realistische« Position nicht bloß erscheint, sondern tatsächlich ist.

Die Arbeiterklasse soll ja nicht FDP-mäßig gnadenlos, möglichst rasch verwertet werden, sie soll kalkuliert verwertet werden, schließlich schießt der Staat selber genügend Geld vor, ihre  (produktive) Verwertbarkeit herzustellen, und auch dafür, sie bei Bedarf wiederherzustellen. Die Linkspartei auf der anderen Seite ist insofern »unrealistisch«, als sie den Zweck der Verwertung des Menschenmaterials gar nicht richtig ins Auge faßt, wenn sie so tut, als müsse, könne, solle irgendwie auch die Arbeiterklasse von ihrer eigenen Verwertung »profitieren(!)«. So nahe der (an sich schon verquere) Vorwurf des Kommunismus deshalb an dieser Stelle an ihre Adresse liegen mag, so gegenstandslos ist er zugleich aufgrund der Unterordnung unter die nationalen Interessen, eine Unterordnung die DIE LINKE nicht so sehr deshalb betont, um »realistisch« zu erscheinen, vielmehr inhaltlich deshalb, weil ihr die Nation — bei Vernachlässigung einer Vergütung der Arbeiterklasse! — Schaden nehmen könnte.
Mit ihren beiden Randpositionen tragen FDP und LINKE so zur Verfestigung des Klassenstaates bei, wie er leibt und lebt. Und zwar viel mehr, als die drei anderen Parteien dies ohne sie je könnten. Ohne sie erschiene ja
der Klassenstaat geradezu als die Sorte Diktatur, die er ist. Etwas anderes als seine Staatsräson jedenfalls steht — zum Leidwesen von Faschisten — bis auf weiteres jedenfalls nicht zur Debatte.

Eines ist übriges zudem klar: ohne eine starke Prise moralischem Backpulver gelingt der demokratische Eierkuchen nicht richtig. Ob die Extraportion Moral, die (insbesondere) die GRÜNEN dem Klassenstaat verabreichen, ihm gut bekommt oder eher den Geschmack an ihm verdirbt, darüber mögen Demokraten sich zerfleischen — oder sich zusammenraufen. Offenkundig ist, daß FDP und GRÜNE deshalb so wenig zusammenpassen. Auf einer anderen Seite ist die SPD der Linkspartei nicht grün, weil die ihre nationalen Ambitionen unsachgemäß zu übertreffen trachtet. Usw. usf.

Alles in allem spricht das demokratische Affentheater, das vor wie nach Wahlen veranstaltet wird, offenkundig für sich. Ein Wähler, was ein Wähler ist, dackelt immer wieder begeistert zu Urne. Mehr Würze als Wahlen kennt er nicht in seinem so famos politisierten Leben.


(04.02.2013)