Papua-Neuguinea: Opfer fordern Untersuchung von Exxon-Aktivitäten
Von Catherine Wilson / ips
Im südlichem Hochland von Papua-Neuguinea (PNG) warten die
Bewohner der Dörfer Tumbi und Tumbiago gut zwei Monate nach dem
katastrofalen Erdrutsch immer noch auf Hilfe. Sie werfen der Regierung
vor, ihnen noch nicht einmal bei der Bergung der Toten geholfen zu
haben.
Auch fordern sie die Einrichtung einer Ermittlungskommission, die die
Umstände der Tragödie untersucht. In der dicht bewaldeten
Gebirgsregion werden Leitungen für ein 15 Milliarden US-Dollar
teures multinationales Flüssiggas (LNG)-Projekt verlegt. Betreiber
ist Esso Highland, ein Tochterunternehmen des Energiemultis Exxon Mobile.
Am 24. Januar hatte sich 1,5 Kilometer oberhalb der beiden Ortschaften
eine Geröllawine gelöst und 60 Menschen unter sich begraben.
42 Häuser wurden zerstört. "Mehr als 3.000 Menschen
müssen sich ohne sanitäre Einrichtungen eine Notunterkunft
teilen. Das Wasser der beiden Quellen ist belastet", klagte der Gemeindesprecher Joseph Warai.
Kritisiert wird nicht nur die ausbleibende Hilfe, sondern auch das
Ergebnis eines vorläufigen Berichtes, der sich darauf
beschränkt, schwere Regenfälle, die den Kalkstein aufgeweicht
hätten, als Ursache des Unglücks auszumachen. An dem Bericht
hatten sich die von der Regierung kontrollierte
Katastrofenschutzbehörde sowie Vertreter von Exxon Mobile und der
australischen Agentur für internationale Entwicklung beteiligt.
Exxon-Projekt im Visier
Die Einheimischen waren weder befragt noch über die Untersuchung informiert worden, wie der Gemeindesprecher berichtete. "Wir
konnten nicht fassen, was wir darin lesen mußten. Seit 14
Generationen leben wir hier, und einen Erdrutsch hat es hier in dieser
Zeit nie gegeben", erklärte Warai, demzufolge die Bauarbeiten an der Gasleitung die Katastrofe ausgelöst hatten.
"Exxon Mobile-Subunternehmer (Mc Donnell Dowell Consolidated Contractors Joint Venture und Clough Curtin Joint Venture) haben hier oben 2011 im Gebirge Bohrarbeiten und Sprengungen durchgeführt", berichtete er. Das hätten Einheimische beobachtet.
"Die dadurch blockierten Oberläufe unserer beiden Flüsse
haben die Umgebung des Steinbruchs von Tumbi einem starken Druck
ausgesetzt", sagte Warai.
Bei Exxon Mobile wies man die Vorwürfe zurück und erklärte: "Wir
haben im März 2011 die Sicherheitsempfehlungen von D'Appolonia,
einer unabhängigen italienischen Beraterfirma für
Umweltfragen, befolgt und den Steinbruch zusätzlich befestigt."
Sprengungen habe es dort seit 2010 nicht mehr gegeben. Zu den Klienten
der Firma gehören der italienische Energiekonzern ENI und die
Europäische Kommission.
Eine weitere von der Regierung versprochene Untersuchung des
Erdrutsches im südlichen Hochland läßt auf sich warten.
Die betroffenen Gemeinden werfen der Regierung in Port Moresby vor, ihr
gehe es vor allem um das die reibungslose Fortsetzung des Gasprojektes,
des größten im Land. Um die Anliegen der Betroffenen
kümmere sie sich nicht.
Australien unterstützt Investition mit Exportkredit
In das von Exxon Mobile mit einer Beteiligung von 33,2 Prozent
betriebene Milliardenprojekt investieren nach Angaben der britischen
Tageszeitung The Guardian die australischen Unternehmen Oil Search und Santos.
Sie halten 29 beziehungsweise 13,5 Prozent der Anteile. Das
einheimische Nationale Erdölunternehmen von Papua-Neuguinea, dem
Australien einen Exportkredit von 450 Millionen Dollar zur
Verfügung stellt, ist mit 16,8 Prozent beteiligt.
Japans JY Nippon Oil Exploration hält einem Anteil von 4,7 Prozent und die lokale Landbesitzergruppe Mineral Resources Development Company 2,8 Prozent.
Unterdessen bestehen Betroffene, Umweltaktivisten und der britische Experte Dave Petley, Direktor des International Landslide Centre der Universität von Durham, auf einer unabhängigen Untersuchung des Unglücks.
In einem kritischen Kommentar zum Bericht über die Ursachen des Erdrutsches, die Papuas Organisation LNG Watch veröffentlicht hat, hinterfragte Petley das vorläufige Ergebnis: "Wenn
die Katastrofe natürliche Ursachen hatte, warum wurde der
Steinbruch weder vor der Inbetriebnahme noch später während
der Arbeiten geologisch untersucht?", schreibt Petley.
Der Wissenschaftler bezweifelt, daß sich die Auflösung des Gesteins eindeutig habe nachweisen lassen. "Ich bin sehr überrascht, denn ich habe niemals gehört, daß sich ein harter Felsen aus Kalkstein auflöst", wird er von LNG Watch
zitiert. Er wies darauf hin, daß der Steinbruch in der Mitte des
Abhangs lag, der nachgegeben hatte. Es sei gewagt, über diesen
Zusammenhang hinwegzusehen. Deshalb sei eine sorgfältige
Untersuchung erforderlich, verlangt Petley.
Im Februar stellte die Regierung den Gemeindeoberen von Tumbi und
Tumbiago umgerechnet knapp fünf Millionen Dollar an
Katastrofenhilfe in Aussicht. Zwei Drittel sind für eine
Verbesserung der Infrastruktur bestimmt, ein Drittel sollen die
Hinterbliebenen der Toten erhalten. Die betroffenen Dörfer fordern
die gesamte Summe als Entschädigung für die Opfer. Zahlungen
sind bislang ausgeblieben. Der frustrierte kommunale Wortführer
Warai droht: "Wenn alle unsere Mittel erschöpft sind, wird uns nichts anderes übrig bleiben, als das Gasprojekt zu stoppen."
ips-Weltblick vom 26.03.12 , mit freundlicher Genehmigung für KoKa Augsburg
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