Bemerkungen zu Nord-Korea (solange es noch existiert)
• Wäre
der Raketentest zum 100. Geburtstags seines Staatgründers
»Kim Die Sonne« (Kim Il Sung) erfolgreich verlaufen, dann
hätte Nord-Korea wenigstens so tun können, als könne es
die USA damit ernstlich bedrohen. Das jedenfalls ist die
Einschätzung von Militärbeobachtern in Rußland und
China. Bei allen Anstrengungen, die man in Pjöngjang für
nötig hält, waffentechnisch nicht bloß mit
Süd-Korea, sondern eben auch mit den Großmächten,
insbesondere dem imperialistischen Feind USA einigermaßen
mithalten zu können, ist die militärische Diskrepanz allen
Experten zufolge nur allzu deutlich.
Ohne mit Waffentechnik im einzelnen vertraut zu sein, kann man es auch
so betrachten: Warum hält Nord-Korea 1,2 Millionen Mann unter
Waffen? Es werden doch längst keine größeren Kriege
– und um einen solchen ginge es ja auf der koreanischen Halbinsel
– mehr erfolgversprechend mit der puren Masse an Menschenmaterial
geführt! Und überhaupt: Warum läßt sich dieser
Staat überhaupt in die Aufrüstung dermaßen treiben,
daß sein Aufwand dafür in immer krasserem Gegensatz dazu
steht, was für das angeblich von seiner Führung so geliebte
Volk dabei herausschaut: Diese Problematik räumt der neue
Staatschef Kim Jong Un ja selber ein:
"Es ist die feste Entschluß der Partei der Arbeiter Koreas,
unserem Volk, dem besten Volk in der Welt, das loyal gegenüber der
Partei geblieben ist, zu ermöglichen, alle Schwierigkeiten zu
überwinden, zu leben, ohne seinen Gürtel noch länger
enger schnallen zu müssen, und umfasssend Reichtum und Wohlstand
unter dem Sozialismus zu genießen." (aus der Rede, KCNA [Korean Central News Agency] v. 15.04.12, Üb. KoKa)
Da fragt man sich schon, wie will er (bzw. sie, die Partei) denn das – den Gürtel des Volkes nicht noch länger enger
zu schnallen – machen, wenn er alle Ressourcen für die
Rüstung veranschlagt? Aber warum sollte sich ein nord-koreanischer
Staatsmann von anderen in seinen lügnerischen Sonntagsreden
unterscheiden? Nicht einmal einen gewissen Rassismus kann er sich
zynischerweise verkneifen, angesichts eines Volkes, das sich wahrlich
nur allzuviel gefallen läßt. (Womit es sich übrigens
seinerseits nicht groß von anderen, inklusive dem deutschen,
unterscheidet.)
• Kann
die Staatsführung des weiteren denn übersehen, daß sie
zwar mit ihren Rüstungsanstrengungen ernst genommen wird, aber
deswegen noch lange nicht in dem Sinne anerkannt wird, wie sie
möchte? Ist es nicht gerade das Staatsziel der KDVR, das ihr
bestritten wird, und um deren Rettung es ihr so zu tun ist:
"Die weitreichende Strategie und der letztendliche Sieg der
koreanischen Revolution liegen vorrückend gerade entlang der
Straße der Unabhängigkeit, der Straße von Songun [Militär zuerst!] und dem Pfad des Sozialismus, angezeigt von Kim Il Sung und Kim Jong Il."
"Die Arbeiterpartei und die Demokratische Volksrepublik Korea werden
jedem die Hände reichen, der aufrichtig die Wiedervereinigung des
Landes und Frieden & Wohlstand der Nation will, der Verantwortung
trägt und geduldige Anstrengungen unternimmt, die historische
Sache der nationalen Wiedervereinigung zu vollbringen." (ebenda)
Nord-Korea versteht eben unter Sozialismus in aller erster Linie die
Herstellung der Nationalen Einheit (aus der sich wie von selber dann
der Wohlstand ergeben soll), bei der ihm hauptsächlich die USA
stören. Aber nicht nur die: Kim Jong Il hatte bereits darauf
hingewiesen, daß man auch gegenüber China wachsam bleiben
müsse: Eine Unverschämtheit eigentlich, angesichts der
Tatsache, daß ohne die Hilfe Chinas Nord-Korea heute kaum noch
existieren würde. Strategisch gesehen allerdings war und ist die
in den letzten 20 Jahren geringer werdende Hilfe Chinas eben nicht
uneigennützig, weiß sich China doch selbst von den USA
bedroht. Und eben diese Tatsache macht es Nord-Korea so schwer, seinen
nationalen Anspruch überhaupt irgendwo auf die Tagesordnung zu
setzen.
• "Die
militärische und technische Überlegenheit ist nicht
länger ein Monopol der Imperialisten und vorbei sind die Tage, als
die Feinde die KDVR bedrohen und mit Atombomben erpressen konnten." (ebenda)
Nord-Korea ist nur insoweit kein bloßer Spielball der
Weltmächte, als es eine entsprechende eigene Verteidigung
vorweisen bzw. vortäuschen kann. Einerseits. Damit ist schon auf
die Defensive hingewiesen, in der dieser Staat steckt. Und eines ist
auch klar: Einen Krieg könnte es, selbst alleine gegen
Süd-Korea zwar – da ist man sich in Süd-Korea sicher
– nicht gewinnen. Nichtsdestotrotz könnte es Süd-Korea
als einen wichtigen Standort des Weltkapitalismus kaputt machen.
Das vor allem schreckt selbst die USA davon ab, es zum Äußersten kommen zu lassen.
• Eine
ganz andere Frage andererseits ist die, welche auf der Weltbühne
so gut wie gar nicht erörtert wird: Was ist es eigentlich für
ein Schwachsinnsprogramm, unbedingt eine nationale Einheit herstellen
zu wollen? Mit der Befreiung der nationalen wie internationalen
Arbeiterklasse hat so ein Programm sowieso von vorneherein ja
überhaupt nichts zu tun. Im Gegenteil, die ist ja beiderseits der
Grenzen als Manövriermasse – übrigens nicht nur im
Krieg, sondern auch jetzt schon bei seiner Vorbereitung – einge-
und verplant. Die Entschlossenheit, mit der Nord-Korea auf diesem
seinem Programm beharrt, verheißt gerade deshalb nichts
Gutes, weil es mehr und mehr in die Defensive gerät. Anders
ausgedrückt: Nord-Korea geht immer mehr der Entscheidung entgegen,
seinerseits einen Krieg zu riskieren oder – und es sieht nicht
danach aus: – einfach abzudanken.
All das kann man der ersten Rede des neuen Staats- und Parteiführers durchaus entnehmen.
[Abbildung: KCNA: Auf dem Mansu-Platz in Pjöngjang wurden zum
Glück wenigstens keine Statuen von Marx und Engels
enthüllt, sondern wahrlich gigantische der nationalen Giganten Kim
Il Sung und Kim Jong Il. Soviel Personenkult gehört sich einfach
für einen achtbaren Staat! Geradezu vorbildlich auch für den
in westlichen Demokratien gepflegten Personenkult!]
16.04.12