Der Angriff gegen Rußland rollt auf breiter Front:

1. Aufbau von Radar- und Raketenstellungen in osteuropäischen Ländern
2. Nicht-Ratifzierung des Vertrags über konventionelle Streitkräfte in Europa bei gleichzeitiger Forderung einer russischen Unterschrift. Vorbedingung einer NATO-Ratifizierung ist ein Truppenrückzug Rußlands aus Moldawien und Georgien.
3. Einbindung Rußlands in die Terrorismusbekämpfung in Afghanistan mit Zulassung logistischer Unterstützung über russischen Landweg. Diese fußt auf dem Deal (2003) zwischen den USA und Rußland, den jeweiligen Antiterrorkampf - in Afghanistan auf us-externem Gelände einerseits und in Tschetschenien auf russisch-internem Gelände andrerseits zu respektieren.
4. In Serbien und der von ihm durch die NATO abgeteilten Provinz Kosovo hat Rußland nichts zu melden, in den übrigen neuen NATO-Mitgliedern und -Kandidaten auf dem Balkan sowieso auch nicht.
5. Die Ukraine und Georgien sollen Mitglieder der NATO werden, allerdings nicht sofort.

Da solle jemand behaupten, russische Sicherheitsinteressen seien in dem ein oder anderen Punkt berücksichtigt worden. Noch nicht einmal bezüglich der "Zurückstellung" (allein das ist ja eine Unverschämtheit vom knallharten Anspruch - "Kein Gefeilsche!" - aus gesehen!) des Beitritts von Ukraine und Georgien kann von einer Rücksichtnahme auf Rußland gesprochen werden.
Vielmehr handelt es sich dabei um eine Berücksichtigung eigener, zumal deutscher Interessen. Die Energieabhängigkeit der BRD läßt sich nicht einfach wegleugnen, allerdings macht sie gleichzeitig deutlich, mit welcher Dringlichkeit [in der einen Richtung - und in der anderen am Arbeiten einer Autarkie im Energiesektor und der Notwendigkeit der Atomkraft!] an der Zerschlagung Rußlands gearbeitet werden muß, empfindet doch jeder deutsche Staatsmann das Öl- und Gas-"Diktat" Moskaus als reine Zumutung und Unverschämtheit, also als das genaue Gegenteil von Geschäftemacherei nach unseren Vorstellungen. Das ist das eine, was einen Aufschub der Beitritte - ärgerlicherweise! - nötig macht. Das andere sind unmittelbar praktische Probleme, ist doch Rußland selber in Georgien militärisch präsent, in der Ukraine ist es die russische Schwarzmeerflotte, die vertraglich bis 2017 auf der Krim verbleibt, dazu stehen russische Soldaten westlich der Ukraine, in Moldawien. Hinzu kommen vielfältige ökonomische Abhängigkeiten der Ukraine von Rußland, die die NATO-Staaten bis auf weiteres nicht zu kompensieren in der Lage sind und was sie natürlich auch nur mit einer weiteren Aufweichung Rußlands können, welcher somit Priorität zukommt.
Keine Rolle spielt
selbstverständlich - nach demokratischem Usus - die Bevölkerung, die mehrheitlich gegen einen NATO-Beitritt ist und dies in Demonstrationen zum Ausdruck gebracht hat.

Die Äußerungen Putins, in bester diplomatischer Manier vorgetragen, machen zum einen deutlich, daß er sich nicht täuscht über die Absichten der NATO, zum anderen, daß er leider den Werten der NATO glaubt: Wenn er sie auf die festnageln könnte, ja dann könnte man doch wohl Freunde sein! Was er zudem überhaupt nicht verstehen kann, ist, daß die NATO keineswegs honoriert, daß Moskau ein ganzes Gesellschaftssystem weggeworfen hat, sein Territorium beschnitten hat, sich den geforderten Maßstäben der kapitalistischen Reichtumsproduktion samt dem Plunder mit Wahlen und demokratischer Herrschaftsausübung unterworfen hat; und überhaupt, daß Moskau in allen Punkten stets und ausnahmslos gesprächsbereit ist. Und so wenig ihm das einleuchtet, so wenig pocht er auch auf Forderungen gegen die NATO, die - objektiv betrachtet - längst fällig wären.

Solcherart Rückzugsgefechte kann der freie Westen gut leiden. So gut, daß die dumme Kuh im Kanzleramt, glatt meint, in Moskau offene Türen einzurennen, wenn sie behauptet, die NATO sei gegen niemanden gerichtet, schon gar nicht gegen Moskau.

Das einzige, was man in Washington, in Berlin, London und Paris nicht gerne hören möchte, weil es das einzige wäre, was die NATO in ihren Freiheiten stören würde, das wäre eine klares NEIN zu den Anschlägen auf Rußland. Noch könnte sich Rußland dies leisten! Noch. Aber wenn es so weitermacht, wie zu befürchten ist, scheitert noch eher der NATO-Beitritt Skopias am Veto Griechenlands wie der der Ukraine an einem Veto Rußlands.

[Nur nebenbei: Griechenland hat sehr klar erkannt, daß allein der Staatsname ein sehr prinzipieller Zuständigkeitstitel ist, der die Möglichkeit beinhaltet und der nach Möglichkeit gebraucht wird, das Territorium eines Staates nach außen hin zu erweitern. Mit der NATO im Rücken und mit dem Beispiel der Zerschlagung Jugoslawiens vor Augen ist auch einem Kleinstaat - oder gar einer relativ kleinen Terrorbande wie der UÇK - allerhand zuzutrauen. Nur weil es im Augenblick nicht realistisch erscheinen mag, heißt das noch gar nichts. Was war der Welt vor 20 Jahren nicht alles unrealistisch erschienen! Umgekehrt ist freilich auch die Verhinderung eines Namens Garantie für gar nichts!]
(05.04.08)