Nord-Korea: Der Juche-Staat bankrott

Die schiere Existenz des letzten ML-Staats in seiner Reinform, der Demokratischen Volksrepublik Korea, hängt am Interesse Chinas, die USA nicht an seine unmittelbare Grenze vorgerückt sehen zu wollen. Gerade deshalb ist Beijing unverdrossen bemüht, den kriegsträchtigen Konflikt auf der koreanischen Halbinsel zu entschärfen. Insofern ist Pjöngjang auch in Beijing nur sehr bedingt anerkannt, nicht mehr als die Republik (Süd-)Korea, die - von der ökonomischen Seite aus betrachtet - für die Volksrepublik China längst viel interessanter ist als das permanente Zuschußprojekt Nord-Korea. Würden sich die Staatsmänner in Pjöngjang reinen Wein einschenken, würden sie sich für Beijing nicht dermaßen unhandlich geben.
Das, was Nord-Korea anstrebte, eine Autarkie von ausländischem Einfluß nämlich
(nichts anderes ist unter der Staatsideologie "Juche" zu verstehen), ist längst gescheitert - wofür die Notwendigkeit zweifellos in den fehlenden Mitteln eines III.-Welt-Staats zu suchen ist.  Schon seit Jahren bedient sich Nord-Korea daher in seiner Not aller möglichen  legalen wie illegalen Mittel, um an echtes Geld zu kommen. Das kann man auch ohne in die imperialistische Hetze gegen diesen Staat einzustimmen, festhalten. Daß der US-Imperialismus damit freilich eine nur sehr kleine Schraube in der Hand hat, die anzuziehen ihm zur Liquidation des Staates nicht ausreicht, macht die Sache für Nord-Korea keineswegs erfreulich. Wegen - unter kapitalistischen Gesichtspunkten eher lächerlichen - knapp 25 Millionen US-Dollar, die in Macao bei der Banco Delta Asia auf Druck der USA weiterhin eingefroren sind - es besteht der Verdacht auf Geldwäsche; 50 weitere Konten wurden seitens den USA wieder freigegeben -, hat Nord-Korea die 6-er-Gespräche unterbrochen. Offensichtlich rechnet man in Pjöngjang damit, daß, wenn schon nicht die USA, so doch China einem erneut aus der Patsche hilft.
Kurz nach Bekanntgabe dieser Affäre meldeten die russischen Nachrichtenagenturen
am 23.3., daß Nord-Korea 8,8 Milliarden Dollar Schulden Rußland gegenüber nicht zurückzahlen kann und um eine "politische Entscheidung" bitte. "Dafür" hat es Rußland angeboten, das Hüttenkombinat Kim Chak "gemeinsam" wiederaufbauen zu können: "Nord-Korea bittet, 50 000 Tonnen Kohle in monatlichen Partien auf Kreditzahlung zu liefern und einen Stahl-Hochofen mit einer Leistung von 150 000 Tonnen pro Jahr instandzusetzen." (RIA Novosti, 23.03.07) (Es ist schon einigermaßen lächerlich, wo und wofür Nord-Korea noch Kredit zu haben glaubt.)

Das einzig wirkliche internationale Interesse an Nord-Korea ist allerdings ein rein strategisches. Solange Nord-Korea den ihm in unterschiedlicher Gegnerschaft gegenüberstehenden Großmächten nicht einen angemessenen politischen Preis zahlt, wird es auch mit seiner ökonomischen Entwicklung nichts (ob die der Bevölkerung zugute käme, braucht an dieser Stelle nicht diskutiert werden, weil die eh keinen der beteiligten Staaten wirklich, also anders als allenfalls als Hebel interessiert). Aber zu einer solchen Zahlung eines politischen Preises ist Nord-Korea offenkundig (noch) nicht wirklich bereit. Ob die bis zum 14. April vorgesehene Etappe zur atomaren Abrüstung Nord-Koreas je abgeschlossen werden kann, ist deshalb - Abkommen hin oder her - ziemlich fraglich. Mittlerweile hat sich die Korea-Frage zu dem Punkt hinentwickelt, daß nicht nur die seit jeher bestehende Feindschaft der USA, sondern die Politik Nord-Koreas selber die weitere Existenz ihres Staates infragestellt, indem sie nicht aus noch ein weiß. Wenn die USA Pjöngjang genau an diesem Punkt angekommen sehen wollte - und daran besteht kein Zweifel -, dann ist das ein wirklich sehenswerter Erfolg ihrer kapitalistischen Weltherrschaft und es zu erwarten, daß die USA auch noch die nötige Geduld aufbringen werden, bis man in Nord-Korea zu der Überzeugung gelangt sein wird, daß die kampflose Aufgabe das wohl Beste ist, was dem eigenen Land noch passieren kann. Die (gleichwertige) Anerkennung des eigenen Staates von den USA (und allen anderen Beteiligten) einzufordern, ist jedenfalls mittlerweile ein dermaßen absurder Standpunkt geworden, daß man verstehen kann, warum Kim Jong Il in der rassistischen westlichen Öffentlichkeit als Irrer dargestellt wird.
(25.03.07)