Die deutsche Frage - eine deutsche Antwort - von der deutschen taz:
Ausländer, die bei manchen Edelrassisten den Ehrentitel »Migranten« führen, schmücken derzulande immer häufiger ihre Läden mit schwarz-rot-goldenen Fähnchen und mitunter schwingen sie schon mal eines eigenhändig.

Die Frage, was sie damit bezwecken - die Antwort lautete, sachlich naheliegend, sie versprechen sich so mehr Geschäftserfolg und Anerkennung (in ebendieser Reihefolge, so assimiliert sind sie längst!) - diese Frage wirft die taz (01.07.) überhaupt nicht auf, weil sie ihnen damit eine Subjektivität zugestünde, die der ihnen zugedachten Rolle aufs krasseste widerspräche: Der zufolge soll das Ausländer-Verhalten die Ideologie, die sich die Zeitung mit und über den Nationalismus zurechtgelegt hat, beweisen: Die wiederum besteht darin, daß Nationalismus ohne Rassismus auskommen könne, was dann der Fall sei, wenn sich Ausländer erfolgreich integrieren (lassen) würden. Dafür freilich müsse der Nationalismus eine Voraussetzung selber mitbringen, er müsse sich nämlich als Verfassungsnationalismus oder Verfassungspatriotismus definieren, er also so erscheinen, als beruhe er nicht auf der Gewalt des Staates, sondern auf der schieren Übereinkunft aller ihr Unterworfenen, die sich in der Verfassung widerspiegele. Ob er dabei die Gewalt ignoriert oder sie explizit bekräftigt, in dem er sie auf die höhere Ebene ihrer Einsicht transferiert, ist dabei einerlei. Jedenfalls sei der somit erzielte höhere Nationalismus dann schon gar kein Nationalismus mehr, sondern könne als Völkerverständigung und -freundschaft verstanden werden. Er beruhe ja auch nicht mehr per definitionem auf Blut und Boden.

Was ist der Fortschritt einer solchen Neufestlegung? Auf den ersten Blick schon kann man die gehobenen Ansprüche des deutschen Staates und seiner Protagonisten (also auch der taz) festhalten. Auch von Ausländern dürfe und müsse man erwarten, daß sie sich für Deutschland - einspannen lassen und - was im vorliegenden Fall so erfreulich sei - dazu noch lächeln - schwarz-rot-gold beflaggt, versteht sich, denn dann könne das nicht falsch verstanden werden. Die deutsche Seite hält das für gelungene Integration, was der Sache nach etwas ganz anderes ist. So gesehen, kann eine deutsche Öffentlichkeit auch überhaupt nicht verstehen, daß es im Lande Einheimische gibt, die es für idiotisch halten, als Özil für Deutschland Tore erzielen zu wollen, als Özdemir deutsche Politik repräsentieren zu wollen oder als Kleinkrämer Öztürk eine deutsche Fahne ins Schaufenster zu hängen.

Sofern es hierzulande auch welche gibt, die dieser ideologischen Lüge von Verfassungsnationalismus ebensowenig abgewinnen können wie gegen den herkömmlichen, muß gegen sie agitatorisch vorgegangen werden. Die taz hat ein neues Objekt der Diskriminierung gefunden: Ganz böse Leute würden das einzig wahre Deutschland völlig zu Unrecht schlechtmachen. Der neue Nationalismus duldet also keine Widersprüche mehr, mit der ideellen Einbeziehung der Ausländer kann er sich endlich so ganzheitlich (=totalitär) darstellen - wie sein alter Vorläufer das - auch nach 1945 - ohnehin nie unterlassen hat, zu tun. [Im übrigen waren auch für Hitler die Vaterlandsverräter die schlimmsten Verbrecher!]

Nicht in den schwarz-rot-goldenen Fans, die der Nation den Affen machen, wiewohl sie weder so noch in ihrem wirklichen (Arbeits-)Leben von ihr profitieren, nicht in diesen also ziemlich durchgeknallten Fans sieht die taz eine Notwendigkeit von Kritik hervorgerufen, sondern in eben denen, die sich diese Kritik - von der taz dazu weder angeregt noch angeleitet: sie »fragt« sich bestürzt, woher das rührt? - einfach so herausnehmen.

Wie schön ist es da, in dem gleichen Blatte zu lesen, daß der neue Bundespräsident, perfekt die Strategie von Konsens und Konfliktvermeidung nach außen verkörpere (02.07.): Soviel Rückenwind für die taz! Dabei scheint sie völlig übersehen zu haben, daß es die extravagante Aufgabe des Amtes selbst ist, die Gegensätze einer vorgetriebenen und weiter voranzutreibenden Gesellschaft, einer Klassengesellschaft, auf Menschlich-Allzumenschliches herunterzuspielen;
den »Menschen« also ein Heimat zu geben unter Verhältnissen, »Menschen«, die sie nie offenkundiger als heute allein als Material ihrer Machtambitionen begreift; damit das gelingt, muß man ihnen ab und an auf die Schulter klopfen, ja, auch den Ausländern, die sich für Deutschland stark machen: Warum sollten die auch weniger bescheuert durch die Welt laufen als die Original-Deutschen und das Schulterklopfen für bare Münze nehmen?

(04.07.10)