»Jeder Deutsche wirft jährlich 82 Kilo Lebensmittel weg –
In deutschen Haushalten landen jedes Jahr rund 6,7 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll.«


so wie die Augsburger Allgemeine am 13.03.12 hat dieser Tage die deutsche Presse vielerorts geschlagzeilt. Sie kam sich dabei mächtig kritisch vor. Ausgangspunkt war die Feststellung der Obrigkeit, genauer die der Bundesverbraucherministerin Aigner (CSU), sie wolle »der Verschwendung den Kampf ansagen«. Grundlage dafür wiederum war eine Studie der Universität Stuttgart über »Lebensmittelverschwendung«.

Systemkritiker wie KoKa stutzen unwillkürlich: Verschwendung?? Kapiert die Obrigkeit samt ihrer beauftragten Bildungsträgerschaft die Effizienz des eigenen Verwertungssystems* nicht?

Ist es nicht super, wenn der Tauschwert seinen Zweck erfüllt, also sich vermehrt, ganz jenseits dessen, ob die für diesen Zweck der Geldvermehrung umgesetzte Ware auch ihren Nutzen als Gebrauchswert erfüllt? Es kommt doch wohl auf den Verkauf einer Ware an und nicht auf ihren Gebrauch**! Und es kann gar nie genug Ware einen Käufer finden, wenn »Wachstum« stattfinden soll und das soll es ja! Will der Staat jetzt etwa, daß weniger verkauft wird, aber trotzdem (mehr) Wachstum stattfindet? Wie sollte das gehen? Oder will er, daß die Leute statt Lebensmittel lieber etwas anderes kaufen, also Angebot & Nachfrage von den Lebensmitteln auf andere Produkte hin verschoben werden? Das würde dann jedenfalls kein moralisches Problem mehr darstellen, da die eh nicht gegessen werden können... Bei einer Zeitung beispielsweise ist es ja moralisch voll okay, wenn sie nicht gelesen, sondern einfach nur gekauft und vermüllt wird***; Hauptsache die Höhe der verkauften Auflage lockt viele und große Anzeigenkunden an...

Kurzum, will der Staat seinen verehrten Investoren vorschreiben, in welcher Geschäftssfäre sie ihr gutes Geld anlegen sollen und in welcher lieber nicht bzw. nicht so sehr? Will die traditionelle Bauernlegerpartei CSU noch ein paar Agrarwirte weniger? Gräbt sie sich damit nicht selber das Wasser ab, hat sie doch unter denen ihre treudoofen Parteigänger schlechthin?

Kurz & gut: Man muß also davon ausgehen, daß der Vorstoß der Ministerin nicht besonders ernst gemeint war. Nur ein paar Christen sollten damit als C-Wähler angesprochen und in ihrem grundsätzlichen, ihrem moralischen Irrtum bestätigt werden, um weiterhin der CSU als Stimmvieh bei der Urne zu bleiben.

(15.03.12)
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* Eine Effizienz übrigens, die die komischen Sozialisten drüben damals (und heute noch die Linkspartei) so bewundern. In punkto »Produktivität« wollten sie es mit dem Kapitalismus aufnehmen. Dieser Fetisch »Produktivität« sollte gleichsam automatisch genügend volksdienliche Produkte abwerfen (die langen Schlangen vor den Lebensmittelläden ließ die DDR sich nur sehr ungern vom Westen vorhalten!). Was beweist, daß sie nicht mal das Einmaleins der Marxschen Geldkritik verstanden hatten, die Unterscheidung von Tausch- und Gebrauchswert.

** Bezüglich eines taz-online-Leserkommentars ("Interessant wäre hier noch die Information, was alles an Überproduktion weggeworfen wird. Das dürfte das ganze nochmal um einige kg nach oben schieben."): Unter Überproduktion versteht man das, was produziert wurde, aber nicht verkauft werden kann; und nicht, was verkauft wird und nicht gebraucht/konsumiert wird! Was verkauft, bloß aber nicht konsumiert wird, das ist doch im Falle der Lebensmittel hier das Thema!

*** Bei der AZ fragt man sich darüber hinaus schon, wie sie neue Leser gewinnen will, wenn sie sich um nichts anderes so Sorgen macht wie um die Banausenpartei CSU.