
Wie
schön ist es doch, einen Text nicht (ganz) lesen, geschweige denn
begreifen zu müssen, um ein Urteil, nein kein Urteil, sondern eine
Verurteilung abgeben zu können. Das gilt sowohl für den suhrkamp-Verlag wie für das Feuilleton der FAZ
- auf einen Kommunisten wie Žižek läßt sich bequem
einschlagen, weil der alles schlucken muß, muß er doch froh
sein, wenn er überhaupt gedruckt bzw. erwähnt wird.
"Hitler", stellt Žižek in der inkriminierten Passage fest, "sei nicht
radikal genug gewesen", nämlich bezüglich der Transformation
der Demokratie auf eine neue Ebene, eine jeder Widersprüchlichkeit
enthobene, wie beispielsweise sich die GRÜNEN es anschicken zu
tun. Der Grund, warum Hitler und seine Volksgenossen das nicht taten -
dies sei den »Kritikern« aus dem demokratischen Lager
an dieser Stelle nachgereicht - war der: Sie waren zunächst mit
einer ganz anderen Herausforderung konfrontiert, zuerst mußte
nämlich das inner-imperialistische Kräfteverhältnis
ziemlich grundlegend, zu deutschen Gunsten, korrigiert werden, und zwar
mit Gewalt, weil die (darniederliegende) deutsche Ökonomie gar
keine andere Wahl ließ bzw. zumindest zu lassen schien. Radikal
waren die deutschen Faschisten in dieser Hinsicht schon, die dafür
notwendige Unterordnung des Kapitals unter die staatlichen Belange
inbegriffen.
Was die Faschisten allerdings nicht ahnen konnten, daß sie mit einer deutschen Niederlage
in der Gewaltfrage schlechthin den Ausgangspunkt für eine
völlig neu aufgestellte Demokratie legen sollten, deren
imperialistische Ambitionen - im Rückblick betrachtet - ihre
eigenen verdammt alt aussehen lassen. Žižek muß sich also
vorwerfen lassen, diesen neuen Standpunkt seinen Überlegungen
nicht vorangestellt zu haben, die ihm jene Kritik bürgerlicher
Schwachköpfe eingetragen hat. So wird er allerdings immerhin an
der "Geister-Börse" der FAZ (26.06.10) gehandelt und mit ihm ein Symposion mit dem Titel "Idee des Kommunismus" in Berlin. Die taz widmete ihm immerhin ein Forum für seine in vielerlei Hinsicht
(noch) unausgegorenen Gedanken (Interview am 25.06.10), welches die FAZ nicht ganz ignorieren zu können glaubte. Allerdings kroch auch in der taz gleich
wieder, am 26.06.10., ein ignoranter Bescheidwisser aus seinem Loch,
ein gewisser Fanizadeh, der sich postwendend herausgefühlt sah,
Negri gegen Žižek in Schutz zu nehmen, wiewohl er alle nicht leiden
kann, die sich auf dem Kommunismus-Symposion trafen, ist und bleibt er doch lieber
ein Fußball-Depp, der gar nicht verstehen kann, daß sich
Kommunisten während der WM-Spiele zu ganz anderen
Überlegungen getroffen haben.
Die Süddeutsche Zeitung hatte übrigens schon im
Vorfeld des Treffens sich veranlaßt gesehen, ihre alte
völlig haltlose sozialdemokratische Scheiße - Ignoranz und
Argumentlosigkeit soll an dieser Stelle einmal keine
Einbahnstraße sein! - den Kommunisten entgegenzuhalten: Sie
könne einfach nicht verstehen, daß es solche Typen immer
noch gebe. Soll sie doch froh sein, gegen wen sollte sie denn sonst
hetzen? - etwa gegen einen faschismuskompatiblen
Präsidentschaftskandidaten? Nein, so einen findet sie saugeil und
kann schon wiederum nicht verstehen, warum der denn nicht deutscher
Präsident werden kann, wo doch das Volk ihn will!
Ein Volk, eine Republik, eine Publizistik!
(29.06.10)
