Der deutsche Idealismus — der Gipfel der Demokratie — die GRÜNEN!
Der Parteitag der GRÜNEN ist schon einige Tage
her. Sie sind die Partei, die im Gegensatz zu den anderen, eine
Widerspruchsfreiheit des Kapitalismus zum Inbegriff ihres politischen
Anspruchs erklärt hat. Und zwar so knallhart wie sie diese
Widerspruchsfreiheit der kapitalistischen Gesellschaft unterstellt.
Die schöne heile Welt, die und wie sie die GRÜNEN im Kopf haben, wird
permanent gestört von all den materiellen Interessen, die im
Kapitalismus aufeinanderprallen. Beispiel Stromversorgung. Beispiel
(gesunde) Ernährung. Beispiel Genußmittel — Tabak und
Alkohol. Beispiel Auto- und Flugverkehr.
Die GRÜNEN bieten in diesen Fragen all die Lösungen an, mit
denen die Wirtschaft — von »Kapital« reden sie
grundsätzlich nicht — leben kann, da nehmen
sie beispielsweise locker noch zig Jahre Atomstrom hin (da muß
man bloß so tun, als sei dieser schon vollzogen, wie ihr Slogan
»Atomkraft nicht schon wieder« verrät!]. Und die
GRÜNEN sind gleichzeitig die letzten, die darauf achten, daß
die, welche »bloß« am Gebrauchswert der Produkte
interessiert sind,
diese sich auch leisten können: Sie müssen es einfach! Oder
sie werden einfach vom Gebrauch qua Preis ausgeschlossen, was ja, so
sehen es die GRÜNEN, auch kein Schaden ist, gerade eben deshalb,
weil so der »Egoismus« (das ist das grüne Wort
für den
Materialismus der kleinen Leute) gebremst wird. Tabak und Alkohol
beispielsweise können nach grüner Vorstellung gar nicht hoch
genug besteuert werden! Ein bei den GRÜNEN grassierender Wahnsinn
namens Vegetarismus wünscht sich sogar eine Steuer auf Fleisch!
Das Kerosin ist zu verteufeln — allein dank der
diabolisch-rücksichtslosen (Billig-)Urlauber!
Vorbildlich sind für die GRÜNEN natürlich die, die aus
eigener Tasche bezahlt, sich auf ihr Eigenheim Sonnenkollektoren bauen
lassen. Die, welche nicht jährlich einmal mit
dem Flugzeug in den Urlaub reisen, sondern mit der neuesten
spritsparensten Limousine deutscher Produktion, samt Fahrradträger
versteht sich. Leute, die wie ihre Vorsitzende
in teuren, knallbunten Ökoklamotten herumstiefeln statt in
blutfahlen 2-Euro-T-Shirts
made in Bangla Desh. Die, welche nicht rauchen, sondern sich ein weit
wirksameres Opium bei Kirchentagen reinziehen. Usw. usf.
Dort ist also der deutsche Idealismus, verkörpert in der Dichtung
Goethes und Schillers, in der Filosofie Fichtes und Kants, politisch
zusammengeführt in Kaiserreich und Faschismus, letzthin
angekommen,
angekommen in der Demokratie, wie sie sich die GRÜNEN vorstellen
als einer Gesellschaft in der alle Gegensätze ausradiert
gehören, weil sich ein moralisch geläutertes Individuum eben
jenen
grünen Gedanken nicht verschließen kann, soll und darf.
Andernfalls
ist es wirklich der Feind der GRÜNEN.
Und so haben die GRÜNEN zu ihrem eigenen Bedauern tatsächlich
einige Feinde. Allen voran natürlich die, welche den
Kapitalinteressen so skrupellos zu Diensten sind wie die FDP der Herren
Rösler und Westerwelle. Auf der linken Seite sehen sie hingegen
einige berechtigte Mindestansprüche. So verwehren sie der
Forderung nach Mindestlöhnen nicht ihre Anerkennung. Solange die
nicht so hoch sind, wie sie die Linkspartei fordert, sind sie
schlechterdings nicht in der Lage, den Materialismus der kleinen Leute
zu fördern. Ein Bescheidenheitsprogramm sondergleichen ist ferner
der Vorschlag
eines »bedingungslosen Grundeinkommens«: Auch das ist einer
Verantwortungsethik schlechthin geschuldet und nicht geeignet, den
Materialismus von Hinz und Kunz anzustacheln. Wäre das so, die
GRÜNEN wären dagegen. Gleichwohl gibt es
Vorbehalte ebendieser Art bei ihnen zuhauf, so daß allesfalls ein
Grundeinkommen auf Hartz-IV-Niveau Chancen auf gesamtparteiliche
Durchsetzung hat.
Dieser deutsche, politisch sehr praktische Idealismus macht die GRÜNEN
außenpolitisch zur Speerspitze des deutschen Imperialismus. Ja,
am deutschen Wesen — selektiv gezielt vorgebracht in der Forderung nach Einhaltung der
Menschenrechte und des Völkerrechts — soll heute nach wie vor
alle Welt genesen. So sind die GRÜNEN harsche Kritiker einer
Verbesserung insbesondere der deutsch-russischen und der
deutsch-chinesischen Beziehungen. Ihre »wissenschaftliche«
Speerspitze bildet ihre Heinrich-Böll-Stiftung (der Name
paßt zum Inhalt). Gerade wurde ein Sonderheft der le monde diplomatiqueunter
deren maßgeblichen Mithilfe herausgebracht, Thema
Rußland. Und es ist bezeichnend, wie Rußland grün
zurechtgeschnitzt werden soll. Die Souveränität
Rußlands bestünde demnach darin, all das zu
unterschreiben, was die BRD von ihr fordert. Und zwar ohne jegliches
Gegenangebot. So darf Rußland dann letzthin froh sein, sich in
eine NATO-Front gegen China einreihen zu dürfen! Die Volksrepublik
China
können die GRÜNEN nämlich gar nicht ausstehen, deren
Führung ist in ihrem
Kommunismus so kapitalistisch materialistisch, daß sie allein auf
den Nutzen Chinas achtet [was ja übrigens im deutschen Falle
ziemlich anders ist!]: Statt auf den der deutsch-globalen
Avantgarde idealistischer
Grünpolitiker! China hält ja auch ihren Busenfreund, den
schäbigen Sprücheklopfer von Dalai Lama, für das, was er
ist, und nicht für das, was der Erleuchtete zu sein vorgibt. Was
die GRÜNEN — offenbar an wunder Stelle ertappt? — als
gar nicht angenehm empfinden.
Von Kuba und seinem Sozialismus, einem Staat, welcher mit einem der imperialistischen
Statthalterherrschaften in der »Dritten Welt« nicht zu
verwechseln ist, halten die GRÜNEN nichts: Da fördert ein
Staat die materiellen (Grund-)Ansprüche seiner Bevölkerung und das
gehört sich nicht: Deshalb muß das »Regime« weg,
es unterdrückt: Ja, wen oder was eigentlich? Ja, richtig: eine blauäugige
Bloggerin namens Yoani Sánchez, die zwar völlig frei in der
Welt herumreisen und allüberall vor vorgehaltenen Kameras ihr gehaltloses Zeug verzählen darf. Aber was
eben jucken die GRÜNEN die Widersprüche, die sie ihres höheren
Auftrags wegen einfach übersehen wollen?
Im Falle des Bürgerkriegs in Syrien bemühen sich ihre publizistischen Strategen — insbesondere in der taz
— den Handlangern des »freien Westens« allen
Rückschlägen zum Trotz zum Erfolg zu verhelfen. Sie machen
seit Wochen detaillierte Vorschläge, deren Essenz auf nichts
anderes hinausläuft als auf die rethorische Frage an die
Regierungsmannschaften von Washington bis Berlin: Wollt ihr nicht
endlich den totalen Krieg durchsetzen — als wäre der nciht
schon total genug? Was zögert ihr noch? Und achtet gefälligst
darauf, daß die islamischen Terrorbanden endlich uns zunutze sind
und nicht ihr eigenes Süppchen kochen! Also greift endlich ein!
Eine Flugverbotszone ist jetzt ja wohl das Mindeste, was die sich
verschlechternde Lage erfordert! —
Warum soll übrigens die Türkei in die EU? Gerade der
ökonomischen Rechnung, sie als Zuschußempfänger zu
betrachten, zum Trotz! Hier soll ganz einfach das Potenzial
»Europas« (für die GRÜNEN ist
»Europa« ein Synonym für eine von der BRD geleitete
EU) wachsen, erst einmal gegen allzu schnöde ökonomische
Berechnungen! Außerdem, das zeigt sich jetzt, braucht man sie
gegen das Syrien Assads! Über das ungeliebte Thema
»Kurden« schweigt sich ihre Türkei-Liebhaberin Claudia
Roth lieber aus. Als ob auch dieser Konflikt nicht hochaktuell
wäre, tut sie so, als würde das dann schon noch beizeiten
geregelt.
Wenn die Grünen also unter dem Titel Menschenrechte
Außenpolitik machen, dann machen sie das zwar strikt entlang der
nationalen Feindbilder, wagen selbstverständlich keinen
grundsätzlichen Widerspruch, doch sie meinen es viel
prinzipieller. Die regierende Politik ist ihr viel zu sehr
kleinlich-strategisch berechnend, als daß sie, wie sie meinen,
wirklich erfolgreich sein könnte. Wie haben sie es bedauert, als
die Bundesregierung sich seinerzeit nicht zu einem Dreinschlagen im
Sudan anläßlich der Auseinandersetzungen in dessen Provinz
Darfur »durchringen« konnte! Als sie selbst mit an der
Macht waren, hatten sie so etwas ganz anders angepackt! Mit
»Auschwitz« ließ ihr Außenminister damals
Bomben auf Serbien regnen! Vom US-Krieg gegen den Irak hingegen war
dieser Typ »nicht überzeugt«, weil er einen guten,
höheren, deutschen Grund für einen solchen einfach nicht zu
erkennen vermochte. Wie schön, daß ein solcher in
Afghanistan so leicht zu finden ist: Nicht nur in deutschen
Vorstandsetagen, auch im Hindukusch kommen die Frauen irgendwie zu kurz!
Ja, die GRÜNEN sind sich ihre eigene Kirche, samt dazughöriger Heuchelei.
(26.05.13)