Die Preisträger – nützliche Idioten des deutschen Imperialismus
DER AUGSBURGER FRIEDENSPREIS STINKT ZUM HIMMEL
Gäbe es keine Religionen mehr, wäre die Welt unzweifelhaft
friedlicher. Religionen haben nämlich kein anderes Argument auf
ihrer Seite als die Gewalt, die sie unmittelbar oder mittelbar durch
die Staatsgewalt zum Einsatz bringen können. Einer Staatsgewalt
ihrerseits dient eine Religion dazu, sich höhere Rechtfertigung
angedeihen zu lassen. So säkular ist bis heute nun wirklich kaum
ein Staat, daß er darauf verzichten möchte. Der deutsche
Staat, die Bundesrepublik Deutschland, schon gleich nicht. Er benutzt
seine, ihm überkommene christliche Religion zweierlei Konfession
dazu, sich auch über seine Grenzen hinaus entsprechend –
also mit dem vorgezeigten, vorgeblich vorbildlichen Nebeneinander von
römisch-katholischer und protestantischer Kirche – zu
legitimieren.
Der Augsburger Friedenspreis steht ganz im Zeichen davon. Seine
Vorkämpfer wissen genau, wer als Ansprechpartner beispielsweise in
der arabischen Welt dem deutsch-imperialen Interesse von Nutzen ist
bzw. sein kann. 2008 wurde ein Speichellecker des Westens – er
warnte damals vor »dogmatischem Säkularismus« und
hielt die Kombination Demokratie mit Kapitalismus (wenngleich nicht
für Jordanien) für fruchtbar – aus dem Clan des
Diktators Jordaniens, König Abdullah II. al Hussein,
ausgewählt. Jener al Hassan ibn Talal sollte für seinen
Dialog zwischen Muslimen und Christen sowie Juden geehrt werden. Ein
Mann also, dessen Land nach eigenen Angaben nahezu zu 100% muslimisch
ist (einer übergroßen Mehrheit von Sunniten steht eine sehr
kleine Minderheit von Schiiten gegenüber). Die Wahrheit der
Kalkulation läßt sich nun gerade deshalb nicht
übersehen: Der jordanischen Diktatur kommt eine strategische
Bedeutung an der Front zum großen Vasallen des »Freien
Westens«, zu Israel zu. Da die brutale Vorgehensweise gegen die
eigene Bevölkerung schon damals kein großes Geheimnis war
– jedenfalls für alle die es zur Kenntnis nehmen wollten
–, war es für angebracht befunden worden, diese Diktatur mit
einem Preisträger aufzuwerten, der natürlich (leider) kein
unmittelbarer politischer Funktionsträger sein konnte. Die Unruhen
in der arabischen Welt nun, 2011, die auch vor Jordanien nicht Halt
gemacht haben, haben gezeigt, daß man der Tyrannei in Amman wohl
rechtzeitig den Rücken auch ideologisch gestärkt hatte.
Die Unruhen und Umbrüche in der arabischen Welt haben freilich
– wie könnte es anders sein – deutsche Imperialisten
nicht eines Besseren belehrt. Im Gegenteil, die Augsburger
Stadtregierung und ihre Jury hat nachgelegt. Einmal mehr wurde einer
ausgewählt, der sich als Interessenwahrer des »freien
Westens« geradezu aufgedrängt hat, nachdem es im Zuge der
Auseinandersetzung mit der alten Staatsmacht in Ägypten auch zu
Auseinandersetzungen zwischen den Muslimen und der dortigen
Christenminderheit der Kopten gekommen war. Wäre es allein um die
religiöse Ebene der Auseinandersetzung gegangen, hätte man
ebenso wie den Papst Shenouda den III. auch den Dr. Mohammad Badi
von der Muslimbruderschaft auszeichnen müssen, der an der
Beruhigung des Konflikts eher mehr als weniger beteiligt war. Doch es
ging auch dieses Mal ganz klar um eine Parteilichkeit zugunsten der
favorisierten Seite: Es sollte gezeigt werden, daß gerade die
Christen sich im Gegensatz zu allen anderen, insbesondere den Muslimen
im allgemeinen auf Toleranz verstünden. Natürlich hat diese
Parteinahme überdies die Seite der Heuchelei, weil
schließlich nichts leichter ist, als als (unterlegene) Minderheit
Toleranz zu zeigen.
Man sieht, daß auch auf ideologischer Ebene alles getan wird, den
»freien Westen«, insbesondere das deutsch dominierte
EU-Europa als Vorbild und Partner in Ägypten – und dort
exemplarisch für andernorts – wieder ins Gespräch zu
bringen. Es ist klargestellt, daß Deutschland bereit ist, sich
weiterhin in die inneren Angelegenheiten Ägyptens einzumischen.
Und es ist mehr als angedeutet auf welche Weise. Wie unverschämt!
Kurz und gut, man sieht durch alle Religion hindurch das politische
Interesse, wie auch damals bei Gorbatschow (Preisträger 2005), der
seinem, von der KPdSU zur Religion erniedrigten Kommunismus abschwor
und dafür die Bütteldienste des deutschen Imperialismus
angetragen bekam, die er gerne übernahm, weil sie ihm
persönlich Ruhm und Ehre einbrachten (zwar nicht beim eigenen
Volk, aber darauf kam es ihm nicht an).
Eine im Grunde solch billige und schäbige Veranstaltung erachtet
der deutsche Standort Augsburg seinem imperialen Renommée
einfach schuldig zu sein.
(08.08.11)