Helsinki: Friedensabkommen für Djakarta
Indonesien
mit seinen über 210 Millionen Einwohnern und über 13000 Inseln wird
im wesentlichen vom Militär zusammengehalten; die Ökonomie - das
Bruttoinlandsprodukt beträgt nicht einmal ein Zehntel dessen der BRD
- gibt dafür keine ausreichende Grundlage her. Die politischen Parteien
sind deshalb auch per Verfassung dazu verpflichtet, ihren Sitz in Djakarta
zu haben und in mehr als der Hälfte der Provinzen tätig zu sein,
wollen sie staatlich anerkannt werden.
An vielen Ecken des Landes gehören ethnische und religiöse Konflikte
zum Alltag. Einer der größten, seit 29 Jahren währender, ist
der Konflikt in der Provinz Aceh im Norden der Insel Sumatra. Jetzt wurde
für diese Region ein Friedensabkommen zwischen der GAM (Gerakan Aceh
Moerdeka/Bewegung Freies Aceh) und der indonesischen Regierung unter Vermittlung
der EU erzielt. Ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, als die Guerilla durch den
Tsunami entscheidend geschwächt war, sah sich die Regierung veranlaßt,
dieses Abkommen zu unterzeichnen: Um die territoriale Integrität zu wahren
und keinen neuen Präzedenzfall - Osttimor ist unvergessen - für
ein Eingreifen imperialistischer Mächte auf eigenem Territorium zu schaffen.
Außerdem möchte man sich gegen radikal-islamische Umtriebe der
Rückendeckung imperialistischer Länder versichern. Dazu kommt eine
in Aussicht gestellte Finanzhilfe der EU. Kurzum, in Europa und den USA soll
man sehen, daß man in Djakarta einen verläßlichen und kooperativen
Partner hat, weil es das eigene Interesse gebietet.
Und so stimmte Djakarta zu, daß die Staatsräson mit dem in Helsinki
unterzeichnetem Abkommen, in Sachen Aceh von der EU geschrieben wird: Die
GAM verpflichtet sich, die Waffen abzugeben (was ihr aufgrund ihrer Schwächung
kaum allzu schwer fallen dürfte) und auf die Unabhängigkeit der
Provinz zu verzichten, die Regierung verpflichtet sich im Gegenzug auf den
schrittweisen Rückzug des Militärs aus der Provinz, erkennt eine
autonome Verwaltung derselben an und läßt die GAM als regionale
politische Partei zu, wofür gleichzeitig die indonesische Verfassung
geändert werden muß. Überwacht wird das Abkommen von Beobachtern
der EU und der ASEAN.