Anmerkung zum jungle world Artikel "Der Staat, mein Freund"

Ausgangspunkt des Artikels ist die Haltung linker Kritiker, Marke: ML-Ideologen und ähnlicher, die im Staat ein Mittel, einen Hebel ihrer Politik sehen bzw. zumindest eine Chance sehen, in ihrer Politik voranzukommen. So entdecken ja tatsächlich viele Linke in der neuen Linkspartei, die Möglichkeit, daß "eigene Spielräume erweitert" (Analyse & Kritik, 19.08.05) werden könnten und sich darauf taktisch bezogen werden sollte. Das ist in der Tat zu kritisieren.

Diesen linken, illusorischen Standpunkt greift der Autor allerdings ausgerechnet dadurch an, daß er das Verhältnis zur staatlichen Gewalt von dessen Ökonomie trennt. Dabei ist es weder so, daß - wie ML-Ideologen behaupten, der Staat (bloß) in falschen Händen ist (denen der Kapitalisten statt denen der Arbeiterklasse) -, noch so, daß die Parteien nicht mit ihrer Verpflichtung auf den Staat nicht auch eine Verpflichtung auf den Standort Deutschland unterschrieben hätten. Parteien haben überhaupt kein "nachgeordnetes Verhältnis zur Wirtschaft", nur weil sie sich die Sorgen des Staates zu eigen gemacht haben: Als ob die grundlegenste Sorge des Staates und seiner Protagonisten nicht der Wirtschaft gehören würde! Für die steht doch schließlich auch das staatliche Gewaltmonopol ein - nach innen wie nach außen! In ihrer Trägerschaft des Systems sind Parteien doch nicht bloß zweckfreie Träger staatlicher Gewalt. Von wegen (bloße) Regulatoren! Das ist ja geradezu eine Verharmlosung dessen, wozu Parteien ihrem Staatsauftrag nachkommen. Man denke nur daran, wie sich Fischer und Schröder ins Zeug werfen, fürs deutsche Kapital Grenzen niederzureißen, Grenzen, die andere Staaten zunächst dem Zugriff deutscher Macht entziehen, aber nicht mehr entziehen, wenn die Kraft der deutschen Ökonomie eine überlegene ist. Und dann müssen sich die regierenden Herren noch fragen lassen, ob sie beispielsweise gegenüber China und Rußland, die Menschenrechtsfrage zur Erpressung gehörig eingesetzt haben. Da sieht man doch mal, was für kolossale Ansprüche seitens der Öffentlichkeit an die deutsche Politik gestellt werden und der sie allenthalben versucht, mehr als gerecht zu werden.

Und der Artikelschreiber hat ja auch so recht, wenn er den Staat nicht als "halbwegs neutrales Instrument" versteht! Er dementiert ja gerade seine selbst aufgemachte Trennung des Staates von der Ökonomie, wenn er den politisch-ökonomischen Rassismus des Staates (Fremdarbeiter etc.) anprangert.

© koka, 23.08.05